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Gabun - Roman

Gabun - Roman

Titel: Gabun - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meinrad Braun
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Parallel zu dem Film, in dem Malariaplasmodien, Hakenwürmer und wimmelnde Ebolaviren in Großaufnahme gezeigt wurden, führte Wessings Stimme am Rand meines Bewusstseins weiter aus, weshalb in Gabun Visa auch am Flughafen oder gleich im Ministerium ausgestellt werden könnten, wenn man Vertrauen in die Gäste setze. Das Wort »Vertrauen« wurde in meinem Film kurz als rotes Banner eingeblendet und verschwand.
    Nach den Mikroben erschienen auf der Leinwand die Giftschlangen, vor allem die Schwarze Mamba, an die ich mich aus dem Studium erinnerte. Bis zu drei Meter lang, äußerst aggressiv und so dick wie ein Unterschenkel. Kann von Bäumen herunter angreifen, ihr Nervengift ist absolut tödlich, sogar für einen tonnenschweren Büffel. Wessing nannte derweil ein paar französische Namen von Regierungsvertretern, die ich sofort wieder vergaß, dann erschienen in meinem Film die Wildbienen, die ganze Dörfer entvölkern können, wenn sie schlecht auf die Bewohner zu sprechen sind, und als die Bienen davongesurrt waren, kamen Treiberameisen. Sie strömten aus allen Himmelsrichtungen auf mich zu, drei Schichten Ameisen hoch, und fraßen unterwegs, ohne ihr Tempo merklich zu verringern, die Büsche am Waldrand, das Gras vor meinen Füßen und die gesamte Ausrüstung auf, die ich vor meinem Zelt, einem schlappen Hundehüttenmodell, abgelegt hatte. Ich versuchte im Geist, an der Zeltstange hochzuklettern, und dachte noch, dass Feuer die wirksamste Waffe gegen sie war, weil Feuer das Einzige ist, was sie nicht fressen können. Gewaltsam riss ich mich schließlich aus meinem Film heraus, mit einem hilflos gefassten Vorsatz: Ich würde immer ein Feuerzeug einstecken haben.
    Ich atmete schwer. Zu Wessing, der inzwischen verstummt war, entweder weil er fürs Erste genug mitgeteilt hatte oder weil er bemerkt hatte, dass ich nicht mehr zuhörte, sagte ich: »Ich brauche ein bisschen Zeit. Wenn das schon in drei Tagen sein soll.«
    »Kein Problem. Ich sage Alina morgen Bescheid, dass du krank bist. Und übermorgen holst du deine Papiere und deinen Lohn ab. Dann besprechen wir alles Weitere. Ach ja: Verkauf deine alte Kiste. Schlaf dafür noch zwei Nächte im Hotel, da kannst du wenigstens duschen.«
    An den nächsten beiden Tagen hatte ich zu tun. Meine persönlichen Besitztümer, soweit sie nicht in den Subaru gepasst hatten, waren vermutlich inzwischen durch den Reißwolf gegangen. Denn Lea hatte mir in ihrer letzten SMS vor vierzehn Tagen, am Tag nach unserer Trennung, angekündigt, sie werde die Sachen vom Sperrmüll abholen lassen, wenn ich nicht binnen vierundzwanzig Stunden käme und sie davon befreite. Bei der Gelegenheit wolle sie auch ihren Hausschlüssel zurückhaben, sonst werde sie das Schloss auswechseln lassen. Damals noch im Stadium bitteren Gekränktseins dachte ich nicht daran, brav aufzukreuzen und meine Wäsche, meine Pullover und was immer ich ein halbes Jahr zuvor in Leas schicke Drei-Zimmer-Wohnung in der Bleibtreustraße transportiert hatte, wieder abzuholen. Das bedeutete, ich besaß bloß ein paar T-Shirts, zwei alte Jeans und ein paar rasch zusammengekaufte Unterhosen von Tchibo. Und meinen Memorystick, den ich am Schlüsselbund trug, auf dem meine Doktorarbeit, mein übriges geistiges Leben in Datenform und ein paar Fotos aus glücklicheren Tagen gespeichert waren.
    Während ich am Kurfürstendamm an den Schaufensterauslagen vorbeiging, um mich inspirieren zu lassen, dachte ich an Lea. Ich dachte überhaupt oft an sie. Meistens sah ich ihr vor Zorn flammendes Gesicht vor mir, ein Gesicht voll unbeirrbarer Selbstgerechtigkeit, das aus dem Vorhang ihrer Schneewittchenhaare herausleuchtete. Ich liebte sie, wenn sie zornig war. Liebte die Hitze, die Wut, mit der sie auf mich losging. Nichts davon war mir eigen. Bloß eine Portion Ironie brachte ich zustande, etwas passiven Widerstand, das reichte aber schon, um Lea in Fahrt zu bringen. Vielleicht hätte ich an unserem letzten gemeinsamen Tag nicht sagen sollen, ich wäre kein Zuchthengst, und vielleicht auch nicht, dass Kinder einem den Alltag schwer machten, die Erotik versauten, von der Karriere ganz zu schweigen, weil sie die egoistischsten Lebewesen wären, die es gäbe. Ich wüsste das, ich wäre auch mal eins gewesen.
    »Und das bist du immer noch!«, hatte Lea mich angeschrien. Dann, zu schrecklich irritierender Ruhe wechselnd: »Ich will dich hier nicht mehr sehen. Ich werde dich nicht weiter durchziehen. Ich such mir einen Erwachsenen. Raus.«
    Das

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