Fußfall
anders als wir … Wie auch immer, das Stockblatt ist geradeaus in Längsrichtung geflogen. Ich habe es mit eigenen Augen gesehen.
Der Heilkundige sah Phigoren prüfend an, ohne ihn zu berühren . »Legt ihn hin!« sagte er. »Haltet ihn, während ich den Stock herausziehe!«
Zwei Krieger drückten mit ihrer ganzen Masse gegen Phigoren , während der Arzt zog. Phigoren schrie vor Schmerz auf. Das Blatt saß tief in ihm und riß auf dem Weg nach außen eine große Wunde. Dann war es heraus und wurde ihm blutig, wie es war, vor das Gesicht gehalten. Entsetzt sah Tshintithpitmäng zu, er konnte den Schmerz, den Phigoren beim Atmen empfand , körperlich nachfühlen.
»Gut. Haltet ihn weiter fest! Phigoren, kannst du mich hören ? Beuge dich nach links! Am besten legst du dich hin.«
Phigoren konnte sich nicht bewegen. Der Arzt schob, und da Phigoren ohnehin nach links geneigt stand, wurde er auf die linke Seite gelegt. Sein eigenes Gewicht drückte ihm die Lunge zusammen. Ausatmen war trotz des Schmerzes einfach, aber beim Einatmen kam es ihm vor, als müsse er einen Berg anheben . Der Arzt sagte: »Das wird die Schmerzen lindern. Vermutlich hat das Stockblatt einen Lungenflügel durchbohrt. Ich muß ihn aufschneiden und die Wunde nähen.«
»Rette ihn, wenn du kannst«, sagte Tshintithpitmäng .
Phigoren lag im Sterben. Sicher hatte er es gewußt. Er mußte jetzt sprechen oder schweigend sterben. Seine Blicke suchten Tshintithpitmäng . »Habt Ihr gesehen? Gefährlich sind …« Er keuchte nur noch. Als das Messer des Heilkundigen in ihn fuhr, verschleierten sich seine Augen. Er versuchte den Mund zu bewegen, doch es kam nur noch ein Flüstern heraus. Tshintithpit mäng hielt sein Ohr nahe an Phigorens Mund. Phigoren raffte seine ganze Willenskraft zusammen, zwang seinen Brustkorb , sich zu bewegen, holte Atem, daß es ihn durchfuhr wie tausend Dolche, und sprach.
»Die Daumen«, hauchte er, und starb.
»Sein Dorf«, schrie Tshintithpitmäng gebieterisch. »Koordinaten !«
Jemand antwortete. Tshintithpitmäng rief in die Fernmeldemuschel .
Fünf Achtel Makasrapkithp entfernt fuhren grüne Striche in engen Spiralen zu Boden. Als alles vorüber war, wandte sich Tshintithpitmäng den Gefangenen zu.
»Wer gehört zu seinem Stamm?«
Alle. Als die schwere Aufgabe erledigt war, schickte Tshintithpit mäng zwei Gefangene, die er hatte leben lassen, aus, um davon zu berichten.
»Es ist klar, was er mir sagen wollte. Ihre Daumen machen die Erdlinge geschickter als uns unsere Grifflinge. Bevor wir auf diesen Planeten kamen, waren wir die überlegenen Werkzeugbenutzer . Wir waren falsch vorbereitet. Einiges haben wir richtig eingeschätzt: die größere Anzahl der Beutewesen, ihre Kenntnis des eigenen Landes, ihr Verständnis einer an sich unterlegenen Technik, die sie aber selbst entwickelt haben, ohne Anleitung durch Thaktanthp.
Noch im Tod dachte Phigoren daran, mich zu warnen. Ich habe seither von anderen Ähnliches gehört. Aber es ist nicht recht! Wenn nun tatsächlich ihre Daumen der Grund dafür sind, daß sie kleinere Maschinen herstellen können? Wir haben die Thaktanthp, die uns in den Stand setzen, überlegenes Werkzeug herzustellen, sie dagegen haben nur sich.«
»Du hast befehlswidrig eine vollständige ErdlingsFithp vernichtet «, merkte Fukertih an.
»Ja, in meiner Wut, und um meinen Fehler wiedergutzumachen . Lerne daraus! Wir haben in dem Bezirk lediglich zwei weitere Fithp verloren«, verteidigte sich Tshintithpitmäng . »Die anderen Eingeborenen bringen uns jetzt Vieh und Milch.«
»Habt ihr so etwas seither wieder getan?«
»Nein. Seither nicht. Aber dieser Krieg macht aus mir ein anderes Wesen. Ich brauche die Weisheit der Weiber. Mir fehlt die Gefährtin.«
36 Verrat
Wie kommt es, daß Verrat nie im Schwange ist?
Weil ihn dann niemand Verrat zu nennen wagt.
S IR J OHN H ARRINGTON
***
Leichter Nieselregen zwang sie, ihre wasserdichten Mäntel geschlossen zu halten. Sie schwitzten darin. Dabei war es heute nicht einmal besonders schlimm. Tagelang hatten sie Zuflucht vor regenschweren Sturmböen suchen müssen, die Harrys Motorrad von der Straße zu wehen drohten.
Auf dem Schild stand BELLINGHAM CITY. Die Autobahnausfahrt führte auf eine ehemalige Hauptstraße. Sie wirkte recht verlassen. Tankstellen, Motels und Restaurants, an denen sie vorüberkamen, waren geschlossen, bis auf eine Tankstelle. Vor ihr verkündete ein Schild: KEIN BENZIN. KEIN ÖLWECHSEL . ICH WEISS SELBST NICHT, WARUM
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