Full House: Liebeserklärung an die Chaosfamilie (German Edition)
sich selbst genug – und, im Ernst, wer braucht schon einen Balkon, solange ein solides Bett, ein Fernseher und kaltes Bier vorhanden sind? Aber da lebte ich noch allein.
Dann trat die Frau meines Herzens in mein Leben.
So ein kleiner Balkon, fand Beate eines Tages, wäre doch ganz schön. Etwas, wo man auch mal draußen sitzen konnte, allerdings immer nur einer, nie beide zur gleichen Zeit, dazu ist es zu eng. Aber wenn man sich liebt, spielt all das keine Rolle – noch. Also zog man los, um sich was Größeres zu suchen. Etwas mit einer richtigen Küche statt Kochnische. Mit einem großzügigeren Bad. Mit hohen Fenstern vielleicht. Ein Altbau wäre schön. Oder ein Neubau. Oder was Eigenes. Eine Wohnung kaufen?
Als wir zusammenzogen, haben wir keinen Gedanken an eine Wohnung verschwendet und schon gar nicht daran, eine zu kaufen. Womit auch? Wir hatten uns, und es war egal, wie groß dieses Zuhause war.
Nun, in der ersten Zeit wirkte meine Frau auf mich jedenfalls nicht unzufrieden. Wir hatten eine schnuckeligeWinz-Wohnung, und die Nebenkosten waren absolut überschaubar. Doch dann, eines Tages, kam die scheinbar harmlose Frage: »Schatz, hättest du nicht auch gerne einen größeren Kühlschrank?«
Diese Frage an einen Mann zu richten ist natürlich perfide. Welcher Mann hätte nicht gerne einen größeren Kühlschrank? Kühlschrank, das steht für unbeschwerte Fußball-Abende, für die schnelle und effektive Bekämpfung von Unterzucker, für kaltes Bier und sonstige Genussmittel.
In Wahrheit ging es natürlich nicht um den Kühlschrank, sondern um die Küche. Meine Frau wollte eine größere. Nicht, weil sie so wahnsinnig viel in der Küche macht, sondern weil größere Küchen in größeren Wohnungen zu finden sind. Und das hat sie geschickt eingefädelt: Zuerst tigerten wir eine Woche lang durch Kühlschrankabteilungen in Elektroläden. Überall dasselbe: jede Menge Platz im Kühlschrank – aber jedes Gerät zu groß für unsere dreieinhalb Quadratzentimeter Küchenfläche. Dann rückte Beate raus mit ihrem Plan.
»Schatz, ich fürchte, für einen größeren Kühlschrank müssen wir umziehen. Der passt nicht in unsere Küche.«
»Im Ernst? Och, schade. Aber wenn du meinst ...«
In Wirklichkeit hatte sie das natürlich von langer Hand geplant. Was folgte, war ein zermürbender Marathon durch die Mietanzeigen.
Rückblickend frage ich mich, wo alle meine Prinzipien und meine fiskalische Vernunft geblieben sind. Niemals hätte ich bei klarem Verstand (den ich zu dieser Zeit als hormongesteuerter Mann natürlich nicht besaß) eine Immobilie gemietet, die klein, dunkel und überteuert war. Allein ein für meine Lebensgefährtin schlagendes Argumententschied: Es war ein kleines Reihenhäuschen mit Garten. »My house is my castle«, hörte ich von Beate zu jeder Gelegenheit, also gab ich nach, und wir unterschrieben den Mietvertrag.
Wenig später zogen wir in unser Häuschen um und verbrachten dort die wohl schönsten vier Wochen unserer bisherigen Beziehung. Heute weiß ich, warum: Der Nestbautrieb meiner Holden war zunächst gestillt – bis sie eines Morgens den Garten betrachtete.
»Unser Garten sieht grauenvoll aus! Was werden unsere Nachbarn denken? Die glauben, wir sind absolute Messies!«
»Garten? Sieht eher aus wie ein größeres Blumenbeet.«
»Sehr witzig! Du musst mal den Rasen mähen!«
»Ich glaube nicht, dass da ein Rasenmäher draufpasst«, meinte ich nachdenklich in der Hoffnung, aus dieser Nummer rauszukommen. Ich hasse Gartenarbeit!
Und es bleibt ja nicht beim Garten. Wenn die Holde Vorhangstangen wünscht, wird der Mann zum Innendekorateur. Sollen es hellere Lampen sein, wird er zum Elektriker. Streichen, Bohren, Sägen – alles Männersache, versteht sich. Emanzipation? Schweigen wir lieber darüber. Die Kombination Frau und Haus macht jeden Mann zum Allzweckhandwerker. Zum Lohn gibt’s Hohn und Spott über die handwerklichen Unzulänglichkeiten des Gatten, am liebsten im familiären Kreis oder – noch schöner – beim Damenkränzchen.
»Mein Benni ist der beste Handwerker mit zwei linken Händen, den es gibt.« Alles lacht – außer mir.
»Ich bin gar kein Handwerker, Schatz, ich arbeite mit dem Kopf.« Sie beugt sich zu ihrer Freundin und gluckst: »Neulich hat er mir so einen Schreck eingejagt, weil er mal wieder eine Lampe angeschraubt hat und vergessen hatte, die Sicherung rauszudrehen …«
»Ich hatte dich darum gebeten …«
»Jedenfalls steht er da oben auf
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