Gefaehrliche Maskerade einer Lady
verdiente, da er als Familienoberhaupt das Recht dazu hatte.
Jede Münze, von der er wusste. Aber Laila und Ayisha hatten einen perfekten Plan ausgeklüngelt.
„Omar ist kein Mann, er ist ein Blutegel“, sagte Ayisha bestimmt. „Und so etwas wie Frauenarbeit gibt es nicht, es gibt nur Arbeit. Wenn Laila dich also bittet, Kräuter zu sammeln, tust du es! Kapiert?“ Ali nickte seufzend. Dann äugte er sehnsüchtig zu dem fremden Engländer in seinen hohen schwarzen Stiefeln hinüber. Er war so groß, so imposant und so viel aufregender als diese Kräuter. „Können wir ihn nicht bitten, uns das Bild zu zeigen?“
„Nein.“
„Warum nicht? Ich will es aber sehen. Wieso bist du denn hier?“ „Ich bin zufällig vorbeigekommen und aus reiner Neugier stehen geblieben“, entgegnete sie beiläufig. „Aber ich habe zu tun, genau wie du, mein kleiner Kräutersammler. Also, lauf los!“ Sie gab ihm einen leichten Schubs in Richtung Fluss.
Ali blickte sie mürrisch an und trollte sich widerwillig. Doch dann hellte sich seine Miene auf und er flitzte los. Ayisha schmunzelte. Man musste Ali einfach gern haben. Sie drehte sich nach dem Engländer um, der seinen Weg vollkommen in sich gekehrt fortsetzte.
Gamal blieb vor seinem Haus stehen und prahlte vor der kleinen Schar Neugieriger, die nun näher rückte. Ayisha schlich sich von hinten an, um zu hören, was Gamal zu sagen hatte.
„Mein Besucher ist ein großer Lord aus England. Er heißt Ramses und ist ein Bruder des englischen Königs.“
Pah, dachte Ayisha verächtlich. Als ob ein englischer Prinz ganz allein mit einem Dolmetscher, aber ohne bewaffnete Leibgarde durch die schmutzigen Gassen von Kairo spazieren würde. Selbst wenn der englische König dies seinem Bruder gestatten sollte, Mehmet Ali, der Pascha von Kairo, würde es verbieten.
Gamal warf sich in die Brust: „Er hat die lange Reise von der anderen Seite der Welt gemacht, nur um mit mir zu reden. Er hat mich nach dem anderen Engländer gefragt, der früher in der rosafarbenen Villa am Flussufer gewohnt hat.“
„Ist der andere nicht tot?“, fragte jemand.
„Ja“, antwortete Gamal. „Aber etwas aus seinem Besitz ist verloren gegangen, und die Familie des Engländers will es wiederfinden.“
Etwas aus seinem Besitz ist verloren gegangen. Ayisha spürte einen eiskalten Schauer auf ihrem Rücken.
„Hast du es gestohlen, Gamal?“, scherzte ein Umstehender und alle anderen lachten, allerdings nicht freundlich.
„Wie sollte einer wie ich, der mit englischen Lords verkehrt, mich mit so unwissenden Fellachen abgeben?“ Gamal sah seine Nachbarn hochmütig an, ging zurück ins Haus und schloss die Tür.
Die Männer brummten verärgert und zerstreuten sich in kleinen Grüppchen. Von ihnen würde Ayisha nichts erfahren.
Sie holte den Engländer und seinen Dolmetscher wieder ein, als sie in eine schmale gepflasterte Gasse einbogen. Der Mut drohte sie zu verlassen. Sie kannte die Gasse. Das drittletzte Haus war in gewissen Kreisen wohl bekannt.
Es war Zamils Haus.
Natürlich klopfte der Engländer an dessen schwerer eisenbeschlagenen Tür.
Ayishas Magen zog sich schmerzhaft zusammen. Was konnte der Fremde von Zamil wollen?
Sie drängte sich in den Schatten, während der Übersetzer mit jemand durch das kleine Gitterfenster sprach. Kurz darauf wurde die Tür geöffnet und die Männer traten ein. Die schwere Tür fiel hinter ihnen ins Schloss.
Jede Faser in ihr schrie auf und riet ihr, schleunigst zu verschwinden. Sie machte kehrt, blieb dann aber unschlüssig stehen. Sie musste wissen, womit sie es zu tun hatte.
„Was hast du vor Zamils Haus zu suchen, du Zwerg?“, knurrte eine tiefe Stimme hinter ihr.
Sie fuhr herum. Vor ihr türmte sich ein riesiger Mann auf, dessen hässliches, vernarbtes Gesicht ein mächtiger schwarzer Schnauzbart zierte. Ayisha erkannte ihn sofort. Jeder, der auf der Straße lebte, kannte ihn als Zamils Griechen, den bösartigsten und schnellsten Messer-Mann in ganz Kairo.
„Na, rede schon! Willst wohl einen heimlichen Blick auf Zamils Ware werfen, was?“ Hämisch grinsend beugte er sich ganz nah an Ayishas Gesicht und zeigte dabei seine braunen Zähne, von denen einige spitz geschliffen waren. Sein Atem stank faulig.
Es wäre ein Fehler, vor einem solchen Mann Angst zu zeigen. Ayisha wies gleichmütig mit dem Kinn zur Tür. „Mein Herr, dieser englische Lord, ist dort drin.“
„Dein Herr!?“, höhnte der Grieche laut. „Kein Kunde von Zamil und schon
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