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Gai-Jin

Gai-Jin

Titel: Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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Sir, vier Monate lang – ich bin über Shanghai hierhergekommen und erst vor wenigen Tagen eingetroffen.« Tyrer war froh, reden zu können, um seine Gedanken von diesen grausigen Dingen abzulenken. »Das Foreign Office meinte, ein kurzer Aufenthalt in Peking, um die chinesischen Schriftzeichen zu lernen, könnte uns beim Japanischen helfen.«
    »Zeitverschwendung. Wenn Sie Japanisch sprechen wollen, wenn Sie es richtig lesen und schreiben lernen wollen, können Ihnen chinesische Schriftzeichen nicht helfen, ganz und gar nichts.« Er schob den reglosen Struan in eine günstigere Position. »Wieviel Japanisch können Sie?«
    Tyrers Elend verstärkte sich. »So gut wie gar keins, Sir. Nur ein paar Worte. Man sagte uns, in Peking würde es japanische Grammatiken und Bücher geben, aber das stimmte nicht.«
    Trotz seiner ungeheuren Besorgnis über den ganzen Zwischenfall hielt Babcott einen Moment inne und lachte. »Grammatiken sind so selten wie Drachenschwänze, und japanische Wörterbücher gibt es, soweit ich weiß, überhaupt nicht, bis auf das von Father Alvito aus dem Jahre 1601, und das ist portugiesisch – von dem ich nie etwas gesehen, nur etwas gehört habe –, und das, an dem Reverend Priny seit Jahren arbeitet.« Er streifte Struan das weiße, blutdurchtränkte Seidenhemd ab. »Sprechen Sie Holländisch?«
    »Auch nur ein paar Worte. Eigentlich sollten alle angehenden Dolmetscher für Japan einen sechsmonatigen Kurs absolvieren, aber das Foreign Office hat uns mit dem erstbesten Dampfer losgeschickt. Warum ist Holländisch die offizielle Fremdsprache, die von der japanischen Bürokratie benutzt wird?«
    »Ist es nicht. Das F.O. irrt sich, und es irrt sich in vielerlei Hinsicht. Aber es ist die einzige europäische Sprache, die gegenwärtig von einigen Bakufu gesprochen wird – ich werde ihn jetzt ganz leicht anheben, und Sie ziehen ihm die Stiefel und anschließend die Hose aus, aber vorsichtig.«
    Ungeschickt, nur mit seiner gesunden Linken, gehorchte Tyrer.
    Nun lag Struan nackt auf dem Operationstisch. Dahinter waren chirurgische Instrumente, Salben und Fläschchen aufgereiht. Babcott wandte sich ab und legte eine schwere, wasserdichte Schürze an. Sofort sah Tyrer in ihm nur noch den Schlachter. Der Magen drehte sich ihm um, und er schaffte es gerade noch zum Becken.
    Babcott seufzte. Wie viele hundert Male hab ich mir die Seele aus dem Leib gekotzt! Aber ich brauche unbedingt Hilfe, also muß dieses Bübchen erwachsen werden. »Kommen Sie, wir müssen schnell arbeiten.«
    »Ich kann nicht, ich kann einfach nicht…«
    Sofort wurde der Ton des Arztes gröber. »Sie kommen jetzt sofort und helfen mir, oder Struan wird sterben, und bevor ich das zulasse, werde ich Ihnen die Hölle heiß machen!«
    Unsicher kehrte Tyrer an seine Seite zurück.
    »Nicht hier, verdammt noch mal – mir gegenüber! Halten Sie seine Hände fest!«
    Bei Tyrers Berührung schlug Struan ganz kurz die Augen auf; dann versank er, lautlos die Lippen bewegend, wieder in seinem Alptraum.
    »Ich bin’s«, murmelte Tyrer, der nicht wußte, was er sonst sagen sollte.
    Auf der anderen Tischseite entkorkte Babcott die kleine, unbeschriftete Flasche und goß ein wenig gelblich-ölige Flüssigkeit auf einen dicken Leinenbausch. »Halten Sie ihn fest«, befahl er und preßte Struan den Bausch auf Mund und Nase.
    Sofort hatte Struan das Gefühl, ersticken zu müssen; er versuchte den Bausch zu packen und mit erstaunlicher Kraft wegzureißen. »Um Gottes willen, halten Sie ihn doch fest!« fauchte Babcott. Seinen verletzten Arm vergessend, packte Tyrer abermals Struans Handgelenke, schrie auf, vermochte ihn jedoch festzuhalten, obwohl die Ätherdämpfe ihn abstießen. Immer weiter wehrte sich Struan, drehte und wand sich, suchte zu entkommen, fühlte sich unerbittlich in diesen bodenlosen Pfuhl hinabgezogen. Allmählich ließen seine Kräfte nach und erlahmten schließlich ganz.
    »Ausgezeichnet«, lobte Babcott. »Erstaunlich, wie stark die Patienten manchmal sind.« Er drehte Struan auf den Bauch und legte das wahre Ausmaß der Wunde frei, die im Rücken begann und sich unter dem Rippenbogen bis fast zum Nabel herumzog. »Beobachten Sie ihn sorgfältig, und wenn er sich rührt – wenn ich Ihnen befehle, ihm noch einmal Äther zu geben…« Aber Tyrer war schon wieder am Becken. »Beeilen Sie sich!«
    Babcott wartete nicht auf ihn, sondern arbeitete mit fliegenden Händen. Er war an Operationen unter weit schlimmeren Umständen gewöhnt:

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