Gargantua Und Pantagruel
Gymnastes ritt mit seinem Gesellen so lang herum, bis er die Feind ansichtig ward, die ganz zerstreut und außer Ordnung alles raubten und stahlen, was ihnen vor die Hand kam. Sobald sie ihn sahen, rannten sie haufenweis' auch schon herbei, ihn auszuziehen. Er aber rief ihnen entgegen: »Liebe Herren, ich bin ein armer Teufel! Ich bitt euch, habet Mitleid mit mir. Ich hab' noch etliche Taler hier, die wolln wir miteinander versaufen: es ist aurum potabile . Auch dieses Roß hier mag man verkaufen, euch meinen Willkomm zu bezahlen. Ist dies getan, so behaltet mich bei euch. Denn der Mensch lebt nicht, der Hühner besser mausen, spicken, sieden, braten – ja, will's Gott – transchieren und schnabulieren könnt' als ich, der ich hier vor euch steh. Und für mein Proficiat trink ich hier aufs Wohlsein aller guten Gesellen.« Damit zog er seine Feldflasch heraus, und ohn auch nur die Nas zu färben, tat er draus einen ziemlich derben.
Die Lümmel gafften ihn an und sperrten die Gurgeln schuhweit auf, ja hingen die Zungen so lang wie Windhund, in Hoffnung, nach ihm auch zu trinken; aber da kam ihr Hauptmann Kuttler just hergelaufen und wollt' auch sehen, was wär. Dem bot Gymnast sein Fläschlein und sprach: »Nehmt, Hauptmann, trinket frisch daraus! Hab's schon kredenzt, es ist Gewächs von der Faye Moniau.« – »Was!« schrie Kuttler, »ich glaub', der Kumpan da will uns foppen. Wer bist du?« – »Ein armer Teufel«, sprach Gymnast. – »Ho, ho«, sprach Kuttler, »armer Teufel! So du das bist, ist es billig, daß du weiter trabest, denn arme Teufel gehn überall frei ohn Zoll und Geleit. Ist aber nicht bräuchlich, daß arme Teufel so wohl beritten sein; darum, Herr Teufel, steigt nur ab und her mit dem Klepper, und wenn er nicht gut zu reiten ist, so reit ich euch selber, mein Herr Teufel; denn solche Teufel reit ich gern.«
Neunundzwanzigstes Kapitel
Wie Gymnastes den Hauptmann Kuttler nebst anderm Volk Pikrochols säuberlich abfing
Wie sie dergleichen Reden hörten, kam etlichen unter ihnen der Schreck an, und bekreuzten sich mit allen Händen, vermeinend, es wär ein verkappter Teufel. Und einer davon, Traut-Hänsel mit Namen, der Freimauser Hauptmann, zog alsbald sein Horenbüchel aus dem Latz und schrie laut: » Hagios ho theos! Bist du von Gott, so rede; bist du des andern, hebe dich hinweg!« Er hub sich aber drum nit. Dies hörten etliche von der Rott, und stahlen sich ab aus der Gesellschaft; Gymnast sah alles wohl und merkte sich's. Tat dann, als wenn er jetzt vom Pferde wollt' heruntersteigen, und während er so von der Steigseit hing, macht' er behend den Bügelsprung, schlüpft' unten durch, schnellt' in die Luft und stand mit gleichen Beinen im Sattel, den Steiß dem Pferdskopf zugekehrt. Drauf macht' er in selbiger Position, wie er stund, einen Luftsprung auf einem Fuß, schwenkt' sich links um und traf genau seinen vorigen Stand bei einem Haar. – »Ha!« sagt' Kuttler, »den tu ich Euch für heut nicht nach, und das aus Ursach.« – »Quark!« sprach Gymnast, »ich hab' gefehlt: der Sprung soll nicht gelten.« – Itzt setzt' er den Daumen der rechten Hand auf den Sattelbogen und schwang sich mit dem ganzen Leib in die Luft; und dreht' sich also dreimal um. Beim viertenmal überschlug er sich mit ganzem Leib, ohne anzustoßen, hupft' zwischen des Pferdes Ohren, streift' den ganzen Leib auf dem linken Daumen in der Luft und schlug in solchem Stand ein Mühlrad, klatscht' mit der flachen Hand jetzt mitten auf den Sattel und gab sich dabei einen solchen Schwung, daß er auf die Kruppe zu sitzen kam wie die Jungfern.
Drauf mit einem Schneller erhob er sich wieder ganzen Leibes in die Luft und stand so mit geschlossenen Beinen zwischen den Bogen: da rädelt' er wohl hundertmal herum, die Hände kreuzweis ausstreckend, und schrie dazu mit heller Stimme: »Ich rase, hui Teufel! ich rase, ich rase hui Teufel, halt mich, halt Teufel, halt!«
Während er also voltigiert', sprachen die Lümmel in großer Bestürzung einer zum andern: »Beim heiligen Kindsdreck, es ist ein Kobold oder so ein verkappter Teufel. Ab hoste maligno libera nos, domine! « und nahmen querfeldein Reißaus und blickten immer hinter sich, wie der Hund mit dem Flederwisch am Schwanz.
Wie Gymnast seinen Vorteil ersah, springt er vom Pferd ab, zieht vom Leder und fegt mit schweren Reiterhieben unter die allerflottesten drein, streckt sie zu ganzen Haufen, wund, zerbläut, zerfetzt, zerschroten darnieder; es setzt sich ihm nicht
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