Gefaehrliche Versuchung
Stimme, die leicht zitterte, »doch wenn du irgendetwas ohne mein Wissen oder meine Zustimmung unternimmst, wirst du dafür bezahlen. Und du weißt, dass ich mich rächen kann, Harry.« Sie bebte und kochte innerlich vor Wut. »Du weißt es.«
»Er will dich nur beschützen«, wandte Drake ein.
»Halt den Mund, Marcus«, knurrten beide gleichzeitig, ohne den Blick voneinander abzuwenden.
»Was auch immer du von mir hältst«, sagte sie zu Harry, »du wirst meine Dienerschaft, die an deiner Seite gekämpft hat, nicht beleidigen, indem du sie wegschickst. Und du wirst mich, verdammt noch mal, auch nicht beleidigen, indem du dies tust.«
Harry warf Drake einen kurzen Blick zu, aber Drake lächelte nur. Mit gespreizten Fingern fuhr Harry sich durchs Haar und schüttelte den Kopf. »Hast du es noch immer nicht begriffen? Da draußen gibt es Menschen, die dich wegsperren wollen, und es gibt Menschen, die dich umbringen wollen. Und es sind nicht einmal dieselben Leute. Du kannst nicht wissen, wem du trauen kannst!«
Sie lachte und fühlte sich von Minute zu Minute panischer. »Glaubst du wirklich, dass ich Finney, Maurice oder George nicht trauen kann? Sei kein Idiot, Harry.«
»Na gut«, erwiderte er gereizt, »dann bleib. Rede, mit wem du willst. Aber lass mich in Ruhe, damit ich tun kann, was ich tun muss.«
Von dem Moment an tat Harry genau das, wovor Kate sich am meisten gefürchtet hatte: Er übernahm die Kontrolle. Es war nicht offenkundig. Er schlug nicht mit der Faust auf den Tisch oder schwang die Reitpeitsche, wie Murther es getan hatte. Aber als er ihre und seine Leute in den großen Salon bat, um sie in die neuen Sicherheitsmaßnahmen einzuweisen, konnte kein Zweifel daran bestehen, dass er schon Männer in die Schlacht geführt hatte. Er reagierte schnell, war organisiert und auf eine ruhige Art und Weise unerbittlich.
Nachdem sie darauf bestanden hatte, an dem Treffen teilzunehmen, saß Kate an seiner Seite und versuchte, sich selbst davon zu überzeugen, dass sie ihren Einfluss aufrechterhielt. Allerdings verspürte sie ein immer stärker werdendes Gefühl, dass ihr alles entglitt. Physisch hatte sich nichts verändert. Die Wände ihres Salons waren noch immer mit hellgrüner Seide bespannt. Die Möbel waren immer noch chinesisches Chippendale mit goldenen Kissen und kunstvoll verziertem Holz. An ihren Wänden hingen die Bilder von Constable und Canaletto, die sie so liebte. Ihre Bediensteten wandten nicht den Blick von ihr ab, und Thrasher saß im Schneidersitz zu ihren Füßen, falls sie ihn brauchte.
Dennoch fragte sie sich, wie lange es dauern würde, bis Harry das alles verändern würde. Zuerst würde nur ein Sessel weichen, weil er den Raum zu überladen wirken ließ. Dann würden ihre Bilder durch seine Gemälde ersetzt. Oder er würde aus dem Tagessalon ein Arbeitszimmer machen. Vielleicht würde er die Tulpen auch gegen Roggen austauschen und bekannte Gesichter gegen unbekannte, bis sie schließlich nicht mehr in ihr eigenes Leben passen und nichts Vertrautes mehr übrig sein würde außer Enttäuschung und Angst.
Ihre Bankiers würden sich nicht mehr mit ihr treffen. Ihr Gutsverwalter würde Probleme an Harry herantragen. Ihre Bediensteten würden sich wegen Anweisungen an ihn wenden und nach seinen Vorlieben fragen. Und Harry würde selbstverständlich die Verantwortung übernehmen. Er würde sich um sie kümmern. Er würde sich um alles kümmern und nicht einmal bemerken, dass er sie dessen beraubte, was sie sich immer gewünscht hatte: die Kontrolle über ihr eigenes Leben.
Und wenn er das getan hätte und fertig wäre, dann würde er verschwinden und sein Leben leben, das ihn um den Erdball führte. Irgendwann würde er zurückkehren, ohne sie vorher zu benachrichtigen. Und dann würde alles wieder von vorn beginnen. Ein solches Leben könnte sie nicht ertragen.
Als hätte sie Kates Gedanken gehört, streckte Bea den Arm aus und ergriff Kates Hand. Kate drückte die knorrigen Finger sanft und lächelte ihrer Freundin zu. Ihr Kopf fühlte sich allmählich an, als würde er in zwei Teile zerspringen. Die Welt um sie herum wirkte wässrig-verschwommen, und sie hatte den Eindruck, sie würde vom Grund eines Sees aus zuhören, was gerade vor sich ging. Sie musste allein sein, durch ihr Haus gehen und ihren Zufluchtsort festhalten, als könnte sie ihn so beschützen – wie eine Katze, die ihr Revier markierte, um Rivalen fernzuhalten.
Nur dass der Rivale, den sie fernhalten wollte,
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