Gebrauchsanweisung für Mecklenburg-Vorpommern und die Ostseebäder
ohne mein Paket abgeschickt zu haben. Doch mir kam glücklicherweise eine Kollegin mit unnachahmlicher Überzeugungskunst zu Hilfe. Ist doch nicht dein Problem, sagte sie. Mach doch einfach.
Schließlich wurde gemacht, mürrisch und nicht ohne reichlich Verachtung in Blick und Atmung zu legen.
Im Café
Ich würgte mir bis vor einigen Jahren das Essen notfalls versalzen herunter, bevor ich im Restaurant etwas reklamiert hätte. Aber einmal fasste ich Mut. Das war, als in meiner roten Grütze eine tote Wespe steckte, die ich bereits zur Hälfte runtergeschluckt hatte.
Entschuldigen Sie. Ähm, hier ist eine tote Wespe in meiner roten Grütze.
Und was kann ich da tun ?
Nichts, Verzeihung , hätte ich gesagt, wäre nicht meine Berliner Begleitung für mich in die Bresche gesprungen.
Ihr eine neue bringen und die Rechnung stornieren , antwortete sie geistesgegenwärtig.
Aber ich habe die Wespe da doch nicht reingetan. Das passiert nun mal. Natur ! Sie hob beide Hände in die Luft.
Fassungslos schaute meine Begleitung eine Weile, was die Bedienung wohl unter Einverständnis verbuchte, denn sie ging.
Ist die jetzt gegangen ?
Vielleicht holt sie mir ja eine neue ! ?, sagte ich, wohl wissend, dass mir hier nie und nimmer jemand eine neue rote Grütze bringen würde.
Wir warteten eine Weile, dann schnippste meine Begleitung mit den Fingern.
In der Ruhe liegt die Kraft , sagte die Bedienung, als sie wieder vor uns stand.
Wir würden gerne Ihren Chef sprechen , sagte meine Begleitung. (Ich sagte nichts mehr, solange wir in diesem Café waren.)
Der ist nicht da. Was wollen Sie denn ?
Eine neue rote Grütze.
Bring ich Ihnen , sagte sie. Brachte sie auch, und ich aß sie. Mir war klar, dass der letzte Akt des Wespendramas erst mit der georderten Rechnung beginnen würde. Darauf tauchten selbstverständlich zwei rote Grützen auf.
Wir zahlen bestenfalls eine, eigentlich zahlen wir gar keine.
Wieso nicht ?
Weil in der einen eine tote Wespe war.
Die hätten Sie ja rauspükern können. Deshalb ist die Grütze trotzdem noch genießbar.
Meine Begleitung schob mit den Kniekehlen den Stuhl nach hinten und zog mich am Pullover hoch.
Ich bezahle hier gar nichts mehr !
Wir gingen. Aus dem Augenwinkel sah ich die verdatterte Bedienung, wie sie verständnislos den Kopf schüttelte.
Meiner Begleitung erklärte ich, dass der Meck-Pommer einfach zu wenig etepetete sei, um sich von einer Wespe das Essen vermiesen zu lassen.
Aber du bist doch auch von hier ?
Ja, mir ist die Wespe auch vollkommen wurscht. Ich hätte die Grütze trotzdem gegessen. Ich wohne nur schon zu lange in Berlin. Jeder um mich herum beschwert sich dauernd über irgendwas. In Mecklenburg-Vorpommern beschwert man sich nicht übers Essen. Das ist den meisten auch nicht wichtig genug.
Und was ist wichtig ?
Vielleicht, dass der Nachbar grüßt.
Achtung ! Wenn Sie nur eine Kleinigkeit essen mögen und Sie auf der Speisekarte ein Ragout fin anlacht, bestellen sie bitte kein Ragout fin, sondern ein Ragufengg, ansonsten werden Sie für den Rest ihres Restaurant-Aufenthalts unter den skeptischen und spöttischen Blicken der gesammelten Belegschaft zu leiden haben (eigene Erfahrung).
Beim Friseur
Neben Optikern und Schuhläden finden sich in Mecklenburg-Vorpommerns Einkaufstraßen vor allem Friseurläden. Ich stehe nicht auf Friseure. Wenn ich da vor den Spiegeln sitze, weiß ich nicht, wohin ich gucken soll. Ich muss Friseurbesuche von meiner Tagesform abhängig machen, und einmal überraschte mich ein gutes Friseurgefühl mitten in Greifswald.
Einfach so zehn Zentimeter ab. Und am Schnitt orientieren. Bisschen stufen und so.
Okay.
Haare werden gewaschen und gekämmt.
Schon mal über Strähnchen nachgedacht ?
Nee.
Würde Ihnen gut stehen.
Nee, nur schneiden.
Meine Oma, die ist jetzt siebenundachtzig und hat sich so rote Strähnchen reinmachen lassen.
Ich wartete darauf, dass sie die Schere ansetzte, aber das tat sie vorerst nicht.
Muss ja nicht rot sein. Wir können auch blonde machen.
Nee, nee, wirklich nicht. Bitte einfach nur so’n Stück ab.
Aber warum ? Die Länge steht Ihnen gut.
Ich hab’s lieber ein bisschen kürzer.
Meine Oma findet, dass man auch im Alter mit der Mode gehen muss. Also wie gesagt, es muss ja nicht gleich rot sein.
Vielleicht will Ihre Kollegin mir die Haare abschneiden, sagte ich und sah Hilfe suchend nach rechts, aber die Kollegin war vollauf damit beschäftigt, ihrer Kundin Farbe ins Haar zu
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