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Gefaehrliche Gefuehle

Gefaehrliche Gefuehle

Titel: Gefaehrliche Gefuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Dietz
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einem eiskalten Dezembermorgen aufzustehen, als die Aussicht, gleich nach dem Frühstück den Mann zu sehen, in den man bis über beide Ohren verliebt ist. Und der mir helfen würde, das Problem mit Bastian zu lösen, bevor eine Katastrophe draus wurde.
    Ich machte eine Katzenwäsche, stopfte mir ein Leberwurstbrot und ein paar Gewürzgurken rein, stürzte ein Glas warme Milch hinunter und eilte vorfreudig zum Aufenthaltsraum. Doch der war leer. Vermutlich wartete Enzo an der Garage auf mich und wärmte den Wagen vor, damit ich auf dem Weg zur Schule nicht fror. Er war ja so süß! Ich schnappte mir meinen Mantel und wollte gerade rausgehen, da kam mein Vater die Treppe runter.
    »Natascha, warte«, sagte er. »Ich fahre dich heute.«
    »Was? Wieso?«
    Aber er antwortete nicht, weil er schon in der Küche verschwunden war, wo er sich von meiner Mutter verabschiedete. Ich wunderte mich. Aber vermutlich hatte er Enzo einfach auch den Vormittag freigegeben. Auf dem Weg versuchte mein Vater, mich in ein Gespräch zu verwickeln und zu erfahren, wie es mir denn so ginge und ob die Mädchen in meiner Schule nett wären und womit ich mir denn sonst so die Zeit vertrieb, aber ich blieb einsilbig. Es war nicht der richtige Moment, um ihm das mit Enzo zu beichten. Außerdem kreisten meine Gedanken immer wieder um Bastian. Erst als wir an der Schule ankamen, kehrte ich ins Hier und Jetzt zurück.
    »Ah«, rief ich erleichtert, als wir vor der Schule hielten. »Endlich keine Reporter mehr!« Das Thema Mord an der Privatschule schien keinen mehr zu interessieren. Umso besser!
    Die Abwesenheit der Journalisten wirkte sich direkt aus. Keiner redete mehr über Milena oder Laura und anscheinend war auch die Angriffslust zwischen Kim und Jennifer etwas abgekühlt. Erst in den letzten beiden Stunden ging es wieder heiß her. Das lag aber nur an Beate Friedrichs, Kunstlehrerin und größte Zicke der Schule. Sie hatte heute beschlossen, uns mit rezeptiv-praktischer Bildanalyse zu quälen.
    »Was ist das denn Langweiliges?«, maulte Kim.
    »Wer kann Kim diese Frage beantworten?«, fragte Beate Friedrichs mit ihrer metallischen Stimme, die sie sonst für mich reserviert hatte, während sie bei den anderen einen auf beste Freundin machte (selbstverständlich ohne vergessen zu lassen, dass sie die Macht hatte). Wenn ich nicht gewusst hätte, dass die Geschehnisse der vergangenen Wochen sie persönlich betroffen hatten, hätte ich ja darauf getippt, dass ihre miese Laune an der scheußlichen petrolfarbenen Pannesamt-Tunika lag, die über ihren schwarzen Leggings aus Kunstleder schwang. Pannesamt! Trägt ja so was von auf!
    »Nun. Niemand?« Sie ließ ihren Blick abschätzig durch die Klasse schweifen. »Ha. Ihr müsst wirklich noch viel lernen«, sagte sie und verzog verächtlich ihren lila geschminkten Mund. Nicht gut. Gar nicht gut. Arroganz ist bekanntlich eine der beiden Sachen, die mich am schnellsten auf die Palme bringen. Knapp hinter Ungerechtigkeit. Beides zusammen genommen torpedierte mich in 0,4 Sekunden auf die höchste Palme weit und breit.
    »Oje«, rief ich gespielt verzweifelt. »Wir müssen noch so viel lernen! Wie sollen wir das bloß machen? In einer Schule! Bei einer Lehrerin!« Einige kicherten.
    »Natascha Sander«, sagte die Friedrichs eisig. »War ja klar, dass von dir wieder unreife Kommentare kommen mussten.«
    »Ich weiß nicht, wann ich Ihnen das Du angeboten habe, aber wenn du drauf bestehst, können wir uns auch duzen«, sagte ich.
    Sie machte den Mund auf, als wollte sie was erwidern, beließ es aber bei einem wütenden Starren.
    »Wären Sie jetzt wohl so freundlich, mit dem Unterricht weiterzumachen?«, fragte ich. »Ich für meinen Teil würde sonst nach Hause gehen.«
    Sie fuhr schnaubend herum, sodass ihre schweren Ohrringe (jeweils zwei Glas-Kirschen am Stängel mit grünem Blatt. Wie frisch vom Baum gepflückt! Als Schmuck! Noch Fragen?) herumwirbelten und ihre schlaffen Ohrläppchen noch ein paar Millimeter weiter Richtung Boden ausleierten. Sie ging zum Laptop auf ihrem Pult und kurz darauf erschien auf der Wand die Abbildung eines düsteren Gemäldes mit einem bärtigen Glatzkopf und einem Engel, der ihm von oben irgendwas zuflüsterte. »Wir beschäftigen uns heute mit Caravaggios Gemälde Der heilige Matthäus und der Engel«, sagte Beate Friedrichs mit zusammengekniffenem Mund.
    »Sieht Lothar Matthäus aber gar nicht ähnlich«, warf Beatrix kichernd ein.
    »Vielen Dank für diesen wertvollen

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