Gefaehrliche Versuchung
her. »Aber ich kann nichts tun. So ist das Gesetz.«
Bea schnaubte verächtlich. »›Der Teufel zitiert die Bibel, wie es ihm am besten passt.‹«
Harry blinzelte überrascht. Grace lächelte. Diese Äußerung bedurfte keiner Deutung.
»Ich kann Sicherheitsfragen nicht ruhigen Gewissens an andere übertragen«, sagte Harry. »Was meine Ehe betrifft, kann ich nur versprechen, mein Bestes zu tun.«
Wieder blickte Bea ihn eindringlich und forschend an. Irgendwie musste sie gefunden haben, wonach sie gesucht hatte, denn schließlich lächelte sie.
Harry schien zu seufzen. »Ich weiß, dass es schwierig für Sie war, Lady Bea«, sagte er. »Deshalb hat Ihr Gesang mir auch so viel bedeutet. Ich werde dieses Geschenk niemals vergessen.« Er nahm ihre Hand und hauchte einen Kuss darauf.
Bea errötete. »Pandoras Box.«
Harry warf Grace einen fragenden Blick zu. »In der sich alles Böse der Welt befindet?«
Bea sah zu Grace. Grace lächelte. »Darin befindet sich allerdings auch die Hoffnung der Welt, Harry.«
Harry schien sich fast genauso unwohl zu fühlen wie Bea. »Sie werden doch bei uns bleiben, oder?«, fragte er die alte Dame. »Ich kann mir nicht vorstellen, wie Kate ohne Sie weiterleben sollte.«
Dicke Tränen sammelten sich in Beas Augen. »Anstandsdame.«
Harry runzelte die Stirn. »Sie sind kein Anstandsdame. Sie gehören zur Familie.«
Es dauerte einen Moment, aber schließlich tätschelte sie Harrys Hand. »Familie.«
Ein letztes Mal drückte er Beas Hand und stand dann auf. »Und du, Grace? Kannst du eine Weile bleiben, um dabei zu helfen, dass Kate nicht an ihren Fesseln zerrt?«
Grace dachte an die Arbeit, mit der sie in ihrem Zuhause in Longbridge begonnen hatte, und an die Menschen, die sie so überstürzt zurückgelassen hatte. Doch dann dachte sie daran, wie still es in dem Haus war, wenn die Sonne untergegangen war. Wie leer es war. Und was Kate für sie getan hatte. »Es wäre mir eine große Freude.«
Er nickte. »Ich danke euch beiden. Ich kann mir vorstellen, dass ihr euch ein bisschen ausruhen möchtet. Tut mir nur einen Gefallen. Versprecht mir, dass keine von euch das Haus verlassen wird, bis ich zurück bin. Sagt Mudge Bescheid, wenn ihr unseren Freund wiederseht. Und niemand außer Finney geht an die Tür.«
»Natürlich.« Grace half Bea, aufzustehen. »Was ist mit dir, Harry? Wie sehen deine Pläne aus?«
»Was mit mir ist?« Sein Lächeln war dieses Mal finster. »Ich glaube, es ist an der Zeit, einen Mann zu treffen und ihn dazu zu bewegen, ein anrüchiges Bild meiner Frau aus seinem Klub zu entfernen.«
Mudge brauchte nicht lange, um Harry dabei zu helfen, den Wechsel vom Offizier in einen Herrn aus der Stadt zu vollziehen. Statt der grünen Uniform trug er ein blaues Jackett, eine perlgraue Hose mit einer silbernen Weste mit Uhrentasche. Nach den Spezialaufträgen, die er für Wellington und Scovell auf dem Kontinent ausgeführt hatte, wusste Harry, wie wichtig die richtige Tarnung war.
Fünfzehn Minuten später trat er aus der Tür und wollte gehen. Stattdessen trugen ihn seine Füße zum Ende des Flurs, bis vor Kates Doppeltür. Sie hatte in den letzten Tagen viel durchgemacht. Er wollte sich davon überzeugen, dass es ihr gut ging.
Die Hauptsuite befand sich im hinteren Teil des Hauses und bestand aus zwei Schlafgemächern, die durch einen kleinen Salon verbunden wurden. Die gute und die schlechte Nachricht war, dass dieser kleine Salon und jedes Schlafzimmer jeweils eine Tür zum Flur hatten. Als Erstes sorgte Harry dafür, dass zumindest die Schlafzimmertüren abgeschlossen waren. Dann schlüpfte er in den Salon und erblickte Kates Zofe, die am Fenster saß und nähte.
»Kann ich Ihnen behilflich sein, Sir?«, fragte sie und erhob sich.
Harry wies auf die verschlossene Tür zu Kates Schlafzimmer. »Wie geht es ihr?«
Seltsamerweise blickte Bivens aus dem Fenster. »Oh, sie schläft.«
Harry nickte. Trotzdem ging er zu der angrenzenden Tür und drehte am Türknauf.
Die Tür war abgeschlossen.
»Was soll das?«, wollte er wissen.
Bivens, eine etwas ungepflegte blonde Frau, die bestimmt nicht immer als Bedienstete gearbeitet hatte, stellte sich zwischen ihn und die Tür. »Ihre Durchlaucht schätzt es nicht, gestört zu werden«, sagte sie.
»Sie können sie nicht einsperren«, widersprach er.
»Das habe ich auch nicht. Sie hat mich ausgesperrt.«
Er sah sich um, als würde die Antwort in einer Zimmerecke lauern. »Aber das ist lächerlich. Was ist,
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