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Gedrillt

Gedrillt

Titel: Gedrillt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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hoffte, er würde mir noch einmal seinen Whisky anbieten, aber vergebens.
    »Hast du’s jemals mit der Angst zu tun gekriegt, Bernd? So, daß du nachts aufwachst und dir einbildest, Schritte im Korridor zu hören?«
    »Angst wovor?«
    »Wie ich höre, sind deine eigenen Leute mit Haftbefehl hinter dir her.«
    »Sag bloß.«
    »In Berlin unterzutauchen ist nicht leicht«, sagte er nachdenklich, fast als wäre ich nicht anwesend. »Deine Leute und die Amerikaner haben hier noch immer die Vollmachten einer Militärregierung. Sie können nach Belieben Post öffnen, Telefone abhören und jeden einbuchten, der ihnen im Wege ist.
    Sogar die Todesstrafe können sie noch verhängen, wenn sie wollen.« Er sah mich an, als sei ihm gerade etwas eingefallen.
    »Hast du diese Meldung in der Zeitung gelesen über die Bürger von Gatow, die sich beim High Court in London über das britische Militär beschwert haben? Anscheinend hat der britische Stadtkommandant von Berlin dem Gericht zu verstehen gegeben, daß er in Berlin als Rechtsnachfolger Hitlers absolut machen könne, was er wolle.« Ein winziges Lächeln, als ob es ihm Schmerz bereitete. »Berlin ist kein guter Platz für einen Flüchtenden, Bernd.«
    »Wer sagt denn, daß ich flüchten will?«
    »Du bist der einzige Mann, den ich kenne, den beide Seiten liebend gerne los wären«, sagte Rudi. Vielleicht hatte er einen besonders schlechten Tag gehabt. Er hatte eine Neigung zur Grausamkeit, die jederzeit zum Vorschein kommen konnte.

    - 11 -
    »Wenn heute nacht irgendwo deine Leiche gefunden würde, gäbe es zehntausend Verdächtige: KGB, CIA, sogar deine eigenen Leute.« Ein Kichern. »Warum machst du dir bloß so viele Feinde, Bernd?«
    »Ich habe keine Feinde, Rudi«, sagte ich. »Nicht solche jedenfalls.«
    »Warum kreuzt du dann aber hier auf in diesen alten Klamotten und mit ‘ner Knarre in der Tasche?« Ich sagte nichts, bewegte mich nicht einmal. Er hatte also die Pistole bemerkt, das war verdammt leichtsinnig von mir. Ich war offenbar nicht mehr ganz auf der Höhe. »Hast du Angst vor Räubern, Bernd? Könnte ich ja verstehen, so wohlhabend wie du neuerdings aussiehst.«
    »Spaß beiseite, Rudi«, sagte ich. »Erzähle mir endlich, was ich wissen will, damit ich nach Hause gehen und ein bißchen schlafen kann.«
    »Und was willst du wissen?«
    »Wo zum Teufel ist der lange Koby hin?«
    »Habe ich dir doch schon gesagt, daß ich das nicht weiß.
    Warum sollte ich von diesem Schmock überhaupt was wissen?« Er schien ziemlich wütend zu sein auf den Langen.
    Ich vermutete, daß die beiden sich ernsthaft verkracht hatten.
    »Weil der Lange immer hier war und jetzt weg ist. Keiner geht ans Telefon, und an die Tür kommt auch keiner.«
    »Aber warum sollte ich irgendwas über den Langen wissen?«
    »Weil du ein sehr enger Kumpel von ihm warst.«
    »Von dem Langen?« Sein saures, schmales Grinsen machte mich wütend.
    »Ja, von dem Langen, du Bastard. Ihr beide habt doch immer zusammengehalten wie …«
    »Zusammengehalten wie Diebe? War es das, was du sagen wolltest, Bernd?« Trotz der Dunkelheit, des lauten Klavierspiels und obwohl wir beide unsere Stimmen dämpften,

    - 12 -
    schienen die Tänzerinnen zu ahnen, daß wir uns stritten. Auf irgendeine seltsame Weise hatte die Beunruhigung sich auf sie übertragen. Das Lächeln glitt ihnen vom Gesicht, und ihre Stimmen wurden schriller.
    »Ganz recht, das wollte ich sagen.«
    »Klopf lauter«, sagte Rudi wegwerfend. »Vielleicht ist seine Klingel kaputt.«
    Oben hörte ich knallend die Tür zuschlagen. Werner Volkmann kam die wunderschöne verchromte Wendeltreppe herab und näherte sich uns auf seine demonstrativ Entschuldigung heischende Art, die er stets zur Schau trug, wenn ich ihn um seinen Schlaf brachte. »Alles in Butter?«
    fragte ich. Werner nickte. Kleindorf sah sich nach ihm um und schaute dann wieder den müden Tänzerinnen zu, wie sie mit ihren sich verheddernden Regenschirmen in die nicht existierenden Kulissen tanzten und dabei gegen die Wand knallten.
    Werner setzte sich nicht. Er packte mit beiden Händen die Stuhllehne und stand da in Erwartung, daß ich aufstehen und gehen würde. Ich war nicht weit von diesem Keller mit Werner Jacob Volkmann zur Schule gegangen. Er war noch immer mein bester Freund. Er war ein großer Mann, und der lange Mantel mit dem großen gelockten Astrachan-Kragen ließ ihn noch größer erscheinen. Der wilde Bart war verschwunden –
    auf eine beiläufige Bemerkung von Ingrid,

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