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Fürchte dich nicht!

Fürchte dich nicht!

Titel: Fürchte dich nicht! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grafit
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werden.
    Als sie die Kanalbrücke überquerte, erblickte sie das Gebäude, in dem sie arbeitete. Bald würde sie bei ihren Zecken sein.

3
Norderney, Richthofenstraße

    »Der Wichser tut so, als ginge ihn das nichts an.« Britta Hartweg starrte durch die Frontscheibe auf die Straße. »Wie tickt so ein Mensch? Schlägt seine Frau krankenhausreif und ist anschließend kalt wie ein Fisch. Als ich ihm sagte, dass er mitkommen muss, hat er mich nur dumm angegrinst. Ich hatte große Lust, ihm eine reinzuhauen.«
    »Was du hoffentlich nicht getan hast?«
    »Natürlich nicht. Ich habe bloß die Handschellen ein bisschen enger gestellt.«
    So wütend hatte Martin Geis seine Stellvertreterin noch nie erlebt. Britta war normalerweise nicht aus der Ruhe zu bringen. Gab es Probleme mit randalierenden Jugendlichen oder Zechern, die über die Stränge schlugen – ein paar Worte von Britta genügten, um den Frieden wiederherzustellen. Ihre äußere Erscheinung erklärte einen Teil dieser Wirkung. Rund einhundert Kilo, auf einhundertachtzig Zentimeter Körpergröße verteilt, schüchterten die meisten männlichen Großmäuler ein. Den Rest erledigte ihre tiefe, raue Stimme.
    Geis schätzte an Britta, dass sie ihre Arbeit kompetent und zuverlässig erledigte. Ansonsten wusste er nicht viel über die Frau, die vermutlich seinen Job bekommen hätte, wäre er nicht vor zwei Jahren von Hannover aus in die Wüste geschickt worden. Britta war in Ostfriesland geboren und hatte jedes ihrer neununddreißig Jahre, abgesehen von der Zeit, während der sie Lehrgänge besuchte, in diesem Landstrich verbracht. Sie lebte allein und schien diesen Zustand auch nicht ändern zu wollen. Ob sie auf Männer, Frauen oder etwas ganz anderes stand, Geis hatte nicht die geringste Ahnung. Am Anfang, als er neu auf der Insel gewesen war, hatte er Britta zu einem Bier eingeladen, weil er dachte, dass sie das von ihm erwartete. Nach einer halben Stunde war ihm klar geworden, dass sie aus dem gleichen Grund eingewilligt hatte. Von da an waren sie stillschweigend übereingekommen, ihre Gespräche auf das Dienstliche zu beschränken. Was sich vor allem im Winter schwierig gestaltete, wenn die Stammbesatzung der Norderneyer Polizeiwache aus lediglich fünf Beamten bestand, die viel Zeit miteinander verbrachten. Während der Sommersaison kamen sieben weitere Kolleginnen und Kollegen aus ganz Niedersachsen hinzu. Freiwillige, die unter chronischen Lungen- und Hautkrankheiten litten oder für ein paar Monate dem Stress der Straße entfliehen wollten. Denn die Arbeit auf Norderney bestand hauptsächlich darin, Präsenz zu zeigen – zu Fuß oder auf dem Fahrrad. Schwere Straftaten waren die absolute Ausnahme.

    »Wie geht es Hannah?«, fragte Geis.
    »Dr. Habibi hält es für möglich, dass sie innere Verletzungen erlitten hat. Sie klagt über starke Schmerzen.«
    »Habibi hat sie untersucht?«
    »Er war mit seiner Familie im Restaurant, als es passierte.«
    »Und was genau ist passiert?«
    »Hannah hat im Restaurant bedient, Eiko war in der Küche.« Britta Hartweg ließ den Polizeiwagen über den Onnen-Visser-Platz rollen. Gleich gegenüber befand sich die hell geklinkerte Polizeistation. »In der Küche ist es dann zum Streit gekommen. Dr. Habibi sagt, die beiden hätten sich angebrüllt. Kurz darauf habe man Schmerzensschreie gehört. Als er in die Küche kam, lag Hannah bereits auf dem Boden. Habibis Frau und ein anderer Restaurantgast haben fast gleichzeitig die Notrufnummer gewählt.«
    »War noch jemand in der Küche?«
    »Zwei Köche und eine Kellnerin.«
    »Und?«
    »Alle drei haben weggeguckt. Behaupten sie.«
    Geis stöhnte. »Das heißt, wir haben keinen unmittelbaren Augenzeugen.«
    Britta stoppte vor der Polizeiwache und stellte den Motor aus. »Doch. Hannah.«
    »Ich glaube nicht, dass sie gegen Eiko aussagt. Hast du mit ihr gesprochen?«
    »Ja. Auf dem Weg zum Hubschrauber. Sie sagt, wir sollen diesen verdammten Schläger in einer Zelle vermodern lassen.«
    Geis schaute seine Stellvertreterin erstaunt an. »Das hat sie gesagt?«
    »Mit exakt diesen Worten.«
    »Entweder sie hat dazugelernt oder er ist diesmal noch brutaler gewesen als sonst.« Geis öffnete die Autotür und stieg aus. »Wie auch immer, ich bin bereit, ihren Wunsch zu erfüllen.«

    Sie betraten die Schleuse. Der Wachhabende drückte auf den Türöffner für die innere Tür.
    »Wo ist er?«, fragte Geis.
    »Im Vernehmungsraum. Fischer und Kielinger sind bei ihm.«

    »Hast du ihnen

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