Masken - Unter magischer Herrschaft: Roman (German Edition)
1 Der Tag der Maske
D ie Reinigung musste sein, sie gehörte zur Zeremonie. Der Raum war klein, das Badewasser kalt, und ihre Haut kribbelte unter der winzigen Menge beigefügten Gaábs. Es war ein Vorgeschmack dessen, was sie im Spiegelsaal erwartete. Schicksalsergeben stand Ferin in der Holzwanne und versuchte nicht darüber nachzudenken, dass sie nackt war und zwei fremden Merdhugerinnen gestattete, sie am ganzen Körper abzuschrubben.
Der Schwamm scheuerte über ihre Beine und ihre Hüften, und sie ließ ihre Blicke unauffällig umherschweifen, um das Schamgefühl aus ihrem Kopf zu drängen.
Es gab nicht viel zu sehen.
Die Fenster waren verhängt, beiges Leinen sperrte die Hitze des Tages aus. Staubflusen wucherten in den Falten der Vorhänge, so als würden sie tagtäglich ganz bewusst in ihre Fänge gekehrt. Durch die Ritzen zwängte sich das Sonnenlicht, funkelnde Körnchen schaukelten über dem Marmorboden, aufgewirbelt vom Luftzug, der durch den Spalt unter der Tür in den Raum strich. In den Ecken klebten Spinnweben. Es war blanker Hohn, angesichts des wenig sauberen Umfeldes von Reinigung zu sprechen, die Badestube selbst hätte eine solche bitter nötig gehabt.
Das Wasser gluckste, und Ferin schielte nach unten. Die Schülerin vor ihr drückte ohne jede Eile den Schwamm aus. Sie war hübsch. Nein, schön, so wie alle Merdhugerinnen. Bronzefarbene Haut, ebenmäßige Züge, seidiges, schwarzes Haar. Ihre Hände waren gerötet – auch sie musste unter dem Gaáb leiden. Welch ein Trost!
Ferin seufzte und sah wieder auf. Zu ihrer Rechten stand ein Schrank aus dunklem Holz, ein echtes Prunkstück. Kunstvolle Intarsien aus Metall, Stein und Spiegelglas zierten die Türen. Sie konnte nur raten, was dahinter aufbewahrt wurde: Tücher, Schwämme, Geschirr? An der Wand, direkt auf dem Fußboden, stapelten sich die weißen Kutten, jede sorgsam gefaltet. In einem kleinen Fass wurde das Gaáb gelagert. Sein Geruch stieg ihr in die Nase, beißend scharf und ekelerregend. Ein kieselsteingroßer Klumpen im Wasser genügte, um die Haut zum Glühen zu bringen.
Ferin vertrieb den Gedanken an den Schmerz, zählte die Astlöcher in den Balken an der Decke. Es waren neun. Sie schaute zur Tür, daneben stand ein Stuhl, die hölzerne Sitzfläche spiegelblank. Er diente wohl den beiden Mädchen als Rastplatz in ihrem mühseligen Tagewerk. Im offenen Kamin loderte das Feuer. Eben gingen die Reste ihrer Kleider in Flammen auf – niemals mehr musste sie die grauen Kittel tragen, denn schon bald, bald war sie eine von ihnen.
Und dann war da der Holzzuber, das milchige Wasser reichte ihr bis zu den Knien.
»Hinsetzen.«
Es war ein rüder Befehl, doch auch darüber wollte Ferin nicht nachdenken. Die Schülerinnen machten nur ihre Arbeit.
Sie gehorchte, ging in die Hocke und stützte sich mit beiden Händen am Wannenboden ab. Er war glitschig. Offenbar wurden in einem fort Pheytaner in dem Bottich gereinigt, er selbst hingegen nie. Ferin grauste, und sie wagte es nicht, Platz zu nehmen.
»Ich sagte, hinsetzen!«, wiederholte die Schülerin.
Den Worten folgte ein unsanfter Stoß gegen die Schulter. Ferin verlor das Gleichgewicht, fiel rücklings ins Badewasser und rutschte nach vorn. Ein weiterer Stoß – und sie tauchte mit dem Kopf unter. Dumpf drang das Lachen der Mädchen an ihre Ohren. Mit einem Prusten kam sie wieder hoch, das Wasser troff aus ihren Haaren, brannte in ihren Augen und in ihrem Mund. Der Geschmack des Gaábs ließ Wellen von Übelkeit aufsteigen. Ihre Zunge fühlte sich pelzig an.
Die Merdhugerin grinste ihr frech ins Gesicht und deutete auf ihre Haare. »Die mussten ohnehin gewaschen werden.«
Ferin schluckte den Ärger hinunter und blieb ruhig in der Wanne sitzen. Es gehört dazu, dachte sie. Du musst das aushalten, es gehört dazu. Als das Messer aufblitzte und das Mädchen sich ihren Zöpfen zuwandte, lag Ferin aber doch ein Nein auf den Lippen. Ihre Haare! Das Einzige, was sie an sich mochte. Abwehrend hob sie die Hände – und senkte sie schnell wieder. Die Hände im Beisein einer Merdhugerin zu heben war nicht gestattet.
Ungerührt säbelte das Mädchen die vielen dünn geflochtenen Zöpfe ab. Einer nach dem anderen landete auf dem Fußboden. Ferin unterdrückte die Tränen.
»Fertig. Raus mit dir.«
Sie wurde mit einem Leinentuch abgerubbelt, das den Eindruck erweckte, als sei es schon verwendet worden. Für wie viele Pheytaner?, fragte sie sich. Vermutlich eine Menge. Steif stand
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