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Ganz oder gar nicht

Ganz oder gar nicht

Titel: Ganz oder gar nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Sellers
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sah Rosalind zu, wie Najib ihn geschickt öffnete, den Inhalt in seine Handfläche leerte und ihr darbot.
    Es war ein Ring mit einem Diamanten, so groß, wie sie niemals zuvor einen gesehen hatte - einfach atemberaubend. Er leuchtete, wie von einem inneren Feuer erhellt, so als ob eine ganz besondere Frau von großer Schönheit ihn getragen hätte und ihre Aura ihn immer noch umgäbe.
    „Er gehörte unserer Urgroßmutter", erklärte Najib. „Sie war berühmt für ihre Schönheit und ihren Charme." Er sah Rosalind an und dachte im selben Moment, dass er nie zuvor einer Frau mit so starker weiblicher Ausstrahlung begegnet war. Auch Mawiyah war der Legende zufolge eines solche Frau gewesen.
    Rosalind starrte immer noch auf den Ring und wirkte, als würde sie ihren Augen nicht trauen. Mit einer ungeduldigen Geste, denn sie war jetzt eine reiche Frau und dieser Ring war nur eine Kleinigkeit für sie, nahm Najib ihr den Ring ab und ergriff ihre Hand.
    „Stecken Sie ihn an", forderte er sie auf und schob ihr den Ring langsam über den Finger.
    Einen Moment lang schien die Zeit stillzustehen. Sie waren beide etwas verunsichert, als sie sich bewusst wurden, dass sie gerade das uralte Ritual vollzogen hatten, das normalerweise Mann und Frau zu einem Paar machte.
    Sie begannen gleichzeitig mit betont kühler, unbeteiligter Stimme zu sprechen.
    „Der ist wunderschön", sagte Rosalind.
    „Es ist nur eines von vielen wertvollen Stücken, die jetzt Ihnen gehören."
    Immer noch fassungslos schüttelte Rosalind den Kopf. „Jamshid hat mir niemals etwas davon erzählt."
    Aber Jamshid war überhaupt sehr reserviert gewesen, wenn es um seinen persönlichen Hintergrund ging. Sie hatten sich schon monatelang gekannt, bevor er ihr anvertraut hatte, dass er ein Tafelgefährte Prinz Kavians war.
    In histor ischen Zeiten hatte das Wort Tafelgefährte bedeutet, dass man ein Vertrauter des Herrschers war - jemand, mit dem der Herrscher sich bei gemeinsamen Tafelfreuden von den Tagesgeschäften erholte. Heutzutage jedoch beinhaltete diese Position mehr als eine persönliche Verbindung. Die Tafelgefährten bildeten zusammen mit dem Herrscher so etwas wie ein Regie rungskabinett.
    Sie entstammten normalerweise immer dem Adel, aber Rosalind hatte daraus nicht den Schluss gezogen, dass Jamshid automatisch auch ein sehr reicher Mann sein müsse.
    „Aber ist denn im Krieg nicht alles verloren gegangen?" fragte sie.
    „Sämtliche Vermögenswerte in Parvan wurden dem Königshaus übergeben, um den Krieg zu finanzieren", erwiderte Najib. „Aber Jamshid war vorausschauend genug, um Ihnen nichts von diesem Teil seines Vermögens zu vererben. Ich kann Ihnen versichern, dass Ihr Erbe und das Ihres Sohnes völlig unversehrt ist."
    Und das Ihres Sohnes ... „Oh."
    „Bis auf eine Sache, die fehlt. Wir dachten, vielleicht hat er Ihnen diese bereits übergeben, als er erfuhr, dass Sie schwanger waren. Hat Jamshid Ihnen jemals ein Schmuckstück geschenkt?"
    „Sie meinen einen Ring? Ja, einen Ehering natürlich."
    „Keinen Ehering, sondern einen Ring mit einem ungewöhnlich großen Diamanten. Oder vielleicht den Schlüssel zu einem Banksafe?"
    Verständnislos schüttelte Rosalind den Kopf. Wieder überkamen Najib Zweifel an ihrer Aufrichtigkeit.
    „Ein ungewöhnlich großer Diamant? Sie meinen, größer als dieser hier?"
    „Es handelt sich um ein Familienerbstück. Es gehörte Jamshid, war aber nicht bei seinen Sachen, als er starb. Er hätte gewollt, dass sein Sohn diesen Ring bekommt."
    „Sein Sohn", murmelte sie.
    „Die ganze Familie ist natürlich begierig darauf, Sie und den Jungen kennen zu lernen. Wir möchten Sie bitten, uns mit ihm zu besuchen."
    Traurig starrte Rosalind auf den Ring an ihrem Finger. Wie anders hätte ihr Leben sein können, wenn
    ... „Es tut mir Leid", erklärte sie ruhig. „ Jamshid hatte keinen Sohn. Einen Tag, nachdem ich den Brief von Ihrem Großvater bekam, hatte ich eine Fehlgeburt und verlor Jamshids Baby."

3. KAPITEL
    Einen Moment lang war es ganz still im Raum.
    „Sie hatten eine Fehlgeburt?" wiederholte Najib leise. Er blickte nicht zum Eingang des Apartments und sah deshalb auch nicht den Plastikdinosaurier, der dort auf dem Boden lag.
    Rosalind dachte daran, wie weh es getan hatte, jenen Brief zu lesen - als ob ein Dolch sie durchbohrt hätte. Und das Kind hatte auf diese grausamen Zeilen reagiert, indem es sich geweigert hatte, auf die Welt zu kommen.
    „Es war dieser Brief", murmelte sie. „Ich weiß,

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