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Gabun - Roman

Gabun - Roman

Titel: Gabun - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meinrad Braun
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der unerschütterlich und aufmerksam danebenstand.
    »Sag mir«, fragte Ignazio interessiert, »bist du ein Novize?«
    »Nein«, mischte sich Rainerio ein, »er ist …«
    »Kommt, Abt, lasst den Jungen sprechen.«
    »Ich bin kein Mönch, sondern ein Converso «, erwiderte Uberto, und er wunderte sich, wie vertraulich der Händler mit dem Abt umging. »Die Brüder haben mich gefunden, als ich noch in den Windeln lag. Ich bin an diesem Ort aufgewachsen und erzogen worden.«
    Über Ignazios Gesicht glitt ein Anflug von Traurigkeit, bevor es wieder distanzierte Gleichmut zeigte.
    »Er ist ein ausgezeichneter Kopist«, fügte der Abt hinzu. »Ich lasse ihn oft kurze Kodizes abschreiben oder Dokumente aufsetzen.«
    »Ich helfe, wo ich kann«, gab Uberto eher verlegen als bescheiden zu. »Man hat mich gelehrt, Latein zu lesen und zu schreiben.« Er zögerte einen Augenblick. »Ihr … du bist viel gereist?«
    Der Händler nickte und verzog leicht das Gesicht, als wolle er so ausdrücken, wie viele Mühen er auf seinen Irrfahrten ausgestanden hatte. »Ja, ich habe viele Orte besucht«, sagte er. »Wenn du möchtest, können wir später gerne darüber reden. Mit Erlaubnis des Abtes werde ich einige Tage hier verweilen.«
    Rainerio setzte eine väterliche Miene auf. »Mein Lieber, wie ich schon als Antwort auf Euren Brief schrieb, sind wir glücklich darüber, Euch beherbergen zu dürfen. Ihr werdet im Gästehaus neben der Klosterkirche schlafen und könnt mit mir und den Mönchen im Refektorium speisen. Ihr sollt schon heute Abend an meinem Tisch sitzen.«
    »Dafür danke ich Euch, Vater. Nun würde ich gern meine Truhe in dem Zimmer abstellen, das Ihr uns zugedacht habt. Willalme hat sie den ganzen Weg von dort, wo uns der Fährmann abgesetzt hat, hierhergeschleppt, und sie ist sehr schwer.«
    Der Abt nickte zustimmend, dann durchschritt er den Vorraum, öffnete das Portal und blickte sich draußen suchend um. »Hulco, bist du da?«, rief er und versuchte, durch den dichten grauen Vorhang des Platzregens etwas zu erkennen.
    Eine seltsame Gestalt näherte sich schwankend, gebückt unter der Last eines Bündels Brennholz auf der Schulter. Anscheinend machte dem Mann der Regen nichts aus. Er war kein Mönch, sondern sah eher aus wie ein Bauer oder besser noch wie einer der Hausknechte, denen man die handwerklichen Arbeiten des Klosters übertrug. Das musste dieser Hulco sein. Er stammelte etwas in einer unverständlichen Mundart.
    Sichtlich verärgert, dass er selbst dem Knecht Anweisungen erteilen musste, sprach Rainerio zu ihm, als wolle er einem Tier etwas beibringen: »Gut, Sohn … Nein, lass das Holz. Leg es hierhin, hier. Brav. Nimm eine Schubkarre und hilf den Herren, diese Truhe ins Gästehaus zu bringen. Ja, dorthin. Und pass auf, dass du sie nicht fallen lässt. Gut, begleite sie dorthin.« Seine Miene änderte sich schlagartig, als er sich wieder an seine Gäste wandte: »Er ist grob, aber willig. Wenn Ihr sonst nichts mehr benötigt, erwarte ich Euch dann in Kürze im Refektorium zum Abendessen.«
    Nachdem sie sich von Rainerio und Uberto verabschiedet hatten, folgten die beiden Reisegefährten Hulco, der, obwohl er das Holzbündel abgelegt hatte, immer noch gebückt und schwankend ging und dabei die Fersen tief in den Morast drückte.
    Der Regen hatte aufgehört. Die Wolken teilten sich und machten einem rötlichen Sonnenuntergang Platz. Schwärme kreischender Schwalben wirbelten durch die Luft, begleitet von einem Wind, der nach Salz und Meer roch.
    Am Gästehaus angekommen, wandte sich Hulco den beiden Reisenden zu. Die letzten Schimmer Tageslicht beleuchteten seinen ungeschlachten Körper. Unter einer abgeschabten Kappe sahen stoppelige Haare und eine Knollennase hervor. Ein dreckiger Kittel und eine an den Knien fadenscheinige Hose rundeten den erbärmlichen Anblick ab.
    »Domini illustrissimi«, nuschelte er. Darauf folgte eine Litanei in unsäglich stümperhaftem Latein, die so etwas heißen sollte wie: »Die Herrschaften wünschen, dass ich die Truhe hineinbringe?«
    Auf ein Nicken hin hob der Diener die Truhe von der Karre und schleppte sie mühsam ins Innere des Gebäudes.
    Das Gästehaus war beinahe zur Gänze aus Holz erbaut, die Wände mit Rohrgeflecht verkleidet. Am Eingang erwartete sie bereits ein eher finster wirkender Kerl mit stechenden Augen, der einen Kittel aus Flachsstoff trug. Ginesio, der Verwalter des Hauses, begrüßte die Reisenden und erklärte ihnen, dass der Abt ihm befohlen habe,

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