Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gabriel Lambert

Gabriel Lambert

Titel: Gabriel Lambert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
Vom Netzwerk:
dieser Dienst hatte ihnen kein Mitgefühl für ihren Herrn eingefl ößt.
    Wir gingen durch eine Reihe von Zimmern, die mir kostbar aus-gestattet vorkamen, ohne daß ich jedoch prüfen konnte, ob sie tat-sächlich so kostbar waren, wie sie schienen, und gelangten in das Schlafzimmer; das Bett war ungemacht, wie es sein Herr verlassen hatte. An der Wand, neben dem Kopfkissen, bequem zu erreichen, hingen ein paar Pistolen und ein türkischer Dolch.
    Wir legten den Verwundeten auf sein Bett, die zwei Bedienten und ich, denn die zwei Zeugen, die ihre Gegenwart für unnütz hielten, hatten sich schon entfernt. Als ich sah, daß die Wunde nicht mehr blutete, verband ich ihn richtig. Sobald dies geschehen war, hieß der Verwundete durch ein Zeichen die Bedienten weggehen, und wir blieben allein.
    Trotz des geringen Anteils, den ich bis jetzt an Herrn de Faverne, der mir einen gewissen Widerwillen einfl ößte, genommen hatte, be-trübte mich die Vereinsamung, in der ich ihn zurücklassen sollte.
    Ich schaute umher, heftete meine Augen auf die Tür und erwartete immer, jemand eintreten zu sehen, aber ich wurde in meiner Erwartung getäuscht.
    Doch ich konnte nicht länger bei ihm bleiben, meine täglichen Geschäfte riefen mich; es war halb acht, um acht Uhr mußte ich in der Charité sein.
    »Haben Sie denn niemand zu Ihrer Pfl ege?« fragte ich.
    »Niemand«, antwortete er mit dumpfem Ton.
    »Haben Sie keinen Vater, keine Mutter, keinen Verwandten?«
    »Niemand.«
    »Keine Geliebte?«
    Er schüttelte seufzend den Kopf, und es kam mir vor, als murmelte er den Namen Luise; doch was er sagte, war so undeutlich, daß ich mir keineswegs sicher war.
    »Ich kann Sie nicht so verlassen«, sagte ich.
    »Schicken Sie mir eine Wärterin«, erwiderte der Verwundete.
    »Sagen Sie ihr, ich werde sie gut bezahlen.«
    Ich stand auf, um ihn zu verlassen.
    »Sie gehen schon?« fragte er.
    »Ich muß, ich habe meine Kranken; wären es Reiche, so hätte ich vielleicht das Recht, sie warten zu lassen; doch es sind Arme, und ich muß pünktlich sein.«
    »Sie werden im Verlauf des Tages wiederkommen, nicht wahr?«
    »Ja, wenn Sie es wünschen.«
    »Gewiß, und so bald als möglich, nicht wahr?«
    »So bald als möglich.«
    »Sie versprechen es mir?«
    »Ich verspreche es Ihnen.«
    »Gut.«
    Ich ging zwei Schritte zur Tür, der Verwundete machte eine Bewegung, als wollte er mich zurückhalten und den Mund öff nen.
    »Was wünschen Sie?« fragte ich.
    Er ließ seinen Kopf wieder sinken, ohne zu antworten.
    Ich näherte mich ihm.
    »Sprechen Sie«, fuhr ich fort. »Wenn es in meiner Macht liegt, Ihnen einen Dienst zu leisten, werde ich es tun.«
    Er schien einen Entschluß zu fassen.
    »Sie haben mir gesagt, die Wunde wäre nicht tödlich?«
    »Ich habe es gesagt.«
    »Können Sie mir dafür einstehen?«
    »Ich glaube; wenn Sie jedoch irgendeine Anordnung zu treff en haben …«
    »Nicht wahr, das heißt, ich könnte jeden Augenblick sterben?«
    Und er wurde noch bleicher, kalter Schweiß perlte an seinem Haaransatz.
    »Ich habe Ihnen gesagt, die Wunde wäre nicht gefährlich, zu gleicher Zeit bemerkte ich aber auch, sie wäre bedenklich.«
    »Mein Herr, nicht wahr, ich darf Vertrauen zu Ihrem Wort haben?«
    »Man muß diejenigen, an denen man zweifelt, nicht fragen …«
    »Nein, nein, ich zweifl e nicht an Ihnen. Nehmen Sie«, fügte er hinzu, indem er mir einen Schlüssel bot, den er von einer um den Hals hängenden Kette löste, »öff nen Sie mit diesem Schlüssel die Schublade jenes Sekretärs dort.«
    Ich tat, was er von mir verlangte; er erhob sich auf einen Ellenbogen; alles, was ihm von Leben blieb, schien sich in seinen Augen zusammengedrängt zu haben.
    »Sie sehen ein Portefeuille?« sagte er.
    »Hier ist es.«
    »Es ist voll von Familienpapieren, die nur mich interessieren; Doktor, schwören Sie mir, dieses Portefeuille, wenn ich sterbe, in das Feuer zu werfen.«
    »Ich verspreche es Ihnen.«
    »Ohne die Papiere zu lesen?«
    »Das Portefeuille ist mit einem Schlüssel geschlossen.«
    »Ein solches Schloß ist leicht zu öff nen.«
    Ich legte das Portefeuille wieder hin. Obgleich das Wort beleidi-gend war, hatte es mir mehr Ekel als Zorn eingefl ößt.
    Der Kranke sah, daß er mich verletzt hatte.
    »Verzeihen Sie«, sagte er, »ich bitte Sie tausendmal um Verzeihung; der Aufenthalt in den Kolonien hat mich mißtrauisch gemacht.
    Vergeben Sie, nehmen Sie das Portefeuille wieder, und versprechen Sie mir, es zu verbrennen, wenn ich

Weitere Kostenlose Bücher