Funkelnd wie ein Diamant
zufriedenen Grinsen verzogen.
Sie hob den Feldstecher wieder, richtete ihn auf den Mann und beobachtete gebannt, wie er sich nach dem langen Arbeitstag den Staub abwusch. Er blickte zum Himmel und ließ das Wasser über das Gesicht, den Hals und die wie gemeißelt aussehenden Muskeln an Brust und Bauch rinnen.
Was für ein Anblick.
Das Wasser muss kalt sein, dachte sie. Hier im Hügelland von Texas waren die Tage warm, aber nachts kühlte es stark ab. Manchmal herrschten nur fünf Grad. Das wusste sie, weil sie ihr Zelt nur wenige Meilen westlich von Travis Foleys Ranch im Nationalpark aufgeschlagen hatte. Die nahe gelegene Kleinstadt Llano mied sie, denn dort fiel jeder Fremde sofort auf.
Und niemand – schon gar nicht Travis Foley – durfte wissen, dass sie hier war.
Paige konzentrierte sich wieder auf ihren Cowboy. Seit zwei Tagen kam er nun schon her und arbeitete hart. Er brachte verirrte Rinder zur Herde zurück, reparierte beschädigte Weidezäune und hielt nach Eindringlingen Ausschau, während sein Chef Travis Foley vermutlich in seiner klimatisierten Villa am Rand der Ranch auf der faulen Haut saß, die Öldollar seiner Familie zählte oder die Aktienkurse verfolgte.
Sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass ein Foley täglich in den Sattel stieg und sich auf seinem Land die Hände schmutzig machte.
Dafür hatte er Männer wie diesen Cowboy, den sie gerade beobachtete.
Er trocknete sich ab, knöpfte sein Shirt zu, lehnte sich gegen einen großen Felsbrocken und legte den Kopf zurück, als wollte er die Herbstsonne oder die warme Nachmittagsbrise genießen.
Aber vielleicht war er auch nur erschöpft von der Arbeit oder seinen eigenen Problemen. Oder er hatte sich nach der Stille und dem Frieden in diesem abgelegenen Winkel der Ranch gesehnt.
Hätte Paige die Zeit dafür, hätte sie die Pause mit ihm zusammen genossen und sie vielleicht sogar bis weit nach Sonnenuntergang ausgedehnt. Wie kam sie bloß auf solche Gedanken? Es war noch nie ihre Art gewesen, mit fremden Männern eine Nacht zu verbringen. Aber der Sommer war schlimm gewesen, und manchmal wurde es ihr zu viel. Die Sorgen gingen ihr nicht mehr aus dem Kopf, und dann wurde der Druck so stark, dass sie einfach nur schreien wollte.
Dieser Mann, dieser Cowboy … konnte sie bestimmt alles vergessen lassen.
Und wenn es nur für eine einzige Nacht war. Leider hatte sie nicht mal dazu Zeit. Aber eine Frau durfte doch träumen, oder?
Wenn er wieder fort war, blieben ihr vierundzwanzig Stunden, bis er an den Bach zurückkehrte. Jedenfalls war es an den letzten drei Tagen so gewesen. Sie hatte ihre komplette Ausrüstung im Rucksack und wollte sich allein in die alte Silbermine wagen. Jeder, der sich mit stillgelegten Stollen auskannte, wusste, wie riskant dieses Unterfangen war. Aber sie hatte jede Vorsichtsmaßnahme getroffen und war auf alles vorbereitet.
Paige war fest entschlossen, in die Dunkelheit hinabzusteigen. Sie musste es tun.
Für ihre Familie. Außerdem hatte sie es ihrem Bruder Blake, dem Chef des Juwelenimperiums, fest versprochen.
Nimm dich zusammen, ermahnte sie sich. Sie durfte nicht mehr an den Cowboy denken. Wenn sie ihren Job richtig machte, würde sie ihm nie begegnen. Was eigentlich sehr schade war. Ein Mann wie er, unkompliziert und erdverbunden, wäre genau das, was sie in ihrer Situation brauchte. Sie legte den Feldstecher hin und nahm ihr Satellitentelefon heraus. Hier draußen mitten im Nichts war mit einem normalen Handy nicht viel anzufangen.
Blake meldete sich nach dem zweiten Läuten. „Und?“, fragte er gespannt.
„Alles klar. Ich gehe rein“, erwiderte sie. „Du weißt, was du zu tun hast?“
„Wenn ich bis Sonnenaufgang nichts von dir höre, rufe ich deinen Freund in der Bergbauabteilung der Universität an, und wir holen dich heraus“, versprach er. „Paige, bist du sicher, dass es ungefährlich ist? Ich will nicht, dass dir etwas zustößt.“
„Die Mine gibt es seit über hundert Jahren. Im letzten Jahr hat Travis Foley einigen Archäologen erlaubt, sie zu erkunden und die Höhlenzeichnungen zu dokumentieren. Ich habe eine Kopie ihres Berichts. Die Wände sind so stabil, wie man …“
„Trotzdem, ist es nicht riskant, allein hineinzugehen?“
Sie hatten lange genug darüber diskutiert und waren sich einig. Außer ihnen beiden durfte niemand davon wissen. Dafür stand einfach zu viel auf dem Spiel.
Das Familienunternehmen McCord Jewelers steckte in finanziellen
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