Fürchte dich nicht!
im Körper tragen. Damit könnten wir unsere These untermauern.«
»Weißt du, wie weit Norderney entfernt ist? Du wirst stundenlang Zug fahren müssen.«
»Ich werde es überleben.«
»Und dann die Fähre. Soll ich nicht mitkommen?«
»Daniel!« Sie überwand ihre Hemmung und packte ihn am Oberarm. »Ich schaffe das. Mach dir keine Sorgen! Und bitte! Halt dich bedeckt, bis ich zurück bin. Ja?«
Er schaute zum Monitor, auf dem das Virus schillerte. Ein trockenes Schlucken. Dann das zustimmende Nicken.
7
Betreff: Fürchte dich nicht!
Fürchte dich nicht! Sagt der HERR. Und der HERR irrt sich nie.
Steht nicht überall in der Bibel, dass wir uns nicht fürchten und keine Angst haben sollen?
»Fürchte dich nicht!«, sagte der Herr zu Abraham, als dieser König Kedor-Laomer geschlagen hatte. Und er sagte es auch zu Abrahams Sohn Isaak, als dieser nach Beerseba gezogen war.
»Fürchtet euch nicht!«, sagte Moses zum Volke, nachdem er von Gott die Zehn Gebote empfangen hatte.
Denn Furcht ist das Gegenteil von Glaube. Wenn wir uns nur aus Furcht vor Strafe zu Gott bekennen, handeln wir dann nicht als Unfreie? Ohne jegliche Überzeugung? Gott will unsere Liebe, nicht unsere Angst. Die vollendete Liebe aber schließt Angst vor Versagen, vor irdischen Strafen und Höllenqualen aus.
Das Wissen darum ist uralt.
»Drum fürchten wir nichts, wenn die Erde auch weicht und Berge in den Meeren versinken«, heißt es in den Psalmen. »Der Herr ist mein Licht und mein Heil, wen sollte ich fürchten? Der Herr ist meines Lebens Feste, vor wem sollte ich beben?« Und an anderer Stelle: »Der Herr ist mit mir, ich fürchte mich nicht mehr! Was können mir Menschen noch antun?«
»Fürchte dich nicht!«, sagte der Engel Gabriel in Nazaret zu Maria. Und er sagte es zu den Hirten auf dem Felde.
Auch Jesus war ein großer Gegner der Angst. Immer wieder beschwor er seine Jünger, sich nicht zu fürchten. Als Simon Petrus ihm zu Füßen fiel, weil er eine so große Menge Fische gefangen hatte, dass die Netze zu reißen drohten. Als Gott aus einer Wolke sprach und Petrus, Jakobus und Johannes sich mit dem Gesicht zu Boden warfen. Als die Jünger erschraken, weil sie Jesus für ein Gespenst hielten, das über den See Gennesaret ging.
»Warum habt ihr solche Angst, ihr Kleingläubigen?«, fuhr Jesus seine Jünger an, weil sie glaubten, ihr Boot würde in den Fluten versinken, als auf dem See Gennesaret ein gewaltiger Sturm losbrach.
Furchtlos wünschte sich Jesus seine Jünger: »Wer aber bis zum Ende standhaft bleibt, der wird gerettet.« Wie Schafe mitten unter die Wölfe wollte er sie senden, klug wie die Schlangen sollten sie sein und arglos wie die Tauben. Wenn man sie in der einen Stadt verfolgte, so sollten sie in eine andere fliehen. Und sich nicht fürchten vor denen, die nur den Leib, aber nicht die Seele töten können.
Ja, Jesus wusste von der zerstörerischen Kraft der Angst. Doch selbst er, Gottes Sohn, war nicht frei von ihren Anfeindungen. Warum sonst haderte er nach dem Abendmahl, im Garten Getsemani, als er mit Petrus und den beiden Söhnen des Zebedäus allein war, mit seinem Schicksal? Hatte er es nicht vorausgesehen? Von der Unausweichlichkeit gesprochen, sein Leben zu opfern? Warum warf er sich dann zu Boden und bat Gott um sein Leben? Warum betete er: »Mein Vater, wenn es möglich ist, gehe dieser Kelch an mir vorüber.« Nicht ein Mal, nein, drei Mal flehte er, nicht aus dem Kelch trinken zu müssen.
Aus Angst. Aus purer Angst vor dem Tod. Die ihn am nächsten Tag noch einmal erfasste, als er am Kreuz rief: »Eli, Eli, lema sabachtani? Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?«
Wenn nicht einmal Jesus, der Gottessohn, die Angst besiegen konnte – wie soll es den Menschen gelingen?
Ich habe einen Weg gefunden. Es war ein harter Kampf, der mich beinahe umgebracht hätte, aber ich habe es geschafft. Der Glaube hat mich gerettet. Jetzt bin ich frei.
Fürchte dich nicht, Viola!
Zweiter Teil
Die Blutmahlzeit
8
Bremen, Osterdeich
Das Fahren auf der Autobahn hatte ihn nicht beruhigt. Normalerweise half die Autobahn. Bis Vechta und zurück. Alles aus der Kiste herausholen, was sie hergab. Sie sah aus wie ein klappriger alter Golf, hatte aber einen aufgemotzten Motor unter der Haube. Am schönsten war es, erst gemächlich auf der rechten Seite zu tuckern und sich dann hinter einen vorbeirauschenden BMW oder Mercedes zu hängen. Dicht auffahren, Lichthupe, das volle Programm. Da
Weitere Kostenlose Bücher