Fuer immer zwischen Schatten und Licht
verwirkt.“
Noch während er sprach, ging er mit schnellen Schritten zum Fenster und sprang auf die Küchenanrichte. Dann verschwand er ohne ein weiteres Wort durch das Loch in der Scheibe, das der Dämon hinterlassen hatte.
***
Falls irgendwann Zweifel daran bestanden hatte, was für eine Stre… – gewissenhafte Schülerin ich war, lieferte ich am folgenden Tag den eindeutigen Beweis: Auch wenn ich das Gefühl hatte, nach den vergangenen Ereignissen immer noch unter Schock zu stehen, gelang es mir, selbst Professor Grabowski mit meinen Leistungen zufrieden zu stellen. Außerdem schaffte ich es, die Lüge über Rasmus‘ angebliche Erkältung glaubhaft rüberzubringen, obwohl meine Gedanken ständig um den leeren Stuhl hinter mir kreisten. Die schwerste Prüfung ereilte mich jedoch in der Pause, als ich zusammen mit Jinxy bei den Schließfächern stand. Mein Märchen über den gestrigen Einbruch hatte sie so aufgebracht, dass ich lange keine Chance hatte, ihr eine wichtige Frage zu stellen.
„Zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate wurde bei dir eingebrochen!“, rief sie aus und schüttelte fassungslos den Kopf. „Das kann doch kein Zufall sein! Und weißt du was? Ich habe da so eine Ahnung, wer möglicherweise dahintersteckt.“
„Ach ja?“, sagte ich nervös.
„Allerdings“, verkündete Jinxy. „Dorothea Appelbaum!“
Prompt wich meine Nervosität grenzenloser Verwirrung. „Bitte was ?“
Mit verengten Augen spähte meine Freundin zu der blassen Brillenträgerin hinüber, die in Englisch zwei Reihen hinter mir saß und soeben ein paar Bücher in ihrem Schließfach verstaute. „Nun sei doch nicht so naiv, Lily“, raunte Jinxy. „Sie hat einfach nicht verkraftet, dass sie für den letzten Test nur eine Eins Plus bekommen hat, und du eine Eins Doppelplus mit Sternchen! Jetzt will sie sich natürlich an dir rächen, siehst du das nicht ein?!“
„Ähm, ja“, sagte ich mit einem Anflug von schlechtem Gewissen. „Dorothea Appelbaum, gar keine Frage.“
Jinxy lächelte triumphierend und schwelgte in Gedanken an ihre detektivischen Fähigkeiten, während ich die kurze Pause nutzte, um mein Anliegen vorzubringen:
„Jetzt, da wir das geklärt hätten … kannst du mir bitte bei noch einer Sache helfen? Ich müsste nämlich mal wieder ein Kleid von dir ausborgen.“
Sofort warf Jinxy alle Ambitionen, in Miss Marples Fußstapfen zu treten, über Bord und riss begeistert die Augen auf. „Na klar, kein Problem! Steht denn eine Party an? Du mochtest doch das gepunktete Sechziger-Jahre-Kleid so gern, und zufällig habe ich mir erst letztens noch ein Teil in diesem Stil gekauft!“
Ich spürte, wie sich an meiner Stirn kleine Schweißperlen bildeten. Das hier war tatsächlich noch unangenehmer, als ich erwartet hatte. „Nein, keine Party. Rasmus und ich haben morgen unseren Halbjahrestag, und ich wollte zu diesem Anlass etwas Besonderes tragen.“
„Ach, ich dachte, euer Jubiläum wäre erst in mehr als zwei Wochen“, sagte Jinxy und zwirbelte sich nachdenklich ihre schmale lila Krawatte um den Finger. „Aber du weißt doch, dass ich nichts so richtig Schickes habe …“
Jetzt oder nie, Lily. Ich kratzte das letzte bisschen Mut zusammen, das ich noch besaß, und sprudelte dann hervor: „Es geht mir nicht um schick, sondern darum, dass es Rasmus ganz … speziell gut gefällt. So zum Spaß, verstehst du?“
Auf einmal wirkte der Pausenlärm lauter als gewöhnlich. Jinxys Mund hatte sich zu einem kleinen o verformt, und sie merkte nicht, dass ein Junge sie anrempelte, um zu seinem Spind zu gelangen. Dann stieß sie die Atemluft, die sie so lange angehalten hatte, mit einem entzückten „Haaach“ aus. „Ist es jetzt endlich so weit bei euch?“
Ich wollte etwas einwerfen, aber sie ließ mich gar nicht erst zu Wort kommen. „Mach dir keine Sorgen, Lilylein. Ich werde dir das spaßigste “, ihre Finger malten Anführungszeichen in die Luft, „Outfit mitbringen, das mein Kleiderschrank hergibt. Ich bin … also, wirklich sehr stolz auf dich.“ Und dann wischte sie sich doch wahrhaftig eine imaginäre Träne aus dem Augenwinkel. (Zumindest hoffte ich, dass sie nur imaginär war.)
Inzwischen hatte sich so viel Blut in meinem Kopf gesammelt, dass ich ihr keine weiteren Anweisungen gab, obwohl mir bereits Übles schwante. Stattdessen flüchtete ich mich aufs Klo, damit Jinxy mich nicht noch mehr löchern oder bemuttern konnte.
Diese Feigheit bereute ich allerdings am nächsten
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