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Galgeninsel

Galgeninsel

Titel: Galgeninsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Maria Soedher
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gepressten »Dürfte ich erfahren was Sie …«
    Schielin hob einfach die Hand und Hoibner verstummte. Alles in diesem Raum war Angst. Blanke Angst. Wenn er es an Hoibner selbst nicht hatte erkennen können, so doch an dessen Frau. Ihre Blicke, die Körperhaltung. Es war auch nicht so, dass sie das Kind trug. Vielmehr hielt sie sich an dem kleinen Wurm fest. Doch Schielin war nicht fähig, ihrer Angst Mitleid entgegenzubringen. Er sah sich gelangweilt um und seine Stimme klang böse, als er gegen eine Schrankwand fragte: »In welchem Verhältnis standen Sie zu Raimund Kandras?«
    Er wunderte sich selbst über sein harsches Auftreten, das sich aus ihm heraus entwickelte. Er vernahm keine Antwort auf seine Frage, doch aus den Augenwinkeln nahm er wahr, wie sie zusammenzuckte. Ihre Augen flüchteten. Doch wohin? Es war ja ihr Zuhause, ihr Heim, ihre heimelige Puppenstube. Schielin fixierte sie. Der Blonde interessierte ihn im Moment nicht. Nach langen Sekunden hörte er ihn mit leichtem Zittern in der Stimme sagen: »Was ist überhaupt los? Sie stürmen hier herein …«
    Verloren. Er hat verloren, dachte Schielin und drehte sich zu ihm um. »Ich möchte eine Antwort auf meine Frage.«
    Hoibner hätte alles tun können. Schreien, toben, seinen Anwalt verlangen, mit Anzeige und Beschwerde drohen, sogar körperlich massiv werden. Aber sein Verhalten war das eines Feiglings mit schlechtem Gewissen. Einer, der sich wegduckt, wenn er Schiss hat.
    Hoibner war verunsichert. Vielleicht meinte er sich ganz gut im Griff zu haben, doch er wog den Oberkörper, die Schultern waren nach vorne gefallen, seinen rechten Fuß stützte er auf der Sohle ab und wippte. Weit entfernt also von dem was man als souverän hätte bezeichnen können. Dazu log er auch noch miserabel. »Raimund Kandras? Den Namen habe ich sicher schon einmal gehört …«
    Das war so schlecht, dass Schielin ärgerlich wurde. Er hatte die Situation aus Intuition heraus etwas zu schnell eskaliert und wusste im Moment selbst nicht so recht, wie er weitermachen sollte. Schielin entschied sich für die riskante Variante, lachte böse auf und bluffte. »Herr Hoibner. Ich möchte Sie bitten mitzukommen.«
    Er hörte ein Schluchzen in seinem Rücken. Die Frau fragte: »Was ist denn eigentlich los?«
    Schielin schwieg, denn es war nicht klar, wem die Frage gegolten hatte. So wie es klang, meinte sie ihren Mann. Und damit war der in der Zwickmühle; einen rüden Bullen vor sich und die schluchzende Frau mit Kind daneben.
    Schielin war erleichtert und sagte einfach: »Kandras?«
    Endlich redete er. »Ein Immobilientandler. Na und! Natürlich hatte ich mit ihm zu tun. Kümmern Sie sich lieber mal um diesen … Mondringer!«
    Dieser Name brachte Schielin kurzfristig aus dem Konzept und machte ihm klar, wie wenig sein massiver Auftritt und seine Show sich auf ein Fundament solider Kenntnisse stützten. Er hatte immer noch keine Ahnung von den Zusammenhängen und musste nun versuchen elegant aus der Situation herauszukommen. Ohne dass die anderen merkten, wie wenig er wirklich wusste.
    »Mondringer? Der ist doch tödlich verunglückt.«
    Sie war es, die sofort antwortete. Es klang gehetzt. »Ja. Aber sein Vater. Sein Vater lässt uns keine Ruhe. Er terrorisiert uns regelrecht.«
    »Wann hatten Sie das letzte Mal Kontakt zu Kandras?«, fragte Schielin, um das Thema Mondringer vorerst zu parken.
    Hoibner wurde bleich. »Wie meinen Sie das?«
    Schielin war bemüht darum in ruhigeres Fahrwasser zu gelangen, ohne den Druck zu nehmen.. »Wir haben ihn aus dem See gefischt. Er ist ermordet worden.«
    Es war das erste Mal, dass er auf Menschen traf, die von der Nachricht über den Tod von Kandras erschraken. Aber es war kein Erschrecken über das Schicksal des Getöteten. Hervor drang eine Angst, die sie selbst betraf. Sie drückte das Kind enger an sich und Schielin wunderte sich, dass das Kleine bisher so ruhig geblieben war. Hoibner ging einige Schritte rückwärts und setzte sich auf die Lehne eines breiten Ledersessels.
    »Wann hatten Sie den letzten Kontakt zu Kandras?«, wiederholte Schielin.
    Hoibner winkte resigniert ab. »Vor etwa zwei Wochen. Er war auf dem Grundbuchamt, um einige Eintragungen vornehmen zu lassen. Sie können das gerne überprüfen. Seither haben wir uns nicht mehr gesehen … und auch nicht miteinander telefoniert.«
    Es klang glaubwürdig und kraftlos. Die Nachricht bedeutete wohl eine Neuigkeit für ihn und wirkte für den ersten Augenblick

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