Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
fuer Liebende

fuer Liebende

Titel: fuer Liebende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mela Wolff
Vom Netzwerk:
schlimmer.
    »Das reicht«, sagte der Auktionator. »Unser Mindestgebot liegt wie üblich bei einem Euro.«
    Hannah durfte sich aufrichten und umdrehen. Sie dankte Jean im Stillen für die Käuzchen-Maske, die ihr half, noch einen letzten Rest Würde zu bewahren. Ein Euro? Einen Augenblick lang herrschte Stille, und Hannahs bemächtigte sich der grässliche Gedanke, noch nicht einmal das wert zu sein.
    »Fünf«, rief es dann plötzlich aus dem Publikum.
    »Zehn!«
    »Zwanzig!«
    »Fünfundzwanzig!«
    Hannah strengte sich an, um Jeans Stimme herauszuhören. Vergeblich.
    »Fünfzig!«, rief die gebieterische Stimme einer Frau.
    Hannah schauderte. Eine Herrin?
    »Hundert!«
    Das war Jean gewesen. Oder doch nicht? Hannah konnte nicht sicher sein. Einen Moment lang trat wieder Stille ein.
    »Da geht noch was«, sagte der Auktionator. »Diesmal versteigern wir ja nicht, wie gerade eben, die Katze im Sack.« Leises Gelächter.
    »Sklavenwächter, nimm ihr die Maske ab. Ein hübsches Gesicht sieht man gerne leiden.«
    Oh nein! Nicht die Maske. Hannah drehte den Kopf zur Seite und bekam prompt einen Schlag auf den Hintern.
    »Sträub Dein Gefieder nicht so, mein Täubchen. Du wirst ja doch gerupft werden«, riet ihr die schrille Stimme. Dann wurde ihr die Maske vom Gesicht gerissen.
    Hannah blinzelte in die abrupte Helligkeit.
    Sie stand tatsächlich auf einem Podest, doch mitnichten in einem orientalischen Basar, sondern in einem rot-schwarz dekorierten SM-Club. Der Club war etwas größer als das
Gargoyle
und voller schrill gewandeter Partygänger. Es gab laszive Burleske-Tänzerinnen, strenge, schwarz gekleidete Doms, lederkorsettierte Dominas mit Peitschen, hübsche Lederjünglinge, Geishas in bunten Kimonos, tragische Gothic-Girls und halbnackte Sklaven. Und alle starrten Hannah neugierig oder erwartungsvoll an.
    »Niedlich«, sagte eine Domina in schwarzen Hosen, und bot hundertdreißig Euro.
    Das Einzige, was Hannah in diesem Moment aufrecht hielt, war der Gedanke an Jean. Fieberhaft suchte sie mit ihren Blicken die Menge ab. Da, da stand er! Ganz hinten am Tresen, ein moderner Sultan im Businessanzug, ein Glas in der Hand, lächelte und prostete ihr leicht zu.
    Hannah entspannte sich ein wenig. Er war zufrieden mit ihr. Hatte sie genug gedemütigt. Jetzt würde er sie ersteigern, und den Rest des Abends mit ihr spielen.
    »Nur hundertdreißig Euro? Höre ich mehr? Hundertdreißig Euro sind geboten von Lady Abraxa.«
    Hannah warf einen verstohlenen Blick auf den Auktionator. Ein großer, muskulöser Kerl mit nackter, breiter Brust, der eine Art Lederrock trug. Seine langen schwarzen Haare waren zu einem Pferdeschwanz gebunden, und seine kantigen Gesichtszüge erinnerten Hannah an einen Indianerhäuptling. Allerdings baumelten von dessen Gürtel nicht die Skalps seiner Feinde, sondern diverse Peitschen und Paddel.
    »Hundertfünfzig!«, rief ein dürrer Mann aus dem Publikum, der einen schwarzen Mantel trug und ein blasses, hungriges Gesicht hatte. Er sah aus wie ein Vampir.
    »Hundertsechzig!«
    Lady Abraxa. Sie hatte einen grausamen Zug um den dünnen, blutrot geschminkten Mund, der Hannah gar nicht gefallen wollte.
    Hannahs Augen flogen hinüber zu Jean. Er lächelte amüsiert.
    »Hundertsiebzig!«
    Der Vampir.
    Jean zögerte seinen Einsatz hinaus. Er ließ Hannah wirklich schwitzen.
    »Hundertachtzig!«
    Lady Abraxa. Die Peitsche der Domina oder der Biss des Vampirs. »Jean, rette mich!«, dachte Hannah verzweifelt. Da erblickte sie in einer dämmrigen Ecke neben dem Ausgang einen großen, dunkel gekleideten Mann, der eine schwarze Halbmaske trug und sie unverwandt ansah.
    Irgendetwas an ihm war ihr vertraut, und sie erinnerte sich plötzlich an Abende im
Gargoyle
und das Treffen mit Charly im Hotel, als sie das Gefühl gehabt hatte, jemand beobachte sie. In letzter Zeit war das nicht mehr vorgekommen. Bis zu diesem Abend.
    Und jetzt war er wieder da. Hannah war sich plötzlich ganz sicher, dass es immer
derselbe
Mann gewesen war. Die ganze Zeit.
    »Zweihundert!«
    Der Vampir.
    »Zweihundertfünfzig!«
    Lady Abraxa. Ein Raunen ging durch die Menge.
    »Zweihundertfünfzig sind geboten«, sagte der Auktionator.
    Dicht an Hannahs Ohr flüsterte der Sklavenwächter: »Das ist bisher das Höchstgebot des heutigen Abends!«
    Hannah schaute ihn an. Die inzwischen wohlbekannte schrille Stimme gehörte einem Transvestiten im roten Cocktailkleid, der ihr mit langen Wimpern zuzwinkerte. »Mit dem Geld kann man sich ein

Weitere Kostenlose Bücher