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Fyrgar - Volk Des Feuers

Fyrgar - Volk Des Feuers

Titel: Fyrgar - Volk Des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Zietsch
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traumwandlerischer Sicherheit gefunden werden, zum Innehalten und Nachdenken war keine Zeit.
    Es hatte aufgehört zu regnen, und hie und da brach sogar ein Sonnenstrahl durch die grauschwarzen Wolkenballungen. Aldavinurs feuchtes Fell glänzte wie schwarzblauer Schwertstahl, wenn er lang gestreckt zwischen Himmel und Abgrund dahinflog, und Wassertropfen sprühten in einem feinen Nebel auf, sobald seine schweren Pfoten festen Untergrund erreichten und er die gelben Krallen ausfuhr, um im Gestein Halt zu finden.
    Ab und zu musste Aldavinur auf einem Vorsprung innehalten. Trotz seiner Jugend und Stärke und trotz seines Draufgängertums schaffte Efrynn es noch nicht, mit ihm Schritt zu halten. An seiner Gestalt lag es nicht, diese war wie geschaffen für das Gebirge, schlank und geschmeidig, mit beweglichen, muskulösen Gliedern, und er war sehr geschickt durch das ausdauernde Üben. Aber er war immer noch ein Kind und beherrschte seinen Körper bei Weitem nicht so vollkommen wie sein Meister.
    Wie ein Regenbogen flirrte er durch die Luft im nächsten Sprung und kam außer Atem bei seinem Lehrmeister an. Er schnappte kurz nach Luft, sein Kopf ruckte hoch, und seine Nüstern blähten sich. »Meister, ich wittere etwas ...«
    Aldavinur nickte und deutete mit ausgestreckter Kralle nach links, ungefähr fünfzig Höhenschritte unter ihnen. Spitz und steil ragten die Klingfelsen auf, voller Zacken und Sporne. Abweisend gegen jeden, der keine Flügel besaß oder nicht mehr als vier Beine.
    »Meine Eltern haben mir verboten, dorthin zu gehen«, sagte Efrynn.
    »Aus gutem Grund«, erklärte Aldavinur. Er hatte den Jungen in letzter Zeit einige Male dabei ertappt, wie der sich heimlich hinunterschleichen wollte. »Du musst sehr vorsichtig sein und darfst keinen falschen Schritt tun. Sprich nicht, stoße keinen Laut aus. Halte dich genau an meine Anweisungen!«
    Vorsichtig kletterte er den steilen Felsgrat hinunter. Hier, zwischen den Bergen, trafen verschiedene Luftschichten aufeinander und erzeugten ihren eigenen Wind, der sich niemals über die Grate erhob, sondern durch die Schluchten und Täler donnerte, schneller und zerstörerischer als ein Wolkensturm.
    Dieser Wind war es auch, der die Klingfelsen umwarb und umschmeichelte, der mit ihnen spielte wie auf einer Harfe und ihnen Lieder entlockte, die von Krallen handelten, von Blut und Tod, von Schneidschlingen und Würgenetzen, von Giftzähnen und Stacheln. Es waren schaurige Lieder, die dem, der ihre Sprache nicht verstand, allein schon wegen ihres Klangs die Haare zu Berge stehen ließen.
    Die Fyrgar ertrugen diese schrillen Misstöne nicht, und für Aldavinurs besonders empfindliche Ohren waren sie eine Qual. Es fiel ihm schwer, Gleichmut zu bewahren und die Klingfelsen als Teil des großen Ganzen zu sehen. Hohn und Spott verbreiteten sie über die Täler. Nicht einmal Flechten konnten dort wachsen, wo deren Schall hindrang.
    Nur eine einzige, zumeist sehr verborgene Lebensform gedieh in harmonischer Eintracht mit den spitzen, schmalen, messerscharfen Felskanten, die aufragten wie gebogene Zähne und Stacheln. Es gab nur wenige Stellen dort unten, an denen Pranken oder Hände Halt fanden, kaum Überhänge und Hochflächen, nur Löcher, Spalten und Höhlen, in die kein Licht eindringen konnte, aus denen nur Finsternis herausdrang. Viele der kleinen Löcher waren rund und so angeordnet, dass der Wind hindurchstrich wie bei einer Flöte und das schaurige Konzert nur noch verstärkte.
    Efrynn schob sich neben Aldavinur, und er konnte sehen, dass dem Jungen nun doch etwas von seinem Forscherdrang und Mut abhandengekommen war. Mit dem Kopf nach unten zu verharren behagte ihm nicht sonderlich, und der Blick hinüber war wenig erbaulich. »Meister, es klingt furchtbar«, flüsterte er seinem Beschützer zu. Seine Wangenschuppen sträubten sich. »So schlimm hat es sich noch nie an angehört ...«
    »Sie rufen zur Jagd«, murmelte Aldavinur. Efrynn war manchmal recht ungeschickt. Er hatte gerade zugegeben, dass er sich schon mehrmals heimlich hierher geschlichen hatte. Doch der Lehrmeister verzichtete auf eine Ermahnung. »Das sind nicht nur die Felsen, die da singen.«
    »Aber ich sehe nichts ...«
    Auch Aldavinur konnte nichts erkennen, und das beunruhigte ihn. Kein hauchfeines Gespinst, kein abgesetztes Schwarz vor den silbergrauen Felsen. Und das zu Spinnweb! Erstaunlich, denn gerade jetzt kamen sie häufiger hervor. Oft verirrten sich Zugvögel oder Klippspringer auf der

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