Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ganz normal verpickelt (German Edition)

Ganz normal verpickelt (German Edition)

Titel: Ganz normal verpickelt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Reddemann
Vom Netzwerk:
schon sehr ernst, Bruder.“ Und dann, gut angriffslustig: „Ich lach über Hermann-Josef. Macht hier wie bescheuert einen auf Psychoanalytiker. Geradezu lächerlich. Echt, Wurstgesicht, ich muss dir ja in einem früheren Leben als Wasserratte tierisch was angetan haben, dass du hier solch einen Scheiß über mich verzapfst. Vorsicht, Junge. Ich sag einfach nur Vorsicht.“ Ich inhalierte geräuschvoll. Tief und wild, wie nur Männer es wirklich beherrschen. Dann sagte ich klar und deutlich, ganz Meister der wahren Beherrschung: „Und jetzt will ich wissen, was mit Pete und dir los ist.“
    Böwi zögerte und schielte zu Wurstgesicht rüber. Irgendwie traute er mir nicht mehr. Und irgendwie schien er auch keine Lust mehr zu haben. Ich vertrieb mir die aktionslose Zeit mit zwei, drei Zügen aus meinem Glas und schüttelte mich. Ich überlegte, jetzt vielleicht doch besser auf Bier umzusteigen. Irgendwas Gesundes auf jeden Fall.
    Böwi kaute bockig an seiner Unterlippe. Offensichtlich war bei ihm kurzfristig die Luft raus. Bei Wurstgesicht allerdings nicht. Erfreulicherweise, muss ich sagen, denn ansonsten wäre ich an diesem Abend wohl nicht mehr über Petes üblen Verrat aufgeklärt worden. H.J. seufzte theatralisch auf. Dann, endlich. „Böwi hat Pete mit Jonas Gotteswinter erwischt. Feierabend. Hättest vorhin ja zuhören können, anstatt der Tussi da hinten auf die Titten zu glotzen.“ Er meinte die dralle Blonde. Ich schielte zu ihr rüber. Sie hockte immer noch mit übereinandergeschlagenen Beinen am Tresen, fing meinen Blick auf und zwinkerte mir zu. Ich blieb aber irdisch. Geile Frauen sind immer gut, aber Jonas Gotteswinter interessierte mich momentan mehr. „Ach ja?! Wie denn erwischt?“ Es quälte mich ein wenig, dass ich meine Frage direkt an Pappnase Wurstgesicht richten musste, weil Böwi sichtlich nicht gedachte, sich an diesem Gespräch zu beteiligen. „Wie man sich eben so erwischt.“ H.J. sah mich herausfordernd an und grabschte seelenruhig nach seinem Glas. (Ich krieg dich noch, Wurstgesicht!)
    Danke, Fortuna. Denn an dieser Stelle bellte Böwi los, auf dramatische Art aus dem Koma erwacht. „Von wegen, mal so eben. Sag ruhig, wie’s war, Hermann-Josef, sag’s ruhig. Voll unter die Schürze hat er ihm gegriffen. In meinem Beisein. Unterstellt mir noch, ich hätte Hirngespinste. Ich! Rausgeschmissen hab’ ich den Kerl. Und Pete gleich hinterher. Der lässt sich das auch noch gefallen. Grinst noch blöd. Und ich guck zu, was!?“
    „Ach?!“ Das war ich. Musste ich das jetzt verstehen können? Wohl kaum. „Wieso hatte Jonas denn eine Schürze um?!“ Innerlich krampfte ich. Petes und Böwis bekiffte Spielchen waren mir bereits bekannt. Besser als es meiner ausgeprägten Toleranz guttut.
    Böwi atmete tief durch. „Wegen der Fettspritzer. Wir wollten Kartoffelpuffer machen. Nackt, schön, wir waren alle drei nackt. Bis auf die Halbschürzen. Wir sind vorher noch zu dritt in der Heimsauna gewesen. Hätte ich ja nicht ahnen können, oder? Ich mein, wir sind schon Urzeiten miteinander befreundet, der Jonas und der Pete und ich.“ (Und kiffen und saufen seit Urzeiten miteinander! Oh, Böwi!) Ich spürte dieses Kribbeln in der Kehle und war vorgewarnt. (Lach bloß nicht, Jochen, jetzt noch nicht!) Böwi war ganz rot im Gesicht. Sein Kopf sah aus wie ein Ballon mit aufgemalten schwarzen Schlitzaugen, viel schmaler als gewöhnlich, weil er sich die Brille abgenommen hatte, um sie mit dem Ende seines mintfarbenen Kaschmirschals zu putzen. Nötig war das jetzt nicht grad, aber dazu sagte ich nichts. Weil ich aber die verfluchte Pointe bei allem Talent zu den diffusesten Interpretationsversuchen immer noch nicht klar erkennen konnte, fragte ich so präzise, wie es eben ging: „Und dann passierte was?“ Ich klang wohl leicht gereizt.
    Böwi rieb hektisch weiter an seiner Brille, scheinbar schwer konzentriert, tatsächlich aber wohl, weil er sonst angefangen hätte, loszuflennen. Mit so was kenn ich mich aus. Immerhin sprach er weiter. Sehr leise, aber doch recht bissig. „Frag’ mich nicht, es war grauenvoll. Einfach grauenhaft. Und so peinlich. Ich hab sie beide rausgeschmissen. Und dann hockten sie da auf dem Bürgersteig vor der Einfahrt von Stepniaks in ihren Schürzen und schrien immer wieder was zu mir rauf, aber ich hab nicht mehr aufgemacht, und dann kam die Polizei, es war ja schon nach zehn, und, Gott, Scheiße, lieber Gott, wenn ich an die Nachbarn denke!“
    Ich nickte

Weitere Kostenlose Bücher