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Gargantua Und Pantagruel

Gargantua Und Pantagruel

Titel: Gargantua Und Pantagruel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francois Rabelais
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allerlei praktische Fäll und Exempel aus dem Weltlauf an, welches mitunter an zwei, drei Stunden währt'; hörten jedoch meist auf damit, sobald er fertig gekleidet war. Darauf ward drei volle Stunden lang mit ihm Lektion gehalten. Hierauf gingen sie aus und sprachen dabei vom Inhalt der Lektür, ergötzten sich im Ballhaus oder auf den Wiesen mit Ballspiel, dem Handball oder Dreiball, übten ebenso weidlich nun den Leib, als sie zuvor die Seelen geübt. Ihr ganz Spiel war nach Lust und Freiheit, denn sie ließen davon ab, wann es ihnen wohlgefiel, und hörten gemeinlich zu spielen auf, wann sie am Leib von Schweiße trieften oder sonst ermüdet waren. Da wurden sie aufs beste getrocknet und abgerieben, zogen frische Hemden an und schlenderten sacht davon, zu sehen, ob der Imbiß gargekocht wär'. Während sie nun darauf warteten, sagten sie deutlich und beredsam etliche Sprüche her, so sie aus der Lektion behalten. Inzwischen kam Herr Appetit, und sie setzten sich mit guter Ordnung zu Tisch. Da ward zu Anfang des Essens etwa eine feine Geschichte von alten Heldentaten verlesen, bis man erst einen Trunk getan hätt'. Dann, wenn es gefällig, fuhr man in der Lektüre fort, oder sie fingen auch miteinander lustig zu diskurrieren an, handelten zuvörderst von Tugend, Kraft, Eigenschaften und Natur alles dessen, was ihnen bei Tisch servieret ward: vom Brot, Wein, Wasser, Salz, Fleisch, Fischen Früchten, Kräutern, Wurzeln und deren Zubereitung. Durch welch Verfahren er in kurzem alle hierauf bezügliche Stellen im Plinius, im Athenäus, Dioskorides, Julius Pollux, Galen, Porphyrius, Oppianus, Polybius, Aristoteles, Heliodorus, Aelianus und vielen andern kennen lernt'. Ließen auch öfters noch solchen Gesprächen zur größeren Vergewisserung Bücher an die Tafel bringen: dadurch er die gedachten Stücke so fein und tief ins Gedächtnis prägt', daß dazumal kein Arzt war, der nur halb so viel davon als er verstanden hätt'. Dann sprachen sie von den früh gelesenen Lektionen und endeten ihre Mahlzeit mit einem Quittenkonfekt; da stochert' er sich die Zähn mit einem Mastixstengel, wusch Händ und Augen in schönem frischem Wasser, und sie brachten Gott in etlichen guten, zum Lobe göttlicher Huld und Milde verfaßten Liedern ihren Dank dar. Wenn dies vorüber, trug man Karten auf, nicht um zu spielen, sondern daraus viel tausend kleine neue Fündlein und Artigkeiten zu erlernen, die all in die Rechenkunst einschlugen, wodurch er selbige Zahlenweisheit sehr liebgewann und sich alle Tag die Zeit nach Mittag- und Abendessen damit so angenehm vertrieb, als weiland mit den Würfeln und Karten.
    Und nicht allein hierin, sondern auch in den andern mathematischen Scienzien, als Geometrie, Astronomie und Musik. Denn während sie die Verdauung ihrer Speisen abwarteten, machten sie tausend kleine zierliche geometrische Instrumente und Figürlein, praktizierten auch die astronomischen Kanones. Nach diesem verlustierten sie sich musikalisch zu vier, fünf Stimmen, oder über ein Thema zu singen, was nur zum Hals heraus wollt'. Und von musikalischen Instrumenten lernt' er spielen das Spinett, die Laut, die Harf, die deutsche Zwergpfeif und die neunlöchrige, die Viola und die Baßposaun.
    Nachdem man diese Stund also verwandt und die Verdauung vollbracht hatt', purgiert' er sich des natürlichen Überlastes und ging darnach drei Stunden oder länger wieder an sein hauptsächliches Studium, teils die Morgenlektion zu wiederholen, sein vorgenommen Buch und Materie auszuführen, teils auch schreibend die alten römischen Lettern zu zeichnen und formieren zu lernen. Wenn er damit fertig, gingen sie aus ihrem Quartier nebst einem jungen Edelmann aus Touraine mit Namen Gymnastes, seinem Waffenträger, der lehrt' ihm die Reitkunst. Da wechselt' er die Kleider und bestieg ein Rennroß, einen Spanier, Holsteiner, Berber, ein leichtes Pferd. Dem gab er hundert Karrieren, ließ es in die Luft springen, über Pfähl und Gräben setzen, kurz im Kreis traben, links und rechts. Da brach er nicht etwa die Lanz, sondern sprengt' mit seiner starken stählernen Waffe ein Tor auf, zerspellt' einen Panzer, stutzt' einen Baum, spießt' einen Ring, entführt' einen Rüstsattel, einen Halsberg, einen Handschuh, und dies Getänzel und ritterliche Spielen zu Roß verstund kein Mensch so gut als er. Vornehmlich war er wohl geübt, von einem Pferd schnell auf das andre überzuspringen, ohne die Erd zu streifen; die Lanz in der Faust von beiden Seiten

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