Gargantua Und Pantagruel
zufriedenzustellen, denn es will mir gar nicht ein, einen Krieg darum anzufangen.« Er erkundigt' sich demnach, wieviel man ihnen Wecken genommen hätt', und als er hört': vier bis fünf Dutzend, befahl er deren noch selbige Nacht fünf Karren voll zu backen, den einen mit lauter Wecken von guter Butter, gutem Eigelb, gutem Safran und edlem Gewürz, die man dem Marcket zustellen sollte. Auch für seinen Schaden gab er ihm 700003 Philippstaler, den Baderlohn für den Verband seiner Wunden zu zahlen, und noch dazu den Meierhof Pommadiere zu freiem Erblehn ihm und den Seinen. Welches alles auszurichten und zu vollziehen Gallet gesandt ward, der unterwegs bei dem Weidicht einen Haufen großer Schilf- und Rohrzweige abhaun und alle Karren und Kärrner damit ringsum bestecken ließ. Er selber hielt auch ein solches Rohr in der Hand, womit er sagen wollte, daß sie nichts weiter als Frieden begehrten und ihn zu erkaufen herkämen.
Als sie nun an das Schloßtor kamen, verlangten die von Grandgoschier, mit dem Pikrochol zu reden. Aber er ließ sie nimmer ein, noch wollt' er auch draußen mit ihnen sprechen, sondern ließ ihnen sagen, er hätt' Geschäfte und sie sollten nur ihre Sach beim Hauptmann Starenstör anbringen, der eben auf der Mauer ein Geschütz postiert'. Der Starenstör zeigt' alles, was er sah und hörte, dem Pikrochol an, und hetzt' ihn immer ärger auf in seinem Sinn. »Die Lümmels«, sprach er, »haben einmal rechtschaffen Furcht. Der arme Weinschlucker Grandgoschier, er macht bei Gott! noch in die Hosen! Es ist sein Stärk nicht, Krieg zu führen, wohl aber die Krüg zu leeren weiß er. Mein Meinung wär, man behielt dies Geld und die Wecken hier und förderte im übrigen fleißig unser Schanzwerk und gutes Glück. Schmier den Schelmen, so schiert er dich: schier den Schelmen, so schmiert er dich.« – »Sa, sa, sa!« sprach Pikrocholus, »beim heiligen Jakob! sie sollen's finden. Tut, wie ihr sagt!« – »Eins aber wollt' ich Euch dennoch raten«, sprach Starenstör. »Wir sind hie eben nicht sonderlich verproviantiert und mit Magenpflaster fast mager beschlagen. Wenn Grandgoschier uns belagern sollte, wollt' ich von Stund an alle Zähn mir ausziehn lassen bis auf drei, und Eurem Volk desgleichen; damit kämen wir unserm Brotsack nur noch allzu zeitig auf den Grund.« – »Ei was!« antwortet Pikrocholos, »wir werden Futter vollauf han. Sind wir um Fressens willen hier, oder Streitens?« – »Um Streitens willen, freilich wohl«, sprach Starenstör, »aber voller Wanst doch besser tanzt, und wo Hunger regiert, da bleibt die Stärke aus.« – »Genug geschwätzt!« schrie Pikrocholus. »Greift alles auf, was sie mitgebracht.« – Da nahmen sie Geld, Wecken, Karren und Ochsen und schickten sie ohne ein Wort wieder heim, als nur, sie sollten nicht wieder so nahe kommen aus Ursbach, die man ihnen morgen bedeuten würd. So zogen sie denn unverrichter Sachen wieder zum Grandgoschier und erzählten ihm alles, mit dem Bescheid, es sei kein Hoffnung mehr übrig, sie zum Frieden zu bringen außer mit offenem Krieg und Gewalt.
Siebenundzwanzigstes Kapitel
Wie etliche Hauptleute des Pikrocholus ihn durch übereilten Rat in die äußerste Gefahr brachten
Nach ausgepfändeten Wecken erschienen vor dem Pikrochol der Herzog von Kleinitz, Graf Bravo und Hauptmann Dünnschiß und sprachen zu ihm: »Gnädigster Herr, heut machen wir Euch zum glücklichsten, streitbarsten Prinzen, der je gelebt hat seit dem Tod Alexanders von Mazedonien.« – »Bedeckt euch«, sprach Pikrocholus, »bedeckt euch.« – »Dank, Herr«, sagten sie, »wir tun nur unsre Schuldigkeit. Das Mittel ist dieses: Ihr lasset einen Hauptmann hier in Garnison mit kleiner Schar zur Deckung des Platzes, der uns fest genug bedünkt – teils von Natur, teils auch durch Eure Verschanzungen. Euer Kriegsheer teilt Ihr in zwei Teile, wie Ihr selbst am besten zu tun verstehet. Das eine Teil davon fällt über diesen Grandgoschier und sein Volk her: schlägt ihn aufs Haupt im ersten Anschuß. Da findet Ihr Geld im Überfluß, denn der Filz hat's bei der Schwere. Filz sagen wir, weil ein adlig Herz, ein rechter Fürst niemals auch nur einen roten Heller haben muß. Taler sparen ist Filzenhandwerk.
Das ander Teil ziehet derweil auf Onys, Sainckonge, Angomoys und Gasconien, auf Perigort, Medoc, Eslanes. Ohn Widerstand gewinnen sie Städte, Festen, Schlösser. Zu Bajonn, zu Sankt Jean de Luc und Fontarbaien nehmt Ihr alle Schiff, damit Ihr gegen Galizien
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