Gargantua Und Pantagruel
Straß alle miteinander, bis auf einen, Fournillier, in ein Zuggarn, welches daselbst den Wölfen gestellt war. Entkamen aber wieder daraus durch die Geschicklichkeit ermeldeten Fournilliers, der die Strick und Schnüre zerriß. Hieraus erlöset, lagen sie dieselbige Nacht in einem Schuppen unweit Couldray, und wurden da über ihr Unglück getröstet durch die guten Wort eines unter ihnen, namens Renndichmüd, der, ihnen dartat, daß diese Abenteuer schon im Psalm von David verkündiget worden: »Wenn die Menschen sich wider uns setzen, so verschlingen sie uns lebendig – als man uns in dem Salat mit Salz aß –. Wenn ihr Zorn über uns ergrimmete, so ersäufete uns Wasser – als er den großen Suff tat –. Ströme gingen über unsere Seele – als wir das große Mühlwehr passierten. Es gingen Wasser allzu hoch über unsere Seele – als sein Harn uns den Weg verhieb. Gelobet sei der Herr, daß er uns nicht gibt zum Raube in ihre Zähne. Unsere Seele ist entronnen, wie ein Vogel dem Strick des Voglers – als wir ins Wolfsgarn fielen. Der Strick ist zerrissen – durch Fournillier – und wir sind los. Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn.«
Zweiunddreissigstes Kapitel
Wie der Mönch vom Gargantua herrlich traktieret ward, und von den schönen Tischreden, die er führt'
Als nun Gargantua bei Tisch saß und die ersten Bissen hinunter hatt', fing Grandgoschier den Anlaß und die Ursach des Krieges zwischen ihm und Pikrochol zu erzählen an, und kam auf den Punkt vom Bruder Jahn Klopffleisch, wie selbiger in Verteidigung des Klostergartens gesieget hätt', und erhob seine Taten über die Taten des Camillus, Cäsar, Scipio, Pompejus und Themistokles. Da begehrt' Gargantua, daß man sogleich nach ihm schicken sollte, mit ihm des weiteren Rats zu pflegen. Auf ihr Geheiß ging sein Hofmeister nach ihm und führt' ihn auf Grandgoschiers Maultier lustig mit seinem Kreuzstock daher. Als er ankam, da gab's nichts als Herzen und Küssen, tausend Umfangens, tausend Willkommen und Zärtlichkeiten. – »He, Bruder Jahn, mein Freund! Bruder Jahn, mein großer Vetter! Bruder Jahn, in des Teufels Namen, umärmelt mich auch! Sa sa, du Hodenmatz, ich erdrück dich vor Lieb!« Und Bruder Jahn walzt' hin und her, nie hat man einen so höflichen, galanten Menschen ersehen. – »Sa, sa«, sprach Gargantua, »setz ihm einen Schemel hier neben mich, auf diese Eck!« – » Deposita cappa «, sprach Gymnastes, »tut erst die Kutt ab.« – »Da sei Gott vor, mein Herr!« sprach der Mönch, »es ist in Statutis ordinis ein Kapitel , dem würd' der Handel nicht gefallen.« – »Ei, Quark, Quark«, sprach Gymnast, »Euer Kapitel! Die Kutt erdruckt Euch die Achseln, tut's ab.« – »Laß«, sprach der Mönch, »laß mir's mein Freund, denn, bei Gott, ich sauf nur desto besser drin, sie erhält mir den Bauch ganz warm und lustig. Zudem hätt' ich auch weder Hunger noch Durst ohne Kutt. Setz' ich mich aber in diesem Rock zu Tisch, bei Gott! so sauf ich dich nieder samt deinem Gaul. Und nun frisch auf! Ich hab' zwar wohl zu Nacht gespeist, werd' aber drum nicht minder schlingen; ich hab' einen Magen, der ist gepflastert und hohl, und allzeit steht er offen, wie eines Advokaten Schnappsack. Unser Prior ißt gern das Weiße an den Kapaunen.« – »Darin«, sprach Gymnastes, »gleicht er just nicht den Füchsen, denn die fressen von den Kapaunen, Hühnern und Küchlein, die sie fangen, niemals das Weiße.« – »Warum?« sprach der Mönch. – »Weil sie«, antwortet Gymnast, »keine Köch han, die's ihnen kochen, und wenn sie nicht kompetentlich gekocht sind, bleiben sie rot und werden nicht weiß. Die Röte des Fleisches zeiget an, daß es nicht sattsam gesotten ist; ausgenommen die Hummern und Krebs, die man erst zu Kardinalen siedet.« – »Potz Stab und Stola!« rief hier der Mönch aus, »unser Klosterkrankenwart muß also einen sehr schwachgesottenen Kopf han, denn die Augen sind ihm so rot, als wie ein Hahnenkamm! Dies Hasenbeinel ist gut gegen Gicht.
Aber a propos , warum sind die Schenkel der Jungfern stets frisch?« »Dies Problema«, sprach Gargantua, »steht weder im Aristoteles noch im Plutarch.« – »Es geschieht«, spricht der Mönch, »aus dreierlei Gründen, dadurch ein Ort natürlich erfrischt wird. Primo , weil das Wasser fein nach der Läng daran ablauft. Secundo , weil es ein schattiger, dunkler und finsterer Ort, da nimmer keine Sonn hinscheint. Und drittens, weil er beständig durchs Wetterloch des Windes, des
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