Funkelnd wie ein Diamant
Fels zwischen sich und dem Sonnenschein zu haben.
Das würde sie doch bestimmt nicht wagen.
Travis lugte um die Ecke. Sie kniete am Rand des Schachts und leuchtete hinein.
„Um Himmels willen!“, murmelte er, bevor er zu ihr eilte, sie an der Taille packte und zurückriss.
Sie schrie so laut auf, dass er fast befürchtete, die Mine könnte einstürzen. Er hob sie hoch, und sie zappelte und strampelte mit den Beinen, bis sie sich an der Wand gegenüber abstoßen konnte.
Travis taumelte zurück und prallte ziemlich unsanft mit dem Rücken gegen den Fels. Er biss die Zähne zusammen, ließ einen Arm an ihrer Taille und hielt mit der freien Hand ihre Arme fest.
Endlich hörte sie auf zu schreien.
„Ganz ruhig“, keuchte er ihr ins Ohr. „Sie können nicht weglaufen, und ich werde nicht zulassen, dass Sie noch weiter nach unten klettern.“
Sie gab auf. Der Helm war ihr vom Kopf gerutscht, und der Lichtschein der Lampe erhellte nur den rechten Teil des Stollens. Die Frau konnte Travis nicht sehen. Und er sie auch nicht.
Sie atmete heftig, aber dass er sie gepackt und außer Gefecht gesetzt hatte, bereitete ihm kein schlechtes Gewissen. Hätte er etwa untätig zusehen sollen, wie sie sich verletzte, verirrte oder gar in den Schacht stürzte?
„Sie haben mich zu Tode erschreckt!“, fuhr sie ihn zornig an.
Travis lockerte seinen Griff weit genug, um sie in seinen Armen zu sich zu drehen. Dann presste er sie mit seinem ganzen Körper gegen die Wand.
„Tatsächlich?“, entgegnete er, das Gesicht so dicht an ihrem, dass er ihren Atem fühlen konnte. „Und Sie haben mir Angst gemacht. Haben Sie eine Ahnung, wie gefährlich es ist, sich ganz allein hier unten herumzutreiben?“
„Ich weiß, was ich tue. Ich bin Geologin.“
„Wissen Sie auch, dass Sie sich unbefugt auf Privatgelände befinden?“, fragte er und straffte die Schultern, um noch einschüchternder zu wirken.
„Nun … ja“, gab sie nach einem Moment zu.
Er wich ein Stück zurück, ließ sie aber nicht los.
Sie war klein und schlank. Und jung. Er glaubte nicht, dass sie einen Fluchtversuch unternehmen würde, also gab es keinen Grund mehr, sie festzuhalten. Außerdem ließ sich nicht übersehen, wie attraktiv sie war. Jede Berührung war riskant, denn sie lenkte Travis von wichtigeren Dingen ab.
Er ließ sie los, blieb jedoch so dicht vor ihr stehen, dass er sie jederzeit wieder packen konnte. „Wenn ich den Sheriff rufe, verbringen Sie mindestens eine Nacht hinter Gittern, ist Ihnen das klar?“, fragte er.
Sie seufzte. „Das wollen Sie mir doch nicht antun, oder?“
„Wenn ich Sie nicht anders davon abhalten kann, wieder so eine Dummheit zu begehen, dann bleibt mir keine andere Möglichkeit.“
„Hören Sie, es tut mir leid. Ich wollte nur …“
„Den blöden Diamanten finden? Ja, das habe ich schon mal gehört.“
„Haben Sie eine Vorstellung, was für eine Chance das ist?“
„Allerdings. Es geht um einige Millionen Dollar, und Sie denken, Sie können über Nacht reich werden.“
„Nein. Um das Geld geht es mir nicht“, behauptete sie. „Ich will ihn nur entdecken. Wenn der Santa-Magdalena-Diamant sich wirklich irgendwo hier unten befindet, wäre es ein sensationeller Fund. Wissenschaftler verbringen fast ihr ganzes Leben mit der Suche, aber die meisten von ihnen finden niemals ein solches Prachtexemplar. Wie könnte jemand, der an der Universität Karriere machen will, sich eine solche Gelegenheit entgehen lassen?“
Travis runzelte die Stirn. Die Frau klang, als würde sie es ernst meinen. Genau wie die Archäologen, die im letzten Sommer die Höhlenzeichnungen untersucht hatten.
Er konnte ihre Faszination nicht recht nachvollziehen, aber ihre Begeisterung war ihm wesentlich sympathischer als die Geldgier der Schatzsucher.
Vielleicht beneidete er sie sogar um ihren Traum. Mit dreißig war Travis im Großen und Ganzen mit seinem Leben zufrieden, aber hin und wieder erschien es ihm eine Spur zu ruhig und vorhersehbar.
Zu leer.
Er konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte Mal von etwas so begeistert gewesen war wie diese schöne Fremde von der Chance, den Diamanten zu finden. Aber er hatte nicht vor, länger als nötig hier unten zu bleiben. „Kommen Sie schon.“ Er bückte sich nach ihrem Helm und setzte ihn ihr auf. Als der Lichtstrahl sein Gesicht erfasste, wandte er sich rasch ab. „Ihre Erkundungstour ist vorbei. Wir steigen nach oben.“
Wieder seufzte sie. „Kann ich mich nicht noch ein
Weitere Kostenlose Bücher