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Ganz normal verpickelt (German Edition)

Ganz normal verpickelt (German Edition)

Titel: Ganz normal verpickelt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Reddemann
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neununddreißig (H.J. sieht älter aus, das verniedlicht die Sache nicht grad) muss man so was nun wirklich nicht unbedingt auch noch haben, und als Strafverteidiger will man ja vom Prinzip her für halbwegs voll genommen werden. Auch wenn die Welt einen nur als „Wurstgesicht“ kennt. Was ich grundsätzlich wirklich betrüblich finde für H.J. Kotterhof. (Und jetzt auch noch dieses Mordsinstrument auf der Nase. Denke ich so.) Also sage ich: „Mensch, Wurstgesicht, du hast vielleicht ein Ei auf deinem Zinken.“
    Hermann-Josef fixiert mich kurz, eiskalte Mimik, grinst gequält, schielt dann hinterhältig zu Böwi rüber, der auf seinem Stuhl kauert wie herzlos zusammengefegtes Fallobst, und greift mich aus dem Hinterhalt frontal an. Ohne Vorwarnung. „Du bist wirklich ein Riesenarschloch, Jochen. Böwi geht’s hundsmiserabel, und dir fällt nichts Intelligenteres ein als solch ein idiotischer Scheiß.“
    Ich, völlig baff, werde erst mal augenblicklich sauer. „Kann ich was für deine dämliche Optik? Blaff mich hier bloß nicht so an.“ Gut so. Vorerst. Tatsächlich rotiert es in meinem eigentlich auf Stimmungssaufen einprogrammierten Hirn. Wieso war da was mit dem kleinen Böwi? Notorisch verzweifelt, die Träne, ist ja nun bekannt. Und trotzdem. Wieso, verdammt, hatte ich das jetzt wieder nicht mitbekommen? Akustische Zwangsblockade, vermute ich bei sachlicher Reflektion. Ein Abend mit Böwi und Hermann-Josef nötigt einen schon mal, sich rein mental völlig zu lösen. Ich denke dann an Sex und Zahnseide oder verkokelten Gemüseauflauf oder einfach nur an guten Sex und die wirklich geniale Grießklößchensuppe meiner Großmutter oder schlimmstenfalls an Scheißpickel in blöden Visagen und wirklich miserablen Sex, und während ich so denke und trinke und mir eine Filterlose drehe, können die Typen um mich herum sich unbesorgt über ihren letzten vorzeitigen Samenerguss (höchst erniedrigend ab einem gewissen Alter!) oder ihre Schwanzlänge (noch erniedrigender, aber mit Unterhaltungswert!) auslassen, ich krieg das gar nicht mit. Normalerweise höre ich bei so was recht interessiert zu.
    Ich grüble also noch so vor mich hin, da macht Wurstgesicht einen auf überwichtig. Saftbirne. Haut mir seine fette Pranke auf die Schulter und schnauzt mir ins Ohr. „Hast du eigentlich nie etwas anderes als dich selbst in deinem verdammten Schädel? Jochen, echt, Mensch, nimm’s mir nicht krumm, aber deinen Ego-Trip find ich so was von zum Kotzen, das ist ja so was von typisch für dich, dieses völlig einseitig Orientierte, Kerl, werd endlich mal erwachsen, du verzogener Flachwichser.“
    (Huch, da hatte dieser Möchtegern-Psychoscheißer es mir aber gegeben!) Ich hör mir das erst mal relativ wenig erschüttert an, nehme ihn traditionsbewusst nicht die Bohne ernst und höre mich mit Samtstimme sagen: „Gleich bist du tot, Wurstgesicht.“ Und knall ihm gleichzeitig eine gesunde Spur zu kräftig die flache Hand auf den Rücken. H.J. bricht fast zusammen. Kein Witz. Er ist groß, aber durchweg schwabbelig. Tipp seinen Zeh an, und sein Kinn vibriert. Schauderhaft, das beobachten zu müssen. Wurstgesicht keucht stumm, mit zusammengepressten Lippen. Eindeutig gedemütigt, weil ich sowieso stärker bin und er das prinzipiell akzeptiert. Sehr viel stärker. Das nutze ich gern aus, so läuft das auf freier Wildbahn auch ab.
    H.J. grinst gequält, glotzt beifallheischend zu Böwi rüber (Merk dir das gut, Böwi, das kommt in die Akten!) und lässt den Therapeuten los: „Das musste jetzt sein, Jochen, ja?! So was kannst du. Armselig nenn ich so was. Hat Herr von Wickertsmühle nicht mehr zu bieten?“
    Absolut unverschämt. Allein schon die affektierte Art, wie Hermann-Josef meinen mir rechtmäßig zustehenden Namen aussprach, schrie danach, diesen verpickelten verblödeten Sumpfsack kommentarlos umzuhauen.
    Hätte ich es nur getan. Stattdessen antwortete ich ihm auch noch. Blaublütig böse. „Wenn du’s ganz genau wissen willst, du asoziales Doktörchen: Das Einzige, das ich Leuten wie dir bieten möchte, sind die Pickel auf meinem Arsch.“ Künstlerische Pause. „Aber ich trag sie wenigstens nicht auf der Nase spazieren. So wie du. Und jetzt leck mich.“ Ende. Ich hob mein Glas und zwinkerte der drallen Blonden am anderen Ende der Theke zu. Irgendwie war das Thema damit für mich erledigt.
    Außerdem befand ich mich nicht unbedingt im sicheren Schützengraben, weil ich mich bereits leicht besoffen fühlte, und ich

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