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Gai-Jin

Gai-Jin

Titel: Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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Eimer an andere weiter, die oben standen und die Dachschindeln benetzten. Nebenan bei Brock’s taten Gornt und andere dasselbe.
    »Herrgott, seht mal!« schrie jemand, jetzt hüllten Brände das ganze Dorf und die Silhouette von Drunk Town ein. Der Wind blies ihnen heiß und zornig ins Gesicht.
    »Mon Dieu«, murmelte Angélique, die einen schweren Mantel über dem Nachthemd und ein Kopftuch trug. Bei der ersten Warnung war sie hastig ins Freie geeilt. Nun war ihr klar, daß das Feuer sie bald erreichen würde. Also lief sie ins Haus zurück und in ihr Zimmer hinauf, stopfte rasch Bürsten und Kämme, Salben, Cremes und Rouge in eine Tasche, dann ihre beste Wäsche. Sie überlegte einen Augenblick, öffnete dann entschlossen das Fenster, rief Ah Soh, die unten stand, zu, sie solle dort bleiben, und fing an, ihr Kleider und Mäntel zuzuwerfen.
    Ah Soh schnaubte und rührte sich nicht. MacStruan, der in der Nähe war, schrie in perfektem Kantonesisch: »Ah Soh, du mutterlose Hure, hol Tai-tais Sachen, paß auf sie auf und bleib da, und wenn das Feuer der Hölle auf dich fällt, sonst schlage ich die Sohlen deiner Füße zu Brei!« Sie gehorchte auf der Stelle. »Angélique«, rief er zum Fenster hinauf, »wir werden rechtzeitig gewarnt, bleiben Sie im Warmen, bis ich Sie rufe!«
    »Danke, Albert.« Sie sah Gornt, der vom Nachbarhaus zu ihr hochblickte und winkte. Sie winkte zurück, jetzt verspürte sie keine Angst mehr. Albert würde sie rechtzeitig warnen, Sicherheit wartete auf der anderen Straßenseite oder in Booten, die sich am Ufer sammelten. Alle Sorge fiel von ihr ab. Vor einer Weile hatte sie entschieden, wie sie mit André und Skye und der Frau in Hongkong umgehen würde. Und, was sie morgen Gornt sagen würde. Und, was sie tun würde.
    Eine Melodie von Mozart summend, setzte sie sich vor den Spiegel, um sich für jedermann präsentabler zu machen. Es war wie in alten Zeiten. So, und was ziehe ich jetzt an? Was wäre am besten?
    Raiko folgte dem dicklichen Diener durch die Überreste ihrer Herberge. Ihr Gesicht war geschwärzt, ihre Haare schwer von Asche und Staub, ihr Kimono versengt und zerrissen. Beide trugen Rauchmasken, aber sie husteten und keuchten trotzdem von Zeit zu Zeit. »Mehr nach links«, krächzte sie mit trockener Kehle und setzte ihren Inspektionsgang fort. Nur noch Reste von steinernen Stützen, saubere Rechteckmuster in der Asche, zeigten an, wo Gebäude gestanden hatten.
    »Ja, Herrin.«
    Über das Heulen des Windes hinweg konnten sie vage Rufe, gelegentliches Weinen und das Läuten der Feuerglocken aus dem Dorf und der Niederlassung hören. Raiko hatte ihre anfängliche Panik überwunden. Feuer kommen vor, sie sind das Werk der Götter. Macht nichts, ich bin am Leben. Morgen werde ich herausfinden, wodurch das Feuer verursacht wurde, ob es eine Explosion war, wie einige behaupten, obwohl einem der üble Wind Streiche spielen und der Knall durchaus von einem schlecht plazierten Ölkrug stammen kann, der in ein Küchenfenster gefallen und explodiert ist, als der Brand begann. Die Herberge ›Zu den drei Karpfen‹ gibt es nicht mehr. Und auch alle anderen nicht mehr, fast alle. Aber ich bin nicht ruiniert, noch nicht.
    Eine Gruppe weinender Kurtisanen und Zofen tauchte aus der Nacht auf. Raiko erkannte Frauen aus der Herberge ›Zum grünen Drachen‹, aber keines ihrer eigenen Mädchen war dabei. »Hört auf zu weinen«, befahl sie. »Geht zu den ›Sechzehn Orchideen‹, da sammeln sich alle. Das Haus ist nicht schlimm beschädigt, es gibt Betten für alle, Essen und Trinken. Helft denen, die verletzt sind. Wo ist Huoko-san?« Das war die Mama-san der Herberge ›Zum grünen Drachen‹.
    »Wir haben sie nicht gesehen«, sagte ein Mädchen unter Tränen. »Ich war mit einem Kunden zusammen und konnte nur noch mit ihm in den unterirdischen Schutzraum laufen.«
    »Gut. Und nun geht da entlang, und seid vorsichtig«, sagte Raiko, mit sich selbst zufrieden, denn sie erinnerte sich, daß, als die Yoshiwara vor etwas über zwei Jahren gebaut worden war, sie den Vorschlag gemacht hatte, jedes Teehaus müsse in der Nähe des Haupthauses einen feuerfesten Keller bekommen. Zur weiteren Sicherheit hatte sie angeregt, die Schutzräume gegen Feuer unterirdisch anzulegen. Nicht alle Mama-sans waren einverstanden gewesen, hatten gemeint, die zusätzlichen Kosten lohnten sich nicht. Macht nichts, das ist ihr Verlust. Wir wollen sehen, wie viele von ihnen morgen jammern und sich an die Brust schlagen

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