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Gebissen

Gebissen

Titel: Gebissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
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schrecklich leid«, murmelte er, dann betätigte er die Spülung und putzte sich die Zähne, um den widerlichen Aschegeschmack loszuwerden, der sich wieder auf seine Zunge gelegt hatte. Anschließend probierte er neben der Badewanne Liegestützen mit einem Arm. Es klappte tatsächlich. Früher hatte er kaum fünf oder sechs mit beiden hinbekommen.
    Mit einem Schlag dachte er wieder daran, was Danielle ihm über das Wesen, das unter Berlin hauste, erzählt hatte. Was machte er Idiot sich Gedanken über Liegestützen und das Verliebtsein, wenn etwas Derartiges unter der Stadt lauerte und auf das Erwachen wartete? Noch einmal spuckte er aus, dann ging er hinaus, um nach Kaffee zu fragen - und danach, was es mit diesem wechselhaften Blutdurst auf sich hatte.
    Während er Wasser in die Kaffeemaschine füllte, erzählte er Danielle von seinem seltsamen Anfall und wie schnell er wieder verschwunden war. »Vielleicht bin ich ja doch kein Vampir?«
    »Du bist einer. Nur ist dein Blutvater tot.«
    »Und was bedeutet das?«
    »Er ist immer der Antrieb, die Gier hinter dem Blutdurst seiner Kinder. Ohne ihn fehlt dir vielleicht der Durst, was weiß ich. Ich bin kein Vampir, ich kann es dir nicht genau sagen.«
    »Wenn ich kein Blut trinke, bin ich auch keiner«, murmelte Alex und starrte auf die Kaffeemaschine, die viel zu langsam vor sich hinbrummte.
    »Veganer sind auch Menschen«, sagte Danielle.
    »Das ist doch Unsinn! Ich meine, natürlich sind Veganer Menschen, aber ...«
    »Okay, der Vergleich hinkt. Aber als Vaterloser bist du freier als andere Vampire, vielleicht kannst du dich gegen das Bluttrinken entscheiden. Wie ein Veganer gegen Tierprodukte. Es sei denn, du willst Blut trinken.«
    Alex schüttelte den Kopf. Jetzt war er also ein veganer Vampir, weil er Waise war. Das alles war so furchtbar albern, so bescheuert, und doch konnte er nicht lachen.
    Er hatte eben an seinem Arm genuckelt, hatte Lisas Blut trinken wollen. Es steckte in ihm, und er wusste nicht, wie er damit umgehen sollte.
    »Sicher weißt du es erst in ein paar Wochen«, sagte Danielle und reichte ihm einen Becher aus dem Schrank. »Erst wenn du bis dahin niemanden angefallen und keinen Tropfen Blut getrunken hast, würde ich darauf wetten, dass du deinen Durst wirklich unter Kontrolle hast.«
    Ein paar Wochen also. Wieder etwas, auf das er jetzt keine Antwort bekam. Er schenkte sich den Becher voll und wechselte zur nächsten Frage, die ihn umtrieb.
    »Warum bist du zurückgekommen?«, fragte er Danielle zum x-ten Mal, und diesmal antwortete sie.
    »Ich konnte nicht anders«, sagte sie und sah ihn betrübt an. »Nach unserer ersten Nacht habe ich die ganze Zeit an dich denken müssen. An nichts anderes. Ich habe mich nach dir verzehrt.«
    »Ging mir nicht anders«, antwortete Alex leichthin. »Dann sind wir vielleicht füreinander bestimmt, wie es immer so schön heißt.«
    »Unsinn, das sind wir nicht. Gäbe es wirklich so etwas wie Bestimmung, dann wäre unsere, uns gegenseitig zu bekämpfen.«
    »Aber du glaubst nicht an Bestimmung?«
    »Nein. Du etwa?«
    »Nein.« Alex zuckte mit den Schultern. Er war überzeugt, dass das Leben von Zufällen bestimmt wurde,
den Satz eben hatte er nur so dahingesagt. »Aber was ist denn so schlimm daran, wenn wir uns gegenseitig begehren? Die meisten Ehepaare wären froh, das von sich behaupten zu können.«
    Sie lächelte. »Ist lustig, dass du noch immer wie ein Mensch denkst.«
    »Jetzt lenk nicht ab.«
    »Schon gut. Ich habe einfach noch nie jemanden länger als eine Nacht gewollt.«
    »Noch nie?« Alex starrte sie an, sie lebte seit geschätzten viereinhalb Jahrtausenden.
    »Nein, noch nie. Kein Nephilim tut das, wir sind immer auf der Suche nach Neuem, wir sind frei, wir binden uns nicht. Vampire sind im Vergleich zu uns treu. Sie töten bei weitem nicht jeden Menschen, dessen Blut sie trinken, nicht, wenn der Blutvater dämmert, und dann trinken sie immer wieder von demselben Menschen. Sie bleiben auch dort wohnen, wo sie geschaffen wurden, wo ihr Blutvater haust.«
    »Oder ihre Blutmutter?«
    »Oder ihre Blutmutter, ja. Es gibt mehr Väter, darum sage ich einfach nur Blutvater. Habe ich mir irgendwann angewöhnt. Blutelternteil klingt zu dämlich, und ständig von Blutvater oder Blutmutter zu reden, ist einfach zu umständlich.«
    »Und warum bin ich dann weggezogen?«
    »Weil dein Blutvater tot ist, darauf läuft es immer wieder hinaus. Das hat dich freier gemacht als jeden anderen Vampir. Du bist nicht

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