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Gebissen

Gebissen

Titel: Gebissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
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Wagen wehmütig hinterher.
    Alex stürzte wieder aus der Station, hier musste es Taxis ohne Ende geben. Und tatsächlich wartete schon eines an der Straße. Er riss die Tür auf, sprang auf die Rückbank und keuchte Lisas Adresse. Er musste vor Sandy bei ihr sein, er musste einfach. Zwar wusste er noch nicht, wie er sie überzeugen konnte, ihm zu glauben, gerade ihm, aber er musste es wenigstens versuchen.
    »Mach mir bloß keine Flecken auf die Sitze«, brummte der Taxifahrer, ein bulliger südländischer Typ, der fast akzentfrei berlinerte.
    »Was?«, sagte Alex, dann fiel ihm die gebrochene Nase wieder ein, der Schmerz war längst abgeklungen. Er warf einen Blick in den Spiegel und erkannte überall um die Nase verkrustetes Blut bis hinunter in die Bartstoppeln am Kinn. Es sah aus, als wäre die Verletzung schon mindestens eine Stunde her, nicht erst zwei Minuten. »Sorry, ja. Ist alles getrocknet, keine Angst.«
    »Prügelei?«, fragte der Fahrer, während er den Blinker setzte und den Taxameter startete.
    »Ja. Ging um ’ne Frau. Geht es noch immer, ich muss zuerst bei ihr sein.«
    »Liebst du sie?«
    »Ja.«
    Der Fahrer nickte und gab Gas. Mit Vollgas bretterte er die breite Eisenbrücke hinauf, schnitt ein voll besetztes Kabrio und bog bei Dunkelgelb quietschend in die Strahlauer Allee ein. Alex starrte auf die trostlosen Fassaden zur Rechten, gleich würde dort die Modersohnstraße auftauchen. Er dachte an den Abend mit Lisa auf der Brücke, an ihr Lachen und ihre Küsse und beschwor den Fahrer lautlos, schneller zu fahren, immer schneller. Nachts war nicht so viel los auf der Straße, sie würden schneller sein als Sandy, egal, wie viele Ampeln auf Rot stünden. Sandy musste umsteigen.
    »Früher bin ich Straßenrennen gefahren«, sagte der Taxifahrer und grinste in den Rückspiegel. »Aber das habe ich beim Vorstellungsgespräch nicht gesagt. Die wollen heutzutage ja nur politisch korrekte Lebensläufe. Aber wer hat den schon? So zwingt man die Leute doch nur zum Lügen. Als wäre das korrekt.«
    Alex nickte und kramte sein Handy aus der Tasche. Schnell tippte er sich durch das Nummernverzeichnis und wählte Lisas Nummer. Wahrscheinlich ging sie nicht ran, wenn sie seine Nummer erkannte, aber er durfte nichts unversucht lassen, sie zuerst zu erreichen. Doch nur die Mailbox erklang. Entweder hatte sie es ausgeschaltet, oder sie telefonierte in diesem Moment mit Sandy, die ihr sagte, sie solle sofort aus der Wohnung verschwinden und sich irgendwo mit ihr treffen.
    Alex fluchte zum hundertsten Mal und rief Danielle an. Er musste vorsichtig sein mit dem, was er sagte, schließlich hörte der Taxifahrer mit. »Sandy ist eine von ihnen. Sie weiß von uns. Ich bin jetzt auf dem Weg zu Lisa, um sie da rauszuholen, bevor Sandy sie verschleppen kann.«
    »Verschleppen?«
    »Ja. Du weißt schon.«
    »Du riskierst gerade deinen Arsch für diese Lisa, obwohl du mich haben kannst? Sehe ich das richtig?« Danielle klang eisig. »Und mit deinem Arsch auch meinen, ja? Für dieses kleine Mädchen, das du nur einmal gebumst hast.«
    »Hey, ich ...«
    »Was denkst du, wer in Lisas Wohnung auf dich warten wird? Lisa oder drei, vier Vampire, die Sandy gerade eben anruft und hinschickt, während du im Taxi quer durch die Stadt tuckerst?«
    »Aber wenn Lisa ihr Handy ausgeschaltet hat? Dann erreicht Sandy sie nicht, dann ist sie noch immer in der Wohnung.«
    »Sie und drei oder vier Vampire, jetzt glaub’s doch endlich.«
    Es war zum Kotzen! Da wurde man Vampir und unmenschlich stark, und es half einem nicht weiter, weil man als Erstes gleich mal Arger mit anderen Vampiren bekam, die ebenso stark waren. Er wollte irgendwas zertrümmern, kaputt machen, das Handy durch die Scheibe werfen. Er könnte dem Taxifahrer einfach den Kopf abreißen und dann herausfinden, ob er selbst so einen Unfall überleben würde, wenn das führungslose Fahrzeug in die nächste Wand prallte, einen Passanten zwischen Stoßstange und Mauer zerquetschte, auspresste wie eine Zitrone, frisches Blut für die durstige Berliner Erde.
    Nein, verdammt!
    »Ich fahr trotzdem hin«, knurrte er. »Ich muss einfach. Vielleicht hat Sandy gar kein Handy dabei, oder ihr Akku ist leer.«
    »Die lauern dir auf, ganz sicher.« Danielle klang beschwörend, als würde sie einem unverständigen Kind die Welt erklären. »Wenn Sandy ein Handy braucht, klaut sie es auch einem kleinen Jungen oder einer alten Frau. Meinst du, die hält sich an irgendwelche Gesetze? Sie will

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