Gefährlicher Fremder - Rice, L: Gefährlicher Fremder
fünfzig Meter näherte, förmlich entgegenschrie: Halt dich von ihr fern!
Er hatte wenigstens zwanzig Ringe gezeigt bekommen, die diesen Zweck erfüllen würden. Morgen würde er einen von ihnen kaufen.
Was für eine Ironie, dass er sich auf die Suche nach einem Diamantring machte, wo in seinem Safe ein Vermögen in ungeschliffenen Diamanten lag.
Aber er war nicht eine Sekunde lang versucht, einen von den Steinen in dem Beutel zu nehmen. An ihnen klebte Blut. Sie waren von Kummer und Leid verunreinigt. Niemals würde er einen von ihnen auch nur in ihre Nähe lassen. Er musste die Steine loswerden, so schnell er es einrichten konnte. Er wollte, dass sie aus seinem und Carolines Leben verschwanden. Es gab eine perfekte Möglichkeit, das schlechte Karma zu beseitigen, und er war sicher, dass Caroline seine Idee gutheißen würde.
Aber das hatte noch Zeit. Es musste warten, bis sie akzeptiert hatte, dass sie zusammen gehörten und dazu bestimmt waren, ihr ganzes Leben miteinander zu verbringen.
Wann könnte er mit ihr über die Verlobung reden? Heute nicht. Heute war sie verwirrt, erschöpft, besorgt. Er würde heute Nacht Liebesüberstunden machen müssen. Nicht, dass das für ihn eine Strafe wäre …
Vielleicht sollte er damit noch eine Woche warten. Eine Woche voller Sex und Essen und Ruhe, in der er ihr Haus in Ordnung bringen und es sicher und gemütlich machen würde. Er würde die Rosen auf ihre Wangen zurückholen, die Sorge von ihrem Gesicht tilgen.
Ja, nächste Woche um dieselbe Zeit würde er herausfinden, welches das netteste Restaurant in der Gegend war, sie dorthin ausführen und ihr einen Heiratsantrag machen. Oder mit ihr nach Seattle fahren. Oder – zum Teufel damit! – nach Aruba. Das klang doch gut. Irgendein Luxushotel, Tage in der Sonne, Nächte, in denen sie sich liebten. Ein Abendessen bei Kerzenschein, der Ring und das Versprechen, sie für den Rest seiner Tage zu lieben.
Und dann wäre Caroline für den Rest seines Lebens die Seine.
Diese Idee ging ihm nicht mehr aus dem Kopf, nachdem sie ihm einmal gekommen war. Caroline – für immer sein! Sie würden Kinder haben, und er würde mit ihr an seiner Seite alt werden. Es war das Einzige, das zu erträumen er sich nie gewagt hatte, in all diesen einsamen Nächten, in denen er an sie gedacht hatte, und doch stand er jetzt hier und war seinem Traum so nahe, dass er ihn fast schon berühren konnte.
Ihr Bild in seinem Kopf war so lebendig, dass er sie direkt vor sich sehen konnte …
Jack runzelte die Stirn. Das war keine Vision – es war Caroline, die inmitten dieses verdammten Schneesturms in den Park rannte. Er biss die Zähne zusammen. Scheiße, sie hatte nicht mal einen Mantel an und an den Füßen ein Paar dieser schicken Schuhe, die vielleicht für einen beheizten Laden taugten, aber im Schnee einfach nur lächerlich wirkten.
Sein Stirnrunzeln vertiefte sich. Sie würde sich noch eine Lungenentzündung holen. Gleich nachdem sie ausgerutscht war und sich ihren verfluchten Hals gebrochen hatte.
»Caroline!«, brüllte er. »Geh sofort wieder in den Laden zurück, bevor du dir noch den Tod holst!«
Sie blickte auf, sah ihn und erstarrte. Panik und Angst standen ihr ins Gesicht geschrieben. Dann wirbelte sie herum und verschwand im Gebüsch, das den Weg säumte. Innerhalb von einer Sekunde war auf dem Weg nichts mehr zu sehen als herabfallende Schneeflocken.
Eine Böe frostigen Ostwindes teilte plötzlich die Schneewand und Jack konnte durch den Park hindurch und über die Straße hinweg bis zu Carolines Buchladen sehen. Allerdings erhaschte er nur einen flüchtigen Blick, bevor sich der Schneevorhang wieder schloss, aber das reichte ihm schon.
Auf der Schwelle ihres Ladens stand Vince Deaver.
Der Schock, einen Mann zu sehen, den er zehntausend Meilen entfernt in sicherer Verwahrung wähnte, brachte ihn vollkommen aus der Fassung.
Seine Hände zitterten, als er seine Waffe zog und die Munition checkte. Diese Gewohnheit war ihm in Fleisch und Blut übergegangen. Er hatte immer ein volles Magazin, aber im Augenblick arbeitete nur die eine Hälfte seines Verstandes, weil die andere eine Scheißangst hatte.
Vince Deaver, ein Mann, der vor seinen Augen Kindern die Köpfe weggeschossen hatte, war hier und hinter ihm her, und Caroline befand sich genau zwischen ihnen.
Jack bückte sich und machte sich auf die Suche nach Caroline, die Waffe in der Hand.
Sie hatte ihn vollkommen überrascht, sonst hätte sie den Laden nie verlassen.
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