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Gefährtin Der Finsternis

Titel: Gefährtin Der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Blue
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und sie betrachtete ihr schemenhaftes Spiegelbild. Dies war der Preis, für den Sean glaubte, ein Rittergut erringen zu können? Sie musste fast lachen. Ihr ererbtes Gewand war so zerschlissen wie ein Lumpen, am Hals ausgefranst und an einem Ärmel eingerissen, und ihre Lederkniehose war inzwischen so matt wie Leinen, da sie sie schon so lange trug. Sie wäre sogar für einen Jungen eine Schande gewesen. Ihr Gesicht war sauber, doch die eine Wange verunstaltete eine vertraute, blasse Quetschung vom Rückstoß ihrer Bogensehne.
    Sie wies auch noch andere Quetschungen auf. An ihrem Hals befanden sich fünf deutliche Male, die vom Griff ihres toten, normannischen Ehemannes herrührten. Vier waren zu einem matten Gelbgrün verblasst, aber eines über ihrem Puls war noch immer fast schwarz. Er hätte mich töten können, dachte sie, während sie es berührte, und erinnerte sich des Zorns in seinen grün-goldenen Augen. »Tristan DuMaine«, flüsterte sie fast unhörbar, ihre Lippen bildeten eher seinen Namen.
    Der Ritter des Teufels, ihr Feind, der Normanne, den sie getötet hatten. Er hatte gesagt, sie sei wunderschön.
    Sie löste ihren Zopf und ließ ihr wogendes, im weichen Licht blau-schwarzes Haar auf ihre Schultern fließen. Wie Seide, hatte er gesagt, als sie zugelassen hatte, dass er es berührte. Sie fuhr mit den Händen hindurch, genauso wie er es getan hatte, ließ es durch ihre Finger gleiten. Er hatte verzweifelt entkommen wollen. Er hatte gewusst, dass sie ihn töten wollten. Sie hatte ihn niemals etwas anderes glauben machen wollen. Sie hatte ihn nur berührt, um ihn zu demütigen, als Beweis dafür, dass sie eine Brigantin war wie die Übrigen. Er hätte ihr jede Lüge erzählt, um die Oberhand zu gewinnen. Sie hatte gewusst, dass er log, als er es sagte. Aber wie hätte es sich wohl angefühlt zu glauben, er hätte die Wahrheit gesagt?
    Sie begegnete ihrem Blick im Spiegel und lachte kurz und verächtlich, angewidert von ihrer Torheit. Sie war eine Kriegerin, keine Frau, was auch immer Sean denken mochte.
    Eine plötzliche Bewegung im Spiegel ließ sie zusammenzucken, und ihre Hand wanderte instinktiv zu ihrem Schwert, obwohl sie wusste, dass es Sean oder einer seiner Leute sein musste, die gekommen waren, um sie zum Feuer zurückzubringen. »Geh weg«, befahl sie und wandte sich der Tür zu. »Lass mich in Frieden.«
    »In Frieden?« Die Stimme erklang aus den Schatten am Fenster und ließ ihr Blut gefrieren. »Warum solltest du Frieden haben?« Eine Gestalt tauchte aus der Dunkelheit auf, ein Mann wie ein Berg, und die Stimme fuhr spöttisch und vertraut fort. »Mörder gehören in die Hölle.«
    »Tristan?« Ihre Zunge fühlte sich in ihrem Mund trocken an. Sie konnte das Wort kaum formulieren. Schließlich trat er ins Licht, und sie spürte, wie ihre Knie nachgaben. »Nein … du bist nicht hier.«
    »Wo sollte ich sonst sein?« Sein Gesicht, so voller blauer Flecken und blutig, als sie es zuletzt gesehen hatte, war wieder heil, die Haut war blass, aber perfekt. Sein dunkelblondes Haar schimmerte im Mondlicht wie poliertes Gold, und seine grünen Augen glitzerten vor Niedertracht. »Ist dies nicht mein Schloss?« Sein Mund kräuselte sich zu einem Lächeln, das auch in ihrer Erinnerung umhergeisterte, grausam und süß zugleich. »Bist du nicht meine Frau?«
    »Du bist tot.« Sie konnte keine Waffe bei ihm sehen, aber sie zitterte dennoch. Er ragte über ihr auf, seine Schultern doppelt so breit wie ihre – er konnte ihre Faust mit einer Handfläche bedecken. Selbst jetzt, voller Angst und Schrecken, konnte sie sich an das seltsame Gefühl erinnern, das sie empfunden hatte, als sich seine Hand über ihrer schloss, ein angstvoller Schauder. »Sie haben dich fortgebracht. Bruce und Calum. Du lagst im Sterben.«
    »Bist du dir sicher?« Tristan verspottete sie, trat näher heran. Dies war der Moment, von dem er wochenlang im Fieber geträumt hatte, die ganze Zeit, seit er ein Vampir geworden war. Der Moment, in dem er Siobhan schließlich töten würde. Er hatte ihr sein Gesicht zeigen wollen, sie einen Moment erschrecken und quälen wollen, bevor er ihr den Hals umdrehte oder sie völlig ausblutete. Aber nun, wo er endlich hier war, genügte ein Moment einfach nicht mehr. »Sind deine Freunde jemals zurückgekehrt?« Ihre großen, blauen Augen waren vor Angst geweitet, aber sie wandte den Blick nicht ab. Jede andere Frau, die mit einem Ehemann konfrontiert worden wäre, bei dessen Ermordung sie

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