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Gebissen

Gebissen

Titel: Gebissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
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mehr an deine Heimaterde gekettet.«
    »Okay, okay«, sagte Alex und brachte das Gespräch wieder darauf zurück, warum sie zu ihm zurückgekehrt war, woher ihr Verlangen nach ihm rührte. Es war unglaublich, wie schnell sie immer von den Nephilim und sich selbst abkam, ihn mit Wissen über Vampire fütterte, aber über sich und die ihren schwieg.
    »Ich weiß es wirklich nicht. Wahrscheinlich, weil du kein Mensch bist, weil du als Vampir eine verbotene Frucht bist, wenn man so will. Oder weil du nicht einmal ein richtiger Vampir bist, sondern ein Vaterloser, und damit anders als alle. Schließlich habe ich dich nicht als einen von ihnen erkannt; ich hätte es spüren müssen. Vielleicht musstest du gar nicht mein Blut trinken, um mich an dich zu ketten. Wie ich schon sagte: Es gibt keine Wissenschaft, die uns und Magie erklären kann. Wir folgen einer eigenen Logik, und dabei immer einer anderen. Vielleicht habe ich den schlummernden Vampir in dir geweckt, und du im Gegenzug dieses Begehren in mir. Du denkst zu menschlich, wenn du eine eindeutige Antwort auf ein Warum willst. Das scheitert doch schon bei menschlichen Leidenschaften, und erst recht bei uns. Wie gesagt, nicht immer, wenn Blut in der Erde versickert, wächst daraus ein Blutvater. Es kommt immer darauf an, welche Tränen, Gedanken und Flüche das Blut begleiten, von wem sie stammen und wo all das geschieht. Nicht unter jeder Stadt wird ein Blutvater geboren, aber unter den meisten. Das Entscheidende dabei ist nicht, ob er existiert, sondern welche Träume er der Stadt bringt, wie sehr er die Bewohner mit seinen dunklen Visionen plagt und umtreibt, und ob er erwachen, ob er leibhaftig auf Erden wandeln möchte.«
    Wieder war sie von ihrem Begehren abgekommen, wieder wich sie ihm aus, gab nichts von sich preis. Vielleicht stimmte es, dass Magie so seltsam funktionierte, aber wer sagte denn, dass sie überhaupt funktionierte? Sie wollte ihn partout im Unklaren lassen. Er starrte ihr in die Augen, erkannte dort jedoch nichts außer dem Verlangen, das immer in ihnen schimmerte, mal mehr, mal weniger. Zu vieles konnte er in ihnen nicht lesen.
    »Was meinst du, sollte ich wegen des schwarzen Speichels zum Arzt?«, wechselte er selbst das Thema. »Eben hatte ich das Theater schon wieder.«
    Sie sagte, Vampire würden nicht krank werden, und er solle sich keine Sorgen machen. Es wäre gut, wenn die Schwärze ihn verließe. Da sie nach Asche schmecke, habe sie sicher etwas mit seinem verbrannten Blutvater zu tun.
    Dann zeigte sie ihm einen Notizzettel, auf dem sie verschiedene Stichworte zum unterirdischen Berlin niedergeschrieben hatte. »Ich weiß, du bist neugierig, aber lass uns jetzt lieber über den Blutvater unter Berlin reden und überlegen, wie wir ihn stoppen können. Für alles andere ist auch danach Zeit. Wir wissen, dass er in der Erde lebt, aber wir können uns nicht einfach zu ihm nach unten graben. Wir suchen nicht nach einer feinen Wurzel, mit der er das versickernde Blut trinkt, wir suchen sein Herz. Wir suchen das Zentrum, den Teil von ihm, den man vernichten muss.«
    »Es gibt ein Rohrpostsystem unter der Stadt?«, fragte Alex überrascht, nachdem er einen kurzen Blick auf die Notizen geworfen hatte.
    »Ja, seit Mitte des 19. Jahrhunderts oder so. Es ist seit Jahren außer Betrieb, aber die Röhren verlaufen noch immer unter manchem Fußweg.«
    Gerade wollte Alex fragen, ob solche Röhren nicht ein bisschen klein für ein derart gigantisches Wesen sein müssten, da spielte sein Handy Enter Sandman. Es war Koma, der wissen wollte, wie es mit den Frauen so lief.
    »Bestens«, sagte Alex, weil jetzt einfach keine Zeit zum Schwatzen war. »Bei dir auch alles klar?«
    »Abgesehen von den nicht vorhandenen Frauen, ja.«
    »Könntest du mir einen Gefallen tun?«, fragte Alex langsam. »Könntest du nach der Arbeit bei meiner Wohnung vorbeigehen und schauen, ob die Tür aufgebrochen wurde?«
    Koma lachte los, dann merkte er, dass es ernst gemeint war. »Mann, Alex, was ist denn bei dir los? Das nennst du bestens?«
    »Nicht so wild. Ich bin nur ein paar Idioten auf die Füße getreten, und ... Na ja.«
    »Klar. Und weil es nicht so wild ist, tritt dir jemand die Tür ein. Mit wem hast du dich angelegt?«
    »Ich erzähl’s dir demnächst. Die sind gar nicht hinter mir her, ich bin nicht in Gefahr«, log Alex. Genau genommen waren sie sogar alle in Gefahr, aber das würde er Koma jetzt sicher nicht aufs Auge drücken. Vorsicht, der Blutvater kommt!

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