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Galgeninsel

Galgeninsel

Titel: Galgeninsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Maria Soedher
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ihn der Vorlage eines Bilderbuches nachempfunden. Fast unwirklich romantisch. Zumindest sah es von außen so aus. Ein breites Wohnhaus mit Krüppelwalmdach wand dem zur Straße hin offenen Hof die Längsseite fast frontal zu. Ein beidseitiger Treppenaufgang führte zur mittig liegenden Haustür. Links und rechts an der Hauswand krochen Efeu und wilder Wein bis zum Dach und vor der Treppe blühten die ersten frühen Stauden. Rechts des Hauses erstreckte sich ein gewaltiger Stadel. Das Schiebetor stand halb offen und von drinnen war Hämmern zu hören. Schielin hatte den Motor abgestellt und klatschte die Autotür besonders heftig zu, um auf sich aufmerksam zu machen. Das Hämmern verstummte. Kurz darauf erschien ein stattlicher Kerl im Tor. Er war weit größer als Schielin, der nicht gerade kleinwüchsig war. Doch der Kerl, der ihm da gegenüber stand war ein mächtiges Kaliber. Der gewaltige Bauch fiel angesichts der hünenhaften Maße kaum unter dem blauen Arbeitsoverall auf. Dunkle Augen blickten finster auf Schielin. Mondringer hatte einen breiten, mächtigen Schädel und unter der Kappe schauten graue Haare hervor. Die Gesichtshaut war braun und Schielin meinte rote Flecken auszumachen. Er ging auf Mondringer zu und stellte sich vor. Nachdem er seinen Namen genannt hatte, konnte er noch sagen, dass er von der Polizei war. Dann unterbrach ihn Mondringer mit einem dumpfen Schrei »Runter von meinem Hof!« Er tat zur Bekräftigung einen Schritt auf Schielin zu. Der blieb stehen. Es war schließlich nicht das erste Mal, dass er derart empfangen wurde. Er sagte mit leiser Stimme, dass er in einem Mordfall ermitteln würde und einige Fragen an Mondringer hätte. Der tat erneut einen Schritt in Richtung Schielin und schrie: »Hau ab! Hau bloß ab!« Es klang wirklich bedrohlich. Die Haustür ging auf und eine Frau erschien auf dem Treppenvorsprung. Schielin sprach zu ihr und wiederholte, was er bereits ihrem Mann gesagt hatte. Sie schwieg. Wieder brüllte Mondringer. Bevor er jedoch auf Schielin zugehen konnte, tat der ein paar schnelle Schritte auf Mondringer zu. »Es reicht jetzt!«, presste er heftig hervor.
    Mondringer war verdutzt. Schielin nutzte den kurzen Augenblick. »Kandras ist ermordet worden und ich will alles über Hoibner wissen. Alles.«
    Es ging gut. Schielin hatte schon überlegt, was er gemacht hätte, wäre der Kerl auf ihn losgegangen. Gerannt wäre er. Was auch sonst.
    Mondringer wandte sich wortlos um, ging in den Stadel und gleich darauf ertönte wieder das Hämmern. Schielin betrat das Halbdunkel der Halle und nahm den Geruch von Gras, Hopfen und Holz auf. Er setzte sich auf ein altes Mostfass in der Nähe, wartete und sah Mondringer zu, der drüben an der Werkbank einen großen rostigen Eisenhaken bearbeitete. Den Fäustel führte er sicher und kraftvoll und war ganz auf das Stück Eisen konzentriert.
    So einer wie Mondringer, dachte Schielin, konnte schon zuschlagen, aber für eine Tat wie sie an Kandras begangen worden war, war er nicht der Typ. Wenn der zuschlug, dann in einer Phase enthemmten Zorns, mit aller Kraft die er aufbieten hätte können. Und er hätte von vorne zugeschlagen, seinem Gegner in die Augen gesehen. Es dauerte noch eine Weile, bis die Taktfolge der Schläge länger wurde.
    Schielin sagte laut: »Hoibner«.
    Mondringer hielt inne, stützte sich wie müde auf die alte Werkbank und ließ den Kopf hängen. Dann drehte er sich um und begann zu sprechen.
    »Der und der Kandras, die haben meinen Buben auf dem Gewissen.«
    Schielin entgegnete nichts und wartete.
    »Die haben ihn richtig fertiggemacht, bis der nimmer hat weiter können.«
    »Und wie?«, fragte Schielin.
    »Der Kandras, ich weiß gar nicht mehr wie der Bub an den Dreckhammel geraten ist. Der Kandras hat unten am See so eine Luxusanlage geplant.« Er hielt inne und überlegte.
    »Premium-Resort«, half Schielin aus.
    Mondringer nickte dem Stück Eisen zu. »Genau. Uns gehört dort unten der Grund. Und deshalb ist der Kandras irgendwie auf den Andy zugekommen. Es gab so Treffen im letzten Jahr. Ein paar Mal war ich auch dabei. Kandras, ein paar Leute von der Bank, Architekten und so.«
    »Ihr Sohn ist als Gesellschafter eingestiegen?«, fragte Schielin.
    Mondringer sah ihn bitter an. »Nein, nein. Das hätten die schon wollen, aber ich war dagegen.«
    »Das war klug.«
    »Da bin ich jetzt anderer Meinung«, antwortete Mondringer bitter.
    »Wie ist das abgelaufen?«
    »Der Andy wollte die Landwirtschaft aufgeben.

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