Ganz oder gar nicht
ohne dabei etwas für mich zu empfinden", sagte Rosalind mit tränenerstickter Stimme. „Du hättest mir nicht Lie be und Leidenschaft vorspielen müssen, um die Wahrheit von mir zu erfahren. Die Wahrheit lag vor deinen Augen, von ersten Tag an."
Najib wollte etwas erwidern, doch er hielt sich mit aller Gewalt zurück. Er wollte sagen, dass er sehr wohl etwas für sie empfunden habe und das von Anfang an. Aber er wusste, er war kurz davor, ihr alles zu sagen. Sein Blick war getrübt, sein Urteilsvermögen beeinträchtigt. Doch er konnte es sich nicht leisten, noch mehr Fehler zu machen oder sich von seinen Gefühlen leiten zu lassen.
Rosalind stand vor dem Bett und blickte auf ihn herab. „Nun, ab jetzt wirst du mir nichts mehr vorzuspielen brauchen." Damit drehte sie sich um, ging ins Badezimmer und verriegelte die Tür hinter sich.
Aber eines hatte sie Najib tatsächlich verschwiegen. Sie hatte die al Jawadi Rose gesehen. Jamshid hatte sie ihr tatsächlich gegeben. Sie hatte es nur nicht gewusst.
Erst durch ihren Traum vom Sultan war sie überhaupt darauf aufmerksam geworden.
13. KAPITEL
„Oh, es ist wundervoll, Kamila!" Entzückt blickte Prinzessin Zara auf den juwelenbesetzten Stern, der an Rosalinds Frisur befestigt wurde. „Genau das hat noch gefehlt."
Die Prinzessin von Ostbarakat lag auf ihrem Divan ausgestreckt, den Ellbogen auf ein dickes Seidenkissen gestützt, und sah begeistert zu, wie die Modedesignerin die Falten an Rosalinds Brautgewand zurechtsteckte. Ihr kleines Baby schlief in seiner Wiege, die daneben stand.
Erst am Nachmittag waren sie in Prinz Rafis Palast angekommen, und Rosalind hatte erfahren, dass die Hochzeit bereits in zwei Tagen stattfinden sollte. Zara hatte sich ihrer angenommen und dafür gesorgt, dass sie mit den Vorbereitungen viel zu beschäftigt war, um darüber nachdenken zu können, ob sie nicht doch lieber alles rückgängig machen sollte.
Aber selbst wenn sie Zeit gehabt hätte, sie hätte gar nicht den Mut zu einem solchen Schritt gehabt nicht angesichts des unglaublichen Aufwands, der betrieben worden war. Der Palast war bereits voller Hochzeitsgäste, und jede zweite Person, die Rosalind vorgestellt wurde, war ein Prinz oder eine Prinzessin. Nein, sie konnte es einfach nicht tun.
Außerdem, welchen Grund hätte sie denn dazu gehabt? Was hatte sich geändert, seit sie ihre Einwilligung zu diesem Theater gegeben hatte? Najib hatte schließlich nie behauptet, sie zu lie ben, oder angedeutet, dass es zu einer echten Beziehung kommen könnte. Nichts hatte sich geändert. Nur ihre Träume waren zerstört worden.
„Kamila hat im Herbst eine Modenschau in Paris", erklärte Zara. „Wie sie es immer schafft, den westlichen mit dem orientalischen Stil zusammenzubringen, ist wirklich einzigartig. Wir sind sicher, dass sie einen Riesenerfolg haben wird, und deine Hochzeit und der Exklusivbericht in ,Hello!' sind ein guter Anfang, nicht wahr, Kamila?"
Kamila stimmte ihr lächelnd zu.
Rosalind betrachtete sich im Spiegel. Ihr Brautgewand war aus cremefarbener Seide und schmeichelte ihrem sonnengebräunten Teint und ihrem hellen Haar, doch die Farbe war das Einzige, das an traditionelle, europäische Hochzeitskleider erinnnerte.
Ansonsten war es ein typisch orientalisches Hochzeitsgewand: knöchellang mit Stehkragen, und darunter eine lange Hosen, alles aus dem gleichen Stoff. In ihrem Haar steckte der juwelenbe setzte Stern, den Zara ihr gegeben hatte.
Die beiden Frauen waren sich zuvor nie begegnet, aber Zara hatte es sich zur Aufgabe gemacht, die Arbeiten an Rosalinds Brautgewand zu überwachen. Es war ihr sehr wichtig, gewesen, Rosalind zufrieden zu stellen.
„Es ist wundervoll!" sagte Rosalind. Auch sie konnte sich gut vorstellen, dass Kamila als Modeschöpferin in Europa große Triumphe feiern würde.
„In den Modezeitschriften wird Kamilas Mode immer als ,besonders tragbar' bezeichnet", bemerkte Zara. „Wir sind uns allerdings noch nicht sicher, ob das positiv ist oder negativ."
Rosalind lachte. Nachdem sie mit der Anprobe des Brautgewands und einiger Kleider für die Flitterwochen fertig waren, ließ Kamila die beiden Frauen allein.
„Bist du aufgeregt?" fragte Zara und hob ihr Baby, das zu schreien begonnen hatte, aus dem Bettchen.
„Ja", gab Rosalind unumwunden zu.
„Ich bin sicher, das brauchst du nicht", sagte Zara. „Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, dass Najib nicht hält, was er verspricht. Auf ihn kannst du dich voll und ganz
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