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Fürchte dich nicht!

Fürchte dich nicht!

Titel: Fürchte dich nicht! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grafit
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Norderney, das nächste Krankenhaus befindet sich in Norden. Auf FSME sind sie überhaupt nur gekommen, weil die Zecke noch auf der Haut saß. Im halb gesogenen Zustand.« Daniels Stimme vibrierte vor Aufregung. »Das heißt, der Stich lag höchstens zwei oder drei Tage zurück. Ist doch Wahnsinn, oder?« Er deutete auf den Monitor, der neben dem riesigen Elektronenmikroskop stand. »Ich habe schon alles vorbereitet.«
    Die kleinen kugeligen Gebilde, die sich auf dem schwarzweißen Bild erkennen ließen, sahen aus wie ganz normale Flaviviren. Trotz der fünfzigtausendfachen Vergrößerung, die das Elektronenmikroskop erlaubte, war nicht einmal eindeutig zu bestimmen, ob es sich um Gelbfieber- oder FSME-Viren handelte.

    Viola las die Protokolle der PCR und der immunhistologischen Untersuchung. Die Ergebnisse sprachen eindeutig für FSME, allerdings hatte der Antikörpertest nur eine eingeschränkte Reaktion erbracht. Als ob sich das Virus verändert hätte. Jetzt verstand sie, warum das Speziallabor die Probe weitergeleitet hatte. Es bestand die vage Möglichkeit, dass es sich um eine Mutation handelte.
    »Wir bräuchten eine Analyse der RNA. Dann wüssten wir, ob das genetische Material vom normalen FSME-Genom abweicht.«
    »Mit dem DNA-Sequenzer dauert das mehrere Monate. Es sei denn …«, Daniels Gesicht nahm einen lauernden Ausdruck an, »… wir benutzen den neuen Hochleistungs-Sequenzer. Der braucht nur gut eine Woche, um ein komplettes Virus-Genom zu entschlüsseln.«
    »Unmöglich.« Sie schüttelte den Kopf. »Dafür bekomme ich keine Genehmigung. Das Gerät hat über eine halbe Million gekostet, entsprechend teuer ist eine Analyse. Und die Kollegen, die es benutzen wollen, stehen Schlange. Wie soll ich begründen, dass unser Virus Vorrang hat?«
    »Mit der Gefährdung der Bevölkerung?«, schlug Daniel vor. »Denk an den ungewöhnlichen Krankheitsverlauf: Die FSME hat ihr volles Krankheitsbild wenige Tage nach dem Stich entwickelt. Das spricht …«
    »… für gar nichts«, unterbrach ihn Viola. »Aus einem Einzelfall kannst du keine Verallgemeinerungen ableiten. Außerdem wäre es möglich, dass die Frau einige Wochen zuvor schon von einer anderen Zecke gestochen wurde.«
    »Die ebenfalls FSME übertragen hat? Und das auf Norderney, wo normalerweise keine FSME auftritt?«
    Punkt für ihn, dachte Viola. Der Fall der verstorbenen Frau gab tatsächlich Rätsel auf. Doch bevor sie mit einer derart wilden These zu Professor Blechschmidt, dem Abteilungsleiter und stellvertretenden Institutsleiter, marschieren würde, wollte sie sich absichern. Zu groß war die Gefahr, sich lächerlich zu machen. Oder schlimmer noch: einen Beweis dafür zu liefern, dass man sich auf sie nicht verlassen konnte. Schließlich galt sie als Problemfall.
    »Okay. Vielleicht ist es eine Mutation. Sobald wir einen zweiten Verdachtsfall haben, besser noch einen dritten, setze ich mich für eine umfassende Untersuchung ein, einschließlich RNA-Analyse im Schnellverfahren.«
    »Ich verstehe dich nicht.« Daniel schüttelte enttäuscht den Kopf. »Wo sollen wir die zweite Probe herbekommen?«
    »Was ist mit dem Mann in Dortmund? Stell fest, was mit seiner Leiche passiert ist. Falls noch vorhanden, besorgen wir uns ein Stück von seinem Gehirn. Und die anderen Fälle, von denen du vor drei Tagen gesprochen hast, in …«
    »Köln und Hamburg. Die leben noch.«
    »Dann müssen wir abwarten. Nach dem zweiten Fieberschub sind die Viren aus dem Blut verschwunden.«
    »Das ist nicht dein Ernst?« Er starrte sie verwundert an. »Wir entdecken möglicherweise einen neuen Subtyp des FSME-Virus und sollen den Mund halten?«
    »Vorläufig.«
    »Du hast Angst.« Er lachte empört. »Scheiße, Viola, du hast Angst, dass man dich für verrückt hält.«
    »Das stimmt nicht.« Blöd, dass er sie durchschaut hatte. »Ich mache mir lediglich Sorgen um meinen wissenschaftlichen Ruf.«
    Daniel drehte den Kopf zur Seite. Viola ahnte, dass er ihre Entscheidung nicht akzeptieren würde. Er würde sie übergehen und sich direkt an Blechschmidt wenden. Sie musste etwas unternehmen. »Und ich werde nach Norderney fahren.«
    Er schnellte herum. » Du willst nach Norderney fahren?«
    »Ja. Möglicherweise war die verstorbene Frau Patientin Nummer eins. Ich will wissen, was sie vor ihrem Tod gemacht hat. Und ob es weitere Erkrankungen gibt, die noch nicht mit FSME in Verbindung gebracht wurden. Vielleicht gelingt es mir sogar, Zecken einzusammeln, die das neue Virus

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