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Gefaehrliche Begierde

Gefaehrliche Begierde

Titel: Gefaehrliche Begierde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Coreene Callahan
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Direktor hat Besseres zu tun, als dir in die Suppe zu spucken.«
    »Hey, Rally«, rief einer der Wärter im anliegenden Flur. »Wieso dauert es so lange? Kommt sie oder was?«
    Reggie hielt sich an die Regeln, ergriff ihren Arm, umfasste ihren Bizeps mit seiner großen Pranke und führte sie um die Kurve. Er sah sie streng an und gab ihr einen leichten Schubs Richtung Korridor. »Nun mach schon... die Besuchszeit ist fast vorbei.«
    J.J. nickte und gehorchte. Als sie durch den Korridor ging, machten ihre Schuhe keinerlei Geräusch auf dem frisch gewachsten Boden. Das überraschte sie nicht. Sie machte so gut wie nie Geräusche. Stille war ihr Ding... ihre Wahl der Waffe an einem Ort, an dem einem Extravaganz und Geschwätzigkeit nur falsche Aufmerksamkeit eintrug.
    Erst recht ein Grund, ihr Geheimnis für sich zu bewahren.
    Gefängnisinsassen waren wie Aasgeier: ständig auf der Lauer und auf den richtigen Moment wartend, um zuzuschlagen. Und wenn sie einen schwachen Punkt fanden?
    Fast immer folgte Erpressung, sodass sich im Hintergrund zu halten - die Leute deine Existenz vergessen zu lassen -immer die beste Uberlebensstrategie war.
    Ein Gefängniswärter zog die Tür zum Besuchszentrum für sie auf. J.J. murmelte ein Dankeschön und glitt über die Schwelle in ein organisiertes Chaos. Einen Moment blieb sie regungslos stehen und überflog die Menschenmenge, lauschte dem Gemisch aus weiblichen und tieferen männlichen Stimmen. Das sinfonische Gemurmel sammelte sich an der Decke, bevor es zurückprallte von den weißgetünchten Betonwänden mit ihren RAUCHEN VERBOTEN- und GOTTESLÄSTERUNG VERBOTEN-Schildern. Strapazierfähige Möbel ringsum, die Tischbeine an den Betonboden geschraubt, unbequeme Stühle an Stahlrahmen geschweißt, alles zweckmäßig, alt und hässlich.
    Komisch. Niemand beschwerte sich jemals über den Mangel an Bequemlichkeit. Niemanden interessierte es. Alles, worauf es ankam, war der Kontakt, das Miteinanderreden, wenn die Insassen mit ihren Familien, Liebsten und Freunden vereint waren. J.J. beobachtete die lebhafte Szene einen Moment - erfreute sich an den lächelnden Gesichtern, gestikulierenden Händen und strahlenden Augen dann überflog sie die Tische und suchte in der Menge nach ihrer Schwester.
    Sie erblickte Tania ganz hinten im Raum. Sie verzog die Lippen, und die Freude erwärmte sie innerlich. Treu bis zur Selbstaufgabe kam ihre Schwester immer, und J.J. war so dankbar, dass sie jedes Mal gegen Tränen ankämpfte, wenn sie sie da sitzen sah. Wie sie geduldig wartete. Sich ihrer
    Situation ohne mit der Wimper zu zucken stellte. Mit so viel Liebe und Akzeptanz in ihrem Blick, dass J.J. sich fragte, was sie getan hatte, um das zu verdienen.
    Nichts, wusste sie. Tatsächlich genau das Gegenteil.
    Sie hatte einen Mann erschossen mit einem gestohlenen Kaliber 22.
    Spielte es eine Rolle, dass sie so gut wie keine Wahl gehabt hatte? Dass seine Drohungen, sie umzubringen, nicht einfach nur leeres Gerede waren? Nein. Nicht ein bisschen. Um sich und Tania zu schützen, hatte sie ihren gewalttätigen Freund in eine Falle gelockt, ihn zum Angriff provoziert und dann voll Blei gepumpt. Also nein, sie verdiente das Verständnis ihrer Schwester und ihre zweiwöchentlichen Besuche nicht. Aber dieser Mord war die Verurteilung zu fünfzehn Jahren Gefängnis, den Verlust ihrer Freiheit wert. Ihr zum Dank war Tania noch am Leben, und sie auch.
    Als sie auf sie zuging, lächelte Tania zur Begrüßung, stand aber nicht auf. Es war sicherer so. J.J. verlangte so dringend nach einer Umarmung, dass sie das spürte — und ihre Schwester hätte es auch gern getan -, aber körperlicher Kontakt war verboten. Das eine Mal, wo sie diese eiserne Regel übertreten und sich umarmt hatten, hatten die Wärter ihr die Hölle heiß gemacht und ihr einen Monat lang ihre Besuchsrechte gestrichen.
    »Hey, Baby J.« Ihre Unterarme auf den zerkratzten Tisch gestützt, beugte sich Tania zu ihr vor. »Wie läuft der Krieg?«
    »Besser als deiner, glaube ich«, sagte J.J., die ihrer Schwester ansah, wie wütend sie war, als sie ihr gegenüber in die Bank glitt. Ach du Schande. Das verhieß nichts
    Gutes. Wann immer Tania verärgert war, folgten stürmische Zeiten, vor denen sich jeder, der ihr im Weg stand, tunlichst in Acht nahm.
    Tania verzog das Gesicht. »Man sieht mir an, dass ich stinksauer bin, nicht wahr?«
    »Gewitterwolken hoch zehn.« J.J. tastete nach der Ecke des Briefs, den sie unter ihr langärmliges Hemd geschoben

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