Gefahrenzone (German Edition)
klicken können. Die Schadsoftware selbst wird von sogenannten Black-Hat-Hackern geschrieben. Das sind die wirklichen bösen Jungs. Kartal mag dieses Angriffs-Toolkit auf seinem Rechner gehabt haben, aber ich habe das Gefühl, dass Center der ›Black Hat‹ war, der es ihm geschickt hat.«
N achdem Jack alle Dokumente auf ihren nachrichtendienstlichen Wert untersucht hatte, begann Biery, die Software nach irgendwelchen Hinweisen zu durchleuchten, wie Center die Kamera fernsteuern konnte. Auf der Festplatte befand sich kein entsprechendes Anwendungsprogramm. Es gab auch keine E-Mail zwischen Kartal und Center, in der ein entsprechender Zugang erwähnt worden wäre. Biery zog den Schluss, dass Center wahrscheinlich den Computer des Libyers ohne dessen Wissen gehackt hatte. Gavin entschloss sich, diese Hackertools bis in ihre letzte Einzelheit aufzudröseln, um dadurch mehr über Center und seine Persönlichkeit zu erfahren.
Ryan kehrte zu seinen Analystenkollegen zurück und machte sich zusammen mit ihnen daran, auf ihre eigene Weise mehr über die libysche Zelle und ihren mysteriösen Auftraggeber herauszufinden. Wenn er nicht gerade seine gewöhnlichen IT-Pflichten für Hendley Associates und den Campus erledigen musste, verbrachte Biery ab jetzt praktisch jede wache Minute in seinem einsamen, aber sicheren Konferenzraum, um den Geheimnissen der Istanbul-Festplatte auf die Spur zu kommen. Wochenlang öffnete und überprüfte er Hunderte von Programmdateien, um herauszufinden, was sie taten und wie sie den Rest des Rechners beeinflussten. Als diese mühselige Arbeit nichts Bedeutsames ergab, befasste er sich mit dem Quellcode, den textbasierten Instruktionen für jedes Programm, Zehntausenden von Datenzeilen, die schließlich nichts anderes enthüllten als die ausführbaren Programme.
Nach diesen Wochen harter Arbeit begann er, den Maschinencode zu analysieren. Es handelte sich dabei um die sequentielle Computersprache, lange Ketten von Nullen und Einsen, die dem Prozessor letztendlich befahl, was er zu tun hatte.
Während bereits der Quellcode hochkomplex und undurchsichtig war, konnte der Maschinencode praktisch nur noch von einem absoluten Programmierexperten entziffert werden.
Selbst für einen Mann, dessen ganzes Leben um den Computer kreiste, war diese Untersuchung atemberaubend langweilig. Trotz der Andeutungen der anderen Computerfreaks, er würde Gespenster jagen, und der gelegentlichen Aufforderungen der Hendley-Führungsebene, schneller zu machen oder das Ganze als fruchtlos abzubrechen, arbeitete Gavin in seinem langsamen, methodischen Rhythmus weiter.
J ack dachte wieder einmal über die Nacht in Istanbul und die anschließende einmonatige Untersuchung nach, während sein Computer hochfuhr. Er bemerkte, dass er einen Moment lang jedes Zeitgefühl verloren hatte. Als er schlagartig in die Gegenwart zurückkehrte, bemerkte er, dass er wie gebannt in die Kamera über seinem Computermonitor starrte. Es war ein eingebautes Gerät, das er manchmal für Internetunterhaltungen mit anderen Abteilungen in diesem Gebäude benutzte. Obwohl Gavin ihnen allen versichert hatte, dass das Netzwerk des Campus unverwundbar sei, hatte Jack immer wieder das seltsame Gefühl, dass ihn jemand beobachtete.
Er schaute noch tiefer in die Kamera hinein, wobei er immer noch an diesen ominösen Abend in der Stadt am Bosporus dachte.
Mit einem Kopfschütteln tadelte er sich schließlich selbst. »Du bist einfach zu jung, um an Verfolgungswahn zu leiden.«
Er stand auf, um sich einen Kaffee im Pausenraum zu gönnen.
Bevor er jedoch sein Arbeitszimmer verließ, zog er von einem Block, der neben seiner Computertastatur lag, einen Post-it-Notizzettel ab und klebte ihn auf das Kameraobjektiv. Eine Low-Tech-Lösung für ein High-Tech-Problem, die vor allem seinem Seelenfrieden diente.
Jack wollte gerade auf den Gang hinaustreten, als er plötzlich überrascht stehen blieb.
Vor ihm stand Gavin Biery.
Jack sah Biery praktisch jeden Werktag. Dabei war ihm der Mann noch nie als ein Ausbund von Gesundheit erschienen. Heute Morgen um 8.30 Uhr sah er allerdings wie eine wandelnde Leiche aus. Seine Kleidung war total zerknittert, sein dünnes grau-braunes Haar zerzaust, und seine dunklen Augenringe mit den geschwollenen Tränensäcken bildeten einen starken Kontrast zu seinen fleischigen Wangen.
An den besten Tagen wirkte Gavins Gesicht, als wäre das einzige Licht, das es jemals erblickte, das Leuchten seines LCD-Bildschirms. Heute
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