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Gabe des Blutes

Gabe des Blutes

Titel: Gabe des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacquelyn Frank
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hintersten Ecke, entdeckte er eine schwache Wärmequelle.
    »Darcio, bist du oben irgendjemandem begegnet?«
    »Nein, mein Primus. Ich habe nur den Schakal gefunden, den du ausgemacht hast.«
    »Dann ist das die Frau, die ich spüre. O Götter, sie hat ziemlich starke Gefühle«, staunte er, während er über einen außer Gefecht gesetzten Schakal stieg.
    »Ein bestimmtes Gefühl, mein Primus, das einen gutgläubigen Mann anzulocken vermag«, sagte Darcio misstrauisch. »Es ist verstärkt, so wie du gerade den Schakalen gegenüber den Tod verstärkt hast. Welches Wesen außer dir sollte das sonst noch können?« Nicht einmal Reule sollte so etwas könne n , dachte er. Niemand sollte mit seinen Gedanken töten können. Reule hatte seine Fähigkeiten stets fair eingesetzt, doch solche Dinge konnten einen Mann verändern. Sogar einen Primus.
    »Da liegst du falsch«, sagte Reule, während er sich mit wachsender Entschlossenheit auf den Weg machte. »Es ist nicht verstärkt. Es ist … rein.«
    Darcio sagte nichts, doch Reule spürte, wie dieser sich eine Bemerkung verkniff, weil er seinem Primus nicht erneut widersprechen wollte. Darcio war ein guter Mann, zurückhaltend und achtsam und stets bemüht, alles sorgfältig zu überdenken. Reule schätzte ihn sehr, und er sorgte dafür, dass der Gedanke Darcio erreichte, bevor sie gemeinsam die Treppe hinaufstiegen.
    Sie erreichten den zweiten Stock des baufälligen Hauses, das schon vor langer Zeit verlassen worden war. Das Dach war undicht und die Decke morsch, so wie auch der Holzboden, über den sie gerade gingen. Reule und Darcio setzten vorsichtig einen Fuß vor den anderen, während sie sich langsam auf eine weitere Treppe zubewegten, die nach Moder und Schimmel stank. Schakale zogen durch die Gegend, plünderten, stifteten Unruhe und besetzten Häuser, wo sie nur konnten. Diese Bande war lange genug da gewesen, um aus dieser Bruchbude ein Zuhause zu machen. So wohnlich, dass sie einen Stuhl in der Mitte des Salons festgeschraubt hatten, um zu foltern. Reule hätte nie davon erfahren, wenn ihnen Chayne nicht zufällig auf der Jagd in die Hände gefallen wäre.
    Reule prüfte die Festigkeit der schmalen Stufen zum Dachgeschoss und fragte sich, wie jemand dort oben sein konnte. Dort hinaufzugelangen, schien eine gefährliche Sache zu sein.
    Er gelangte zum oberen Ende der schmalen Treppe, wobei Darcio ihm wie ein Schatten folgte, und drückte eine schwere, widerspenstige Tür auf. Gleich dahinter klaffte ein Loch im Boden. Ein großer Bereich war weggefault. Reule und Darcio konnten direkt zu dem Stockwerk hinunterblicken, aus dem sie gerade gekommen waren.
    »Du kannst froh sein, dass diese Stufen überhaupt gehalten haben«, murmelte Darcio, während Reule den Raum betrat, indem er vorsichtig an der Wand entlangging. Sein Rudelgefährte hatte recht. Das Loch im Boden war kaum dreißig Zentimeter von der Tür entfernt.
    Und natürlich befand sich sein Ziel genau auf der anderen Seite. Obwohl hier nur ein einziger großer Raum war, konnte er sie noch immer nicht sehen. Es gab einen Berg Kisten, der ihm die Sicht auf sie versperrte, auch wenn er ihre leichte Wärme immer noch spürte.
    »Ich wüsste wirklich gern, wie sie dorthingekommen ist«, sagte Reule. Darcio nickte zustimmend, während sie überlegten, was sie tun sollten.
    »Ich sollte vorgehen. Ich bin leichter. Die Gefahr ist nicht so groß, dass der Boden nachgibt.«
    Stimmt, doch aus irgendeinem Grund wollte Reule die Sache nicht jemand anderem überlassen. Der Schmerz war so bittersüß, beinahe schön in seiner Reinheit und seiner Tiefe. Die Logik besagte, dass jeder, der so tiefen Schmerz fühlen konnte, auch mit dem Gegenteil vertraut war. Also hoffte Reule, dass Schmerz nicht das Einzige war, das sie fühlen konnte.
    »Nein«, antwortete er kurz darauf. »An der Wand ist ein schmaler Streifen, der so aussieht, als wäre er sogar für mich stabil genug. Und weil das mein Spleen ist, sollte ich vielleicht auch derjenige sein, der seinen Hals riskiert.«
    »Mein Primus«, protestierte Darcio.
    »Das war ein Scherz, Shadow. Sei unbesorgt.«
    »Ja, sobald wir aus diesem gefährlichen Höllenloch heraus sind«, erwiderte Darcio mürrisch.
    Reule wandte sich ab, damit dieser sein Lächeln nicht sah. Doch so leicht ließ er sich nicht umstimmen. Adrenalin schoss ihm durch das Blut, während er sich über die feuchten, knarrenden Dielen vorwärtstastete, die schon bald vollständig verrottet wären. Er versuchte,

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