[gay erotik] Fennelly, Tony
Sexy, schrill und politisch inkorrekt
Zur Wiederveröffentlichung von Tony Fennellys Mord auf der Klappe
Mehr als zwanzig Jahre sind vergangen, seit ich Tony Fennellys Krimi Mord auf der Klappe zum letzten Mal gelesen habe. Den Verlauf der Handlung und die Charaktere der handelnden Personen, das alles hatte ich längst vergessen. Aber als ich gefragt wurde, ob ich die einleitenden Zeilen für diese Neuauflage schreiben wolle, tauchten sofort wieder Bilder in meiner Erinnerung auf: blutrünstig, schrill, sexy und irgendwie politisch inkorrekt - zumindest für einen -bewegten- Schwulen der späten Achtzigerjahre, wie ich es gewesen bin.
Matty Sinclair - reich, weiß, eitel - lebt mit seinem Lustknaben Robin zusammen und führt ein nobles Antiquitätengeschäft im Schwulen-Viertel von New Orleans. Er ist der Prototyp des hedonistischen Schwulen jener Tage, mit trainiertem Body, locker sitzender Geldbörse und Sinn für Extravaganz. Als Sonderermittler unterstützt er die Polizei bei der Suche nach dem ominösen Klappenlochmörder. Männer, die anonymen Sex auf öffentlichen Toiletten haben, verachtet Sinclair eigentlich. Er selbst hat „irgendwann zwischen Herpes und AIDS“ damit aufgehört, in Bars und Saunen zu gehen.
Mit sarkastischem Blick seziert Tony Fennelly die scheinheiligen reaktionären Milieus in New Orleans, in denen sich Sinclair aufgrund seiner Herkunft aus einer angesehenen Familie selbstsicher bewegt. Er ist nicht nur mit homophoben Ausfällen, sondern auch mit dem tief sitzenden Rassismus der Südstaatengesellschaft konfrontiert, doch pariert er die Angriffe meist mit Humor und gibt sie damit der Lächerlichkeit preis. Die spannende Krimihandlung kommt dabei nicht zu kurz: Kaum hat Sinclair den Faden einer Spur gefunden, geschieht ein weiterer Mord, der den Druck auf den Ermittler erhöht.
Ich hatte in Erinnerung, dass die Morde in diesem Buch ziemlich brutal dargestellt waren. Beim Wiederlesen verblüffte mich dann aber, dass im Gegensatz zu manchen aktuellen Krimis die grausamen Details keineswegs ausführlich geschildert werden.
Mit ihrem ersten Krimi gelang Tony Fennelly ein beachtlicher Erfolg im deutschsprachigen Raum: Schwule Krimis waren in den Achtzigerjahren noch Mangelware, vor allem solche, in denen Schwule nicht nur Mordopfer sind, sondern auch selbstbewusst von schwulem Leben und Sex erzählen. Dass all das dazu noch von einer Frau geschrieben wurde, die ihr Geld vorher als Stripperin verdient hatte, verlieh der Story zusätzliches Flair, das auch heute noch seine Wirkung entfaltet. So ist Mord auf der Klappe nicht nur ein nach wie vor spannend zu lesender Krimi, sondern auch ein Dokument sich manifestierenden schwulen Selbstbewusstseins.
Andreas Brunner
PROLOG
FREITAGABEND
So schlecht hatte Hubert R. Loomis noch nie ausgesehen. Die gefesselte Leiche des wohlgenährten weißen Mannes Ende dreißig war nackt von der Taille bis zum Knie und hatte eine ausgefranst-blutige Wunde in der Lendengegend.
Der unglückliche Mr. Loomis lag so, wie er gestorben war, gekrümmt an der Wand der Klokabine. Hellblaue Augen starrten in schierer Todesangst. Der mit einer schmutzigen Socke geknebelte breite Mund stand noch zu einem letzten stummen Schrei weit aufgerissen.
Inspektor Frank Washington von der Polizei in New Orleans wandte sich vom Tatort ab und bereute sein spätes Abendessen und die zweite Portion der geschmorten Langusten bitterlich. Er zog sein Taschentuch.
„Haben Sie ihn so gefunden, Rico?“ Dumme Frage. Wer hätte die Leiche bewegen sollen? Wer hätte überhaupt Lust, sie anzufassen?
„ Mmh , Hab Sie sofort angerufen. In meiner Branche muss man sich mit dem Gesetz gut stellen, oder?“
„Stimmt.“
Das traf zwar für alle zu, aber für eine Bar im schwulen Gewerbe eben ganz besonders. Die Behörden in New Orleans versuchten schon seit drei Jahren, das Ramrod zu schließen. Aber so lange Rico Minderjährige draußen hielt und der Lärm erträgliches Maß nicht überschritt, durfte dieser Sündenpfuhl weiterhin sein Eckchen im Vieux Carre besudeln.
„Haben Sie eine Ahnung, wer ...“ Washington guckte in seinen Notizen nach, „Mr, Loomis loswerden wollte?“
„Nein.“ Rico schüttelte nachdrücklich den Kopf. „Niemand weit und breit. H. R. war der netteste Kerl, den man sich vorstellen kann.“ Er hüstelte. „Nicht, dass er oft herkam, wissen Sie.“
„Natürlich nicht.“
„Aber alle mochten H. R.“
„Dann hatte einer aber eine seltsame Art, es
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