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Gefaehrliche Versuchung

Gefaehrliche Versuchung

Titel: Gefaehrliche Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eileen Dreyer
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isolieren. Sie hat versucht, einen Wächter zu beißen, als sie sie baden wollten. Aber wir haben ihr versichert, dass sie rauskommen würde, sobald sie sich gesittet verhalten würde. Frauen sind sehr gesellig, wissen Sie? Sie können es nicht ertragen, Klatsch und Tratsch zu verpassen. Irgendwann sehen sie es ein.«
    Er lächelte. Der Bastard lächelte.
    Harry schloss die Augen. »Isolation. Gab es in dieser Isolationszelle Fenster?«
    »Damit die Möglichkeit besteht, dass ein Patient sich mit Glasscherben selbst verletzt? Selbstverständlich nicht. In dem Raum gibt es nichts, was eine Gefahr darstellen könnte.«
    Sie war seit mindestens zwölf Stunden in der Anstalt. Wie lange hatte man sie im Dunkeln eingesperrt? Harry machte sich nicht die Mühe, den Arzt zusammenzuschlagen. Er hob Kate einfach hoch und dachte, wie kalt und klein sie sich anfühlte. Viel zu klein.
    Sie reagierte nicht. Ihre Pupillen veränderten sich nicht einmal. Sie lag still in Harrys Armen, blinzelte nicht und sagte auch nichts.
    »Armes kleines Ding«, flüsterte Ian, nahm die Decke vom Bett und schlang sie um sie.
    »Komm, meine Kleine«, murmelte Harry und drehte sich zur Tür um. »Auf geht’s.«
    Ohne noch mehr Zeit zu vergeuden, trug er sie aus dem Haus und setzte sich mit ihr zu Chuffy in die Kutsche. Er musste sie in Sicherheit wissen. Er musste mit ihr nicht nur von diesem Ort verschwinden, sondern auch fort von diesen Zeugen. Die Kate, die er kannte, genoss die anregende Empörung der anderen. Mitleid dagegen war etwas ganz anderes.
    »Wohin?«, fragte Ian und steckte den Kopf durch die Tür.
    »Zu ihr nach Hause. Sie muss Bea sehen.«
    Ihm gegenüber saß Chuffy und nickte. »Es gibt nichts Besseres als das eigene Bett, um sich zu beruhigen.«
    »Nicht ihr Bett«, widersprach Harry. Die schweigende Kate auf seinem Schoß zu spüren, das beunruhigte ihn. Im Augenblick würde er alles tun, um sie schimpfen zu hören. »Das ist nicht das, was sie braucht.«
    Kate war sich nicht sicher, wann sie anfing, zurückzukehren. Zuerst war sie verwirrt. Die Zeit schien sich aufgelöst zu haben, und sie war wieder fünfzehn Jahre alt. Sie war mit Harry in der Schlucht und sah sich an der Sonne und der Schönheit von Harrys Lächeln satt. Das tat sie am liebsten: in seinen Armen am Bach liegen, beobachten, wie die Eichen ausschlugen, und Harrys beruhigenden Herzschlag an ihrer Wange spüren. Wo sie den würzigen Duft der Glockenblumen riechen konnte und wusste, dass dieser Geruch sie immer wieder an diesen Ort zurückbringen würde.
    Harry würde sie hoffnungslos romantisch nennen. Er würde ihr sagen, dass sie nur riskierte, Sommersprossen zu bekommen, wenn sie ohne Haube im Gras lag. Und dann würde er ihr mit Freude erklären, wie das Sonnenlicht die Flecken hervorrief. Es war ihr egal. Die Luft war klar, das Sonnenlicht war frei, und sie hatte vor, alles in sich aufzunehmen, was sie bekommen konnte, ihren Hunger zu stillen und alles zu genießen wie ein Weihnachtsessen.
    Neben ihr murmelte Harry ihr etwas ins Ohr. Sie konnte nicht genau verstehen, was er sagte, doch sie wusste, dass er ihr sagte, er liebe sie. Bald, wenn sie die tröstliche Wärme seiner Umarmung noch ein wenig ausgekostet hätte, würde sie den Arm ausstrecken und die Konturen seines kantigen, starken Gesichts nachzeichnen, und sie würde flüstern: Sic itur ad astra. Das ist der Weg zu den Sternen. Und sie würde daran glauben.
    »Harry«, murmelte sie und schmiegte sich dichter an seine Brust, »küss mich.«
    Sie verstand nicht genau, warum sie Harry erst ermutigen musste. Und trotzdem war er erstarrt, als wäre er sich nicht sicher, was er tun sollte.
    »Harry, bitte.«
    Harry beugte sich über sie, legte seine große raue Hand an ihre Wange und drückte seine Lippen auf die ihren. Seine Lippen waren so weich, sein Atem war wie eine frische Brise. Er knabberte an ihrer Unterlippe, als wäre sie ein Bonbon, und saugte gerade fest genug daran, um sie zu schmecken. Mit den Fingerspitzen streichelte er sie sacht und jagte ihr Schauer über die Haut. Ihr Körper, der seltsam kalt war, fing an, aufzutauen, warm zu werden, zu glühen. Es war ein merkwürdig fremdes Gefühl, fast so, als hätte sie es vor langer Zeit verloren.
    Sie wollte mehr. Sie wollte die Hand heben, um ihn zu berühren, aber die Hand fühlte sich bleischwer an. Sie fühlte sich bleischwer und steif an, als wäre sie vom Pferd gestürzt oder zu weit gelaufen. Und doch wollte sie diesem sonderbaren

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