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Gabe des Blutes

Gabe des Blutes

Titel: Gabe des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacquelyn Frank
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er sie falsch verstanden hatte.
    Sánge, bautor mo.
    Reule richtete sich auf, während er sie hochhob und an sich presste, und überlegte, wie er sie aus diesem Verschlag aus Kisten hinausbekommen sollte, ohne dass sie alle beide in den zweiten Stock krachten.
    »Gebt sie mir, mein Primus.«
    Reule blickte über die Schulter und sah in Darcios gleichbleibend graue Augen. Er hätte wissen müssen, dass dieser ihn nicht lange sich selbst überlassen würde. Er trug nicht umsonst den Titel Schatten des Primus, und er war so verlässlich wie die aufgehende Sonne und der wandernde Mond. Er war leichter und schlanker als Reule und daher war es klüger, wenn er das Mädchen trug. Ihrer beider Gewicht würde zusammen ungefähr dem von Reule entsprechen.
    Trotz Darcios Protest von vorhin und seinen Zweifeln vertraute Reule darauf, dass er sich um das Mädchen kümmerte. Darcio war ihm gegenüber absolut loyal. Ohne Bedenken hob Reule sie über die Kiste und übergab sie ihm. Er sah, wie Darcio wegen ihres Geruchs die Nase rümpfte und dann erschauerte, als er die schreckliche Kälte ihres Körpers spürte. Wenn es etwas gab, was Sánge beinahe genauso hassten wie Schakale, dann war es Kälte.
    »Du gehst zuerst, und ich komme mit etwas Abstand nach, damit wir das Gewicht verteilen«, wies Reule ihn an.
    Sie atmeten erst auf, als sie sicher im zweiten Stock waren, und Reule nahm Darcio das Mädchen rasch ab.
    »Schnell, hol die anderen hier heraus. Erledigt die übrigen Schakale so schnell wie möglich. Keiner bleibt am Leben. Wenn sie uns in Ruhe gelassen hätten, würde ich das vielleicht anders sehen, aber dieser Haufen wird für das bezahlen, was er Chayne angetan hat. Der Gott und die Göttin wissen, was sie dem Mädchen angetan haben. Geh. Und zwar gleich. Bevor uns dieses Ungetüm um die Ohren fliegt. Wir treffen uns bei den Pferden.«
    Darcio stimmte den Anweisungen gar nicht erst zu, sondern drehte sich einfach um, um sie auszuführen. Als er das baufällige Gebäude verließ, beschloss Reule, dass er es bis auf die Grundmauern niederbrennen würde, sobald Schnee fiel und keine Gefahr bestand, dass der Funkenschlag die trockenen Herbstfelder in Brand setzte. Obwohl das Haus im Sumpfland stand, konnte ein starker Windstoß Funken meilenweit davontragen, bis zu den trockenen Ebenen. Doch das Haus musste brennen. Es stellte eine Gefahr dar, und er würde nicht ruhen, bis das nutzlose Gebäude in Schutt und Asche lag.
    Der nächtliche Mond wanderte weiter, das matte Gold war bereits verschwunden, und die Dämmerung war nicht mehr weit. Er wollte das Rudel vor der nächsten Abenddämmerung nach Hause in Sicherheit bringen, hinter die hohen Mauern von Jeth City.
    Auch Chayne hatte unter seinem Schutz gestanden, einer aus seinem Rudel, und er, Reule, hatte zugelassen, dass er zwei Tage lang verschwunden war. Reule würde sich mit den schrecklichen Folgen auseinandersetzen müssen, wenn sie wieder in Jeth waren. Er betete inbrünstig, dass es nicht mit Chaynes Tod endete. Chayne war ein wertvoller Jäger und ihr bester Fährtenleser. Die Vorratskeller und die Bäuche von Jeth Keep brauchten seine Fähigkeiten. Seine Mutter und seine Schwester waren ebenfalls auf ihn angewiesen, weil beide verwitwet waren. Er musste sich jetzt um die beiden kümmern, und auch um die drei Kinder seiner Schwester. Die Kleinen verehrten Chayne. Er war ein Rudelgefährte, der erste Fährtenleser. Eine verdiente Ehre, die ihm den Platz an der Seite ihres Rudelanführers eintrug. Jedes Jeth-Kind sollte so jemanden haben, zu dem es aufschauen konnte, während es heranwuchs.
    Obwohl er wusste, dass Chaynes Familie im Notfall versorgt wäre, konnte Reule ihnen nicht so viel Aufmerksamkeit widmen, wie sie eigentlich bräuchten. Doch welcher Primus der Sánge könnte das schon? Mit einer immer größer werdenden Provinz, die er regieren musste, dem Erlassen von Gesetzen, dem Schlichten von Streit und dem Aufspüren von Schakalen, wer hatte da noch Zeit, an einen Hausstand zu denken, geschweige denn, sich darum zu kümmern?
    Solche bedrückenden Gedanken trieben ihn weiter, während er die Kälte der Herbstnacht ertrug und seinen Schützling in Sicherheit brachte. Zumindest in relative Sicherheit. Als er bei den Pferden ankam, war sie noch kälter als zuvor. Doch sie zitterte nicht, entweder, weil sie bewusstlos war, oder weil sie bereits zu schwach war.
    Die Pferde wieherten leise und stampften mit den Hufen, als wollten sie ihren Unmut darüber zeigen,

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