Galaxis Science Fiction Bd. 06
nicht vor sich gehen, denn unter den tatsächlich herrschenden Bedingungen würde er viel zu schnell ablaufen. Das Ergebnis einer solchen Verschmelzung in unserer Sonne wäre ein einziger greller Lichtblitz – also völlig unmöglich. George Gamov, der bekannte amerikanische Astronom, schrieb damals entsprechend: »Wir wissen deshalb, daß unsere Sonne keinen nennenswerten Betrag von Lithium in ihrem Innern beherbergen kann – genauso wie wir wissen, daß ein langsam brennendes Faß kein Schießpulver enthalten kann.«
Welcher Kernprozeß nun wirklich die Sonne leuchten läßt, wurde zum ersten Male unter etwas ungewöhnlichen Umständen herausgefunden.
Im Jahre 1938 fand in Washington, D. G. ein Kongreß über Theoretische Physik statt, und einer der Teilnehmer war Dr. Hans Bethe aus Cornell. Während er nach Beendigung des Kongresses mit dem Zug wieder nach Hause fuhr, sagte er sich, daß man den richtigen Prozeß eigentlich finden müßte, indem man eine Anzahl der in Frage kommenden Möglichkeiten durchging. Aller Wahrscheinlichkeit nach war der Energieausstoß der einzelnen möglichen Kernprozesse verschieden groß, so daß man – falls man eine Kernreaktion finden würde, die der tatsächlichen Energieproduktion der Sonne entsprach – ziemlich sicher sein konnte, den richtigen gefunden zu haben.
Professor Bethe begann, eine Anzahl wahrscheinlicher Kernprozesse durchzurechnen. Noch bevor der Zug in seiner Heimatstadt angekommen war, hatte er einen gefunden, der das richtige Ergebnis zeigte.
Ein seltsamer Zufall wollte es, daß sein deutscher Kollege Karl von Weizsäcker zur gleichen Zeit zu dem gleichen Ergebnis gelangte. Man nennt deshalb diesen Kernprozeß gewöhnlich den Bethe-Weizsäcker-Zyklus – auch Kohlenstoffzyklus oder englisch Solar Phoenix Reaction. Der englische Name erklärt sich daher, daß ein dabei beteiligtes Kohlenstoffatom am Ende des Prozesses völlig unverändert – wie ein Phönix aus der Asche – wieder auftaucht.
Natürlich läuft in einem sich selbst verzehrenden Feuer wie das der Sonne mit ihrer enormen Größe und ihren enormen Temperaturen nicht nur ein einziger Kernprozeß ab. Ein anderer Prozeß, der in der Sonne vor sich geht, ist der sogenannte Proton-Proton-Prozeß, bei dem zwei Protonen – nichts anderes als Wasserstoffatomkerne – miteinander verschmelzen und dabei ein Positron freigeben Beide Prozesse sind auf den beigefügten Tafeln in allen Einzelheiten dargestellt.
Ob nun der eine oder der andere Prozeß sich in einem Stern abspielt, das hängt von der im Innern des betreffenden Sterns herrschenden Temperatur ab. Bei der Sonne sind es der BetheWeizsäcker-Zyklus und der Proton-Proton-Prozeß, aber es ist augenfällig, daß die Kernprozesse nicht für alle Sterne die gleichen sein können, denn viele Sterne sind heißer als unsere Sonne, andere wiederum kühler.
In einem Stern, wie zum Beispiel dem Sirius, der heißer als unsere Sonne ist, obwohl er dem gleichen Typus angehört, wird der Anteil des Proton-Proton-Prozesses an der Energieerzeugung nur gering sein, während er andererseits in einem schwächer strahlenden Stern die einzige oder zumindest hauptsächliche Energiequelle darstellen mag.
JETZT, wo wir wissen, daß es die Kernverschmelzungsprozesse sind, die einem Stern seine Energie liefern, und nachdem wir auch wissen, bei welchen Temperaturen die jeweiligen Prozesse ablaufen, können wir ein völlig neues Bild von der Entwicklung der Sterne entwerfen.
Sie erinnern sich, wie man sich vor der Kenntnis der Atomenergie die Entwicklung eines Sterns vorstellte.
An den Anfang stellten die damaligen Astronomen eine Gaswolke von äußerst geringer Dichte – man nennt sie heute einen Proto-Stern – die sich infolge allmählicher Zusammenziehung langsam erhitzte und zu strahlen begann. Während dann die Kontraktion immer weiter fortschritt, durchlief der betreffende Stern verschiedene Entwicklungsstufen – eine weiße Phase (Sirius als Beispiel), dann eine gelbe Phase (unsere eigene Sonne) und schließlich, nachdem er den größten Teil seiner Energie abgestrahlt hatte und sich nicht länger mehr zusammenziehen konnte, eine rote Phase. Der Stern starb, wenn er in die schwarze oder unsichtbare Phase eintrat.
Das moderne Bild eines Sternlebens beginnt immer noch mit dem Proto-Stern, der Ursonne – einer unvorstellbar dünnen Ansammlung von Gasmolekülen mit einer Beimischung von kosmischem Staub. Dieser Staub löst sich später ebenfalls in Gas auf,
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