Gefährliche Gefühle - zu schön zum Sterben
viel zu aufdringlich! Und überhaupt gar nicht mein Stil. Oder doch? Alte Schabe, ich hatte ja so gar keinen blassen Schimmer, wie man sich seinem Freund gegenüber richtig verhielt! Und niemanden, mit dem ich darüber reden konnte. Ich konnte ja schlecht meine Mutter zurate ziehen. Und eine beste Freundin hatte ich derzeit auch nicht. Geschweige denn überhaupt irgendwelche Freundinnen. Und meinen besten Freund konnte ich so was natürlich auch nicht fragen. Schöner Mist. Ich musste es einfach so machen, wie ich es für richtig hielt. Und ich hielt es jetzt und hier einfach mal für richtig, meinen neuen Freund zu küssen. Was ich heute nämlich noch so gut wie gar nicht gemacht hatte. Ich war regelrecht auf Knutschentzug! Da hatte ich eine Idee. Ich würde ihn jetzt in eine Umkleidekabine ziehen, um ganz ungestört und vor allen neugierigen Blicken sicher zu sein.
»Was hast du vor?«, fragte er, als er meinen entschlossenen Gesichtsausdruck bemerkte. »Du siehst aus, als wolltest du einen Hirsch mit bloÃen Händen erlegen.«
»So was in der Art«, sagte ich, ging in Richtung Umkleidekabinen und bedeutete ihm mit einem Kopfnicken, mir zu folgen. Drei Reihen weiter sortierte eine Verkäuferin T-Shirts in ein Regal. Sie sah in unsere Richtung.
Vor den Umkleiden blieb ich stehen und sagte leise zu Enzo: »Ich gehe jetzt dahinein, und wenn die Luft rein ist, kommst du nach, okay?«
Er verdrehte belustigt die Augen. »Wird gemacht, Chefin.«
Vor lauter Aufregung fiel mir meine Tasche auf den Boden, als ich sie an den Haken der Umkleidekabine hängen wollte. Schnell hob ich sie auf, dann überprüfte ich den Sitz meiner Haare (mittelmäÃig) und legte Lipgloss auf (völlig egal, dass er gleich weggeknutscht wäre). Dann setzte ich mein verführerischstes Lächeln auf und wartete. Es dauerte ziemlich lange. Was war los? Ich warf einen Blick in den Spiegel und bemerkte, dass mein verführerisches Lächeln so aussah, als hätte ich Zahnschmerzen (Notiz an mich selbst: zu Hause üben!). AuÃerdem war mir sowieso nicht mehr nach Lächeln. Wo blieb der Kerl? Traute er sich etwa nicht?
»Enzo!«, hörte ich plötzlich eine weiche, tiefe Frauenstimme sagen. »Das ist ja eine Ãberraschung.«
»Violetta!«, rief Enzo. Violetta? Wer um alles in der Welt hieà denn Violetta? Ich öffnete die Tür einen Spalt und linste hinaus. Da sah ich sie. Enzo. Und diese Frau. Sie küsste ihn auf beide Wangen.
»Madonna«, rief sie affektiert und entlarvte sich mit ihrem perfekten italienischen Akzent als Landsfrau von Enzo. »Gut siehst du aus!«, säuselte sie weiter. »Macht dir deine Oma immer noch jeden Sonntag Canelloni?« Sie lachte und schüttelte dabei ihre armreifgroÃen silbernen Creolen und ihre schwarzen Haare, die dick wie Schiffstaue waren und glänzten wie Seide im Licht der aufgehenden Sonne. Ich schnappte mir sofort meine Tasche und verlieà die Umkleide, um mir das Ganze etwas näher anzusehen. Hocherhobenen Kopfes schlenderte ich scheinbar zufällig in die Nähe der beiden. Enzo stand mit dem Rücken zu mir und ich hatte einen guten Blick auf Violetta. Sie war einen Kopf kleiner als Enzo und trug eine taillierte Lederjacke, die sie mit einem Gürtel so eng geschnürt hatte, dass ich mich fragte, wie sie Luft bekam, wenn sie nicht tatsächlich eine Wespentaille hatte. Dazu schwarze glänzende Steghosen und Uggs. Obwohl Violetta sich nicht viel bewegte, schien ihr ganzer Körper in Schwingung zu sein und jede Geste wirkte geschmeidig und betonte die Kurven ihrer perfekt runden Hüften. Sie sah so aus, als wäre sie nur dazu geboren worden, um mit Lasagne und Tiramisu ihren Luxuskörper in Form zu halten. Eine heiÃe Welle der Wut durchschoss mich. Und dann stutzte ich. Jetzt, wo ich das erste Mal richtig verliebt war, musste ich feststellen, dass ich einen weiteren Fehler hatte (das wären dann also insgesamt neun!). Ich war eifersüchtig! Das konnte ich ja kaum glauben! Und das passte mir auch überhaupt nicht. Ich wollte cool sein. Gelassen. Souverän. Eifersucht war was für Idioten. Aber leider, leider war ich eine von ihnen. Verflixt noch eins!
Enzo erblickte mich. Sah mir ein, zwei Sekunden in die Augen, ich schaute ihn fragend an, aber seine Miene blieb undurchdringlich.
»Ich habe an dich gedacht«, sagte Violetta und legte vertraulich ihre
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