Galaxis Science Fiction Bd. 06
Meteoritentheorie – behauptete zum Beispiel, daß der Sonnenofen immer wieder durch einschlagende Meteoriten von neuem angeheizt werde. Berechnungen ergaben, daß Meteoriten im Umfang einer Erdmasse pro Jahrhundert ausreichen würde, um den Energieverlust der Sonne infolge Abstrahlung wieder zu ersetzen. Eine Erdmasse pro Jahrhundert war andererseits im Verhältnis zu der Gesamtmasse der Sonne so wenig, daß Jahrhunderte vergehen müßten, um den Massenzuwachs der Sonne durch Direktbeobachtung entdecken zu können.
Allerdings gab es einen wichtigen Einwand, der gegen die Richtigkeit dieser Theorie sprach. Es war unmöglich, daß alle diese Meteoriten sich irgendwoher aus dem Weltraum in gerader Linie in die Sonne stürzen würden. Sie müßten sich der Sonne auf einer immer enger werdenden Spiralbahn nähern, was also bedeutete, daß mehrere Erdmassen Meteoritenmaterie sich in Sonnennähe befinden mußten – falls wirklich die Theorie richtig war. Eine solche Ansammlung von Meteoriten hätte man jedoch ohne Schwierigkeiten sehen müssen. – vielleicht sogar mit bloßem Auge. Es war aber nichts zu sehen, und deshalb konnte diese Erklärung für die Ursache der Sonnenenergie nicht stimmen – zumindest nicht in einem solchen Umfang. Der Beitrag der Meteoriten zum Energiehaushalt der Sonne konnte nur nebensächlicher Natur sein.
Eine andere Erklärung versuchte die Helmholtzsche Kontraktionstheorie zu geben, die die Entstehung der Sonnenenergie auf eine allmähliche Zusammenziehung des Sonnenballs zurückführte. Diese Theorie verlangte nicht nach Meteoriten, deren Einschlagsenergie die Sonne aufheizte, sondern behauptete, daß derselbe Effekt auch durch Partikelchen der Sonnenmaterie hervorgerufen werden konnte, die von den äußeren Schichten der Sonne nach innen fielen. Das Ergebnis dieses ununterbrochenen Fallens wäre dann eine allmähliche Zusammenziehung der Sonne, aber Helmholtz wies nach, daß eine solche Kontraktion so minimal wäre, daß man auch sie erst nach vielen Jahrhunderten feststellen könnte.
Auch diese Theorie hatte jedoch ihre Schattenseiten. Erstens einmal konnte dieser Prozeß der Kontraktion, nicht ewig so weitergehen. Nach rund acht oder zehn Millionen Jahren würde auf diese Weise die Sonne ihr Leben als strahlender Stern beendet haben. Das in sich selbst sprach natürlich noch nicht gegen die Theorie. Wenn die Sonne zu diesem für menschliche Verhältnisse in weiter Ferne liegenden Zeitpunkt einmal aufhören würde zu scheinen, dann war das eben eine Tatsache, mit der man sich abfinden mußte.
Das wichtigste Argument gegen die Kontraktionstheorie bezog sich jedoch auf die Vergangenheit der Sonne. Man konnte natürlich mit Hilfe derselben Methoden auch das inzwischen erreichte Alter der Sonne berechnen, und diese Berechnungen zeigten, daß danach die Sonne viel zu jung sein würde. Die Geologen – selbst vor der Entdeckung radioaktiver Meßtechniken – wußten, daß die Erde viel älter sein mußte, und einige mutige Zoologen und Paläontologen behaupteten sogar, daß irdisches Leben viel länger existieren würde als nach der Kontraktionstheorie die Sonne.
Nachdem auf diese Weise die eine Theorie – Meteoriten –
von ihnen selbst und die andere – Kontraktion – von den Geologen widerlegt worden war, wußten die Astronomen nicht mehr aus noch ein.
Einer von ihnen schrieb damals verzweifelt: »Wenn wir nur wüßten, wieviel von der Sonnenmasse flüssig, wieviel fest und wieviel gasförmig ist, dann könnten wir vielleicht eine Antwort finden.«
Wir wissen heute, daß in einer Kugel weder feste noch flüssige Materie vorhanden sein kann, deren Durchmesser 1,4 Millionen Kilometer, deren Oberflächentemperatur 6000 Celsius-grade und deren Innentemperatur an die 20 Millionen Celsius-grade beträgt. Zu der damaligen Zeit jedoch klang dieser Satz völlig logisch.
Als Ausweg aus der Sackgasse, in der sie sich befanden, schlugen daher einige Astronomen vor, daß die Energieerzeugung der Sonne entweder auf einer Kombination der beiden Theorien beruhen müßten – also Kontraktion und Meteoriteneinfall – oder »auf einem Prozeß, von dessen Natur wir uns im Augenblick noch keine Vorstellung machen können.«
Diese letzte Vermutung eines noch unbekannten Prozesses entsprach den Tatsachen.
Als sie niedergeschrieben wurde, glaubte man allerdings immer noch an die Unteilbarkeit der Atome – das griechische Wort atomos bedeutet unteilbar – und kein Mensch dachte selbst im Traum
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