Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gebissen

Gebissen

Titel: Gebissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
Vom Netzwerk:
gegen die weiße Wand des vierten Treptowers. Putz bröckelte, aber Alex blieb heil, er unterdrückte den Schmerz und raste wieder auf sie zu, schmetterte sie zu Boden und warf sich auf sie.
    »Was hast du mit Lisa vor?«, knurrte er. Ihre Arme fixierte er mit den Knien, die rechte Hand legte er ihr auf die Schulter, bedrohlich nahe am Hals.
    »Fick dich!«, keifte Sandy. Speichel lief ihr aus dem Mundwinkel, wütend warf sie sich hin und her, doch Alex hatte sie fest im Griff.
    »Ich könnte dir den Hals brechen«, keuchte Alex, obwohl er wusste, dass er es nicht konnte. Selbst wenn er kräftig genug war - er konnte sie nicht einfach kaltblütig töten. Sie war ein Mensch, verdammt noch mal, oder zumindest ebenso sehr wie er selbst. Er würde sie sicher nicht einfach so umbringen, nur weil sie ihre Freundin wie eine Besessene verteidigte.
    »Fick dich!« Sandy spuckte ihm ins Gesicht und trat um sich. Ein Absatz traf ihn am Ohr, Schmerz stach ihm wie eine Nadel in den Kopf, aber er hielt sie weiter gepackt.
    »Hey! Lass die Frau los!«, rief plötzlich eine dünne männliche Stimme hinter seinem Rücken.
    Er schielte über die Schulter und erkannte zwei junge Paare, wahrscheinlich Studenten, die wohl auf dem Weg zur S-Bahn waren, zu irgendeiner Party. Einer hatte einen vorsichtigen Schritt auf ihn zugemacht, ein schmächtiger Kerl mit Brille und blonden, nach vorne gestrubbelten Haaren, die so modern und albern waren.
    »Verpisst euch«, knurrte Alex.
    »Hilfe! Vergewaltigung!«, schrie Sandy und grinste ihm ins Gesicht.
    »Lass sie los!« Die Stimme des Studenten war nervös, aber lauter als beim ersten Ruf. Alex hörte, wie er langsam näher kam.
    »Verdammt! Das ist keine Vergewaltigung«, rief er, aber er wusste, wie das Ganze aussehen musste.
    »Hilfe! Hilfe!« Sandys Stimme klang nun schrecklich verzweifelt.
    »Wir haben gesagt, du sollst sie in Ruhe lassen.« Der zweite Student mischte sich ein, auch die beiden Mädels rückten nun mit vor. Verdammt, warum rafften sich die Leute immer im ungünstigsten Fall zu Zivilcourage auf.
    »Immer mit der Ruhe! Ich bin Streetworker, und die Frau ist auf Entzug. Sie ist ausgebüchst, und ich will verhindern, dass sie rückfällig wird«, fantasierte Alex los.
    »Das ist doch Unsinn«, sagte eines der Mädchen, aber sie klang unsicher. Alle vier blieben stehen.
    »Er lügt! Er lügt!«, kreischte Sandy.
    »Ich würde euch gern meinen Ausweis zeigen, aber ich kann sie nicht loslassen, sie türmt sonst.« Alex drehte sich halb zu den vieren um und bemühte sich um ein überzeugendes Lächeln.
    Diesen Moment nutzte Sandy, riss die Beine nach oben und drosch mit beiden Fersen auf seinen Kopf ein. Eine traf ihn direkt auf die Nase. Es knirschte, Blut spritzte, tropfte auf seine Lippen. Er schrie vor Schmerz und Wut, sie befreite ihre Arme und stieß ihn von sich. Alex rollte sich ab, sah sein Blut auf die Erde tropfen, er war sicher, dass die Erde leicht zitterte, als sein Blut dort versickerte, und federte wieder nach oben, die Arme erhoben, bereit, Sandys Schlag abzufangen, doch der kam nicht.
    Sandy stürmte lachend in Richtung S-Bahn-Haltestelle Treptower Park. »Ha! Lisa gehört zu uns!«
    Fluchend nahm Alex die Verfolgung auf, aber sie war einfach schneller als er und ihr Vorsprung zu groß.
    »’tschuldigung«, hörte er die betretene Stimme eines der Studenten hinter sich.
    Sandy stürzte auf die breite Elsenstraße, wich hupenden Autos aus, stürmte die Treppen hinauf und tauchte in den Eingang zur Haltestelle. Alex überquerte gerade die Straße, als sie unten im Eingang verschwand und die Ringbahn oben eben anfuhr. Das konnte sie unmöglich geschafft haben - jetzt musste sie warten, und er würde sie kriegen.
    Er wich einem Radfahrer ohne Licht aus und raste in die Station, stieß herausströmende Fahrgäste zur Seite, nahm vier Stufen auf einmal und erreichte den Bahnsteig. Alle Wartenden starrten den Rücklichtern der entschwindenden Bahn nach. Sandy jagte ihr zwischen den Gleisen hinterher, sprang auf die Puffer des letzten Wagens und krallte sich dort fest, während die Bahn immer mehr beschleunigte.
    Ein älterer Herr schüttelte den Kopf und sagte zu seiner Frau: »Die nächste Bahn kommt doch in ein paar Minuten. Was hat sie es denn so eilig?«
    »Vielleicht ein Rendezvous. Wenn man jung ist und verliebt, macht man die verrücktesten Sachen.«
    »Ich habe das nie gemacht!«, empörte sich der Mann.
    »Nein, du nicht«, seufzte die Frau und blickte dem

Weitere Kostenlose Bücher