Galaxy Tunes®: Roman (German Edition)
Nonne nickte und schnappte nach Luft. »Fast jede von euch komponierte Musik kann solche Reaktionen bei uns auslösen. Was der Grund ist, warum wir uns für Outfits mit Kopfbedeckungen entschieden haben. Darunter verbergen sich Geräte, die unser Gehör vollständig abschirmen können, wenn wir uns nicht in geschlossenen Räumen aufhalten. Damit schützen wir uns vor der Hintergrundmusik, die nahezu jeden öffentlichen Raum in eurer Gesellschaft erfüllt.«
O’Sama schob einen Finger unter seinen Turban und schien einen Schalter zu betätigen. »Siehst du, ich kann jetzt gar nichts mehr hören!«, brüllte er, dann bewegte er den Finger in die entgegengesetzte Richtung.
»Dann sollte ich lieber die Einstellungen meines Computers verändern«, sagte ich und drehte mich zu meiner Tastatur um. »Weil er jedes Mal Michael Bolton spielt, sobald eine E-Mail hereinkommt.« Das war gelogen. Keiner der beiden konnte auf meinen Monitor blicken, und in Wirklichkeit startete ich das Programm, mit dem ich eidesstattliche Aussagen und andere Gespräche aufzeichnete. Wenn sie nicht wollten, dass ich die Unterhaltung mit meinem Handy filmte, war eine Audiodatei immer noch besser als gar nichts. »Gut. Ihr kennt also meinen Namen. Dürfte ich vielleicht auch nach euren fragen?«
»Du kannst mich Carly nennen«, sagte die Nonne.
Ich nickte einvernehmlich, obwohl ich auf etwas Exotischeres gehofft hatte.
Der Mullah lächelte sanft. »Und mich kannst du Frampton nennen.«
»Es freut mich, eure Bekanntschaft zu machen. Also scheint ihr wirklich große Musik-Fans zu sein. Und ihr möchtet von mir vertreten werden. Wie genau kann Carter, Geller & Marks euch behilflich sein?«
Carly beugte sich zu mir vor, was fast etwas Verschwörerisches hatte. »Wir brauchen eine Lizenz für die gesamte Musik der Menschheit. Die Erlaubnis für … eine recht große Anzahl von Lebewesen, sie zu spielen. Sowohl privat als auch öffentlich. Und sie zu vervielfältigen. Und sie zu senden, mit anderen zu teilen und zu speichern.«
Ich hatte jahrzehntelang Hollywood-Aliens auf der Leinwand bestaunt, aber das alles hatte mich nicht im Geringsten auf dieses unspektakuläre Ansinnen vorbereitet. Doch für einen Anwalt mit Erfahrung in der Durchsetzung von Urheber- und Patentrecht war das überhaupt kein Problem. »Das müsste sich machen lassen«, sagte ich und schaffte es, die Beteuerung so klingen zu lassen, als wäre Carly heute schon die dritte Außerirdische, die mit einem solchen Wunsch an mich herangetreten war. »Für welche Art von Musik möchtet ihr eine Lizenz erwerben?« Ich versuchte, nicht zu schniefen, während ich das sagte. Es gelang mir nicht.
»Für jeden Song, der von Sendern in der Umgebung von New York seit 1977 gespielt wurde. Oder der jemals verkauft oder im Internet gehandelt wurde.«
»Das könnte … kompliziert werden, aber es wäre machbar.« Dieser Schenkelklopfer war ein fast wörtliches Zitat aus einem Pamphlet, das die Partner unserer Kanzlei für einen genialen Werbetext hielten. Die Sozietät verdankt einen großen Teil ihrer üppigen Einnahmen dem Umstand, dass viele Gespräche ähnlich wie dieses beginnen (auch wenn sie bislang nur mit Erdlingen geführt wurden). Ein potenzieller Klient stellt sich vor, dass unsere mit Musik gesättigte Gesellschaft zweifellos über vernünftige und eindeutige Gesetze verfügt, die musikalische Lizenzen regeln. Sie kommen zu uns, weil wir dafür bekannt sind, jeden in der Musikindustrie zu kennen. Also können wir ihnen im Handumdrehen ihre Lizenzen besorgen, richtig?
Sollte man meinen. Aber das Lizenzrecht ist ein verworrenes Dickicht voller Zweideutigkeiten, widersprüchlicher Gesetze und Rechtsstreitigkeiten. Das ist eine katastrophale Situation für Musiker und genauso für Musikliebhaber und unzählige Unternehmen. In Wirklichkeit ist damit niemandem gedient – außer den zynischen Rechtsanwälten, die für Plattenlabels, Lobbyisten, das Repräsentantenhaus, den Senat und diverse parasitäre Anwaltskanzleien wie meine arbeiten. Gemeinsam wären wir durchaus in der Lage, Ordnung in das Chaos zu bringen. Aber das hätte den unnützen Verlust von außergewöhnlich gut bezahlten Arbeitsplätzen im Rechtswesen zur Folge. Also prangern wir empört die furchtbaren Zustände vor unseren möglichen Klienten an, beschimpfen uns gegenseitig in der Öffentlichkeit, um uns dann privat auf einen Drink zu treffen und uns darüber schlapp zu lachen.
Angesichts dieser Umstände müssen
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