Gefallene Sonnen

ließ es sich nicht vermeiden, dass man sie aus der Ferne sah, und dann versuchten sie, gelassen zu bleiben. Rusa’hs Rebellen konnten nur ihr eigenes Thism wahrnehmen, und deshalb bemerkten sie Udru’h und Zan’nh nicht.
    Während das Kriegsschiff nach Dobro flog, griffen der Erstdesignierte Thor’h und sein Manipel eine andere Splitter-Kolonie an, zwangen die Bewohner zur Einnahme von Schiing und erweiterten so Rusa’hs Netz. Das alles musste ein Ende finden.
    Udru’h und Zan’nh würden damit beginnen, das Blatt zu wenden, indem sie dieses Schiff unter ihre Kontrolle brachten und Dobro und seine Bewohner retteten, sowohl Ildiraner als auch Menschen.
    Im Frachtbereich fanden sie tausende von Zylindern mit Schiing-Gas, nebeneinander aufgestellt, eine Reihe nach der anderen, bereit für den Einsatz auf Dobro. Die Nialia-Produktion auf Hyrillka musste enorm angekurbelt worden sein, um genug Schiing für die sich ausbreitende Rebellion bereitzustellen.
    Zan’nh rollte einige Kanister zum Belüftungssystem des Kriegsschiffs. Kein Soldat der Solaren Marine wagte sich in die Frachträume – bis zur Ankunft im Orbit über Dobro brauchten sie das komprimierte Schiing nicht.
    Als Zan’nh die Kanister mit dem Belüftungssystem verband, trat der Designierte Udru’h zu einer Notfallstation bei der Luke und fand dort zwei Atemfilme. Eine der beiden weichen, flexiblen Membranen reichte er dem Adar. »Rusa’h betont immer wieder, dass wir freiwillig Teil seines Netzes werden müssen, dass wir nicht gezwungen werden können, aber so viel Schiing würde unsere Gedanken umnebeln. Das möchte ich vermeiden. Du sicher auch, nicht wahr?«
    Der jüngere Mann nickte. »Ich will auf jeden Fall einen klaren Kopf bewahren und entschlossen bleiben.« Sie bedeckten ihre Gesichter mit den Atemfiltern, die für Schiing-Gas zum Glück undurchdringlich waren.
    Udru’h überprüfte noch einmal die Kanister. »Unser erster Versuch muss erfolgreich sein, und deshalb sollten wir eine massive Dosis verwenden, um die Crew der Kontrolle des Hyrillka-Designierten zu entreißen.«
    Der Adar runzelte die Stirn. »Wenn wir so viele Personen aus Rusa’hs Thism-Netz lösten – wird er das nicht bemerken?«
    »Und wenn schon, was kann er dagegen machen?« Udru’h wölbte die Brauen. »Jora’h konnte nicht verhindern, dass sich Splitter-Kolonien aus seinem Netz lösten, und Rusa’h wird es ebenso ergehen.«
    »Selbst wenn wir die Besatzungsmitglieder dieses Schiffes Rusa’hs Kontrolle entziehen – wie sollen wir sie wieder mit dem Netz des Weisen Imperators verbinden? Ich kann sie nicht zwingen, Teil des legitimen Thism-Netzes zu werden. Dafür bin ich nicht stark genug.«
    »Ich auch nicht.« Udru’hs Augen glühten über dem gallertartigen Atemfilm. »Aber wenigstens sind sie dann von Rusa’hs Wahn befreit.«
    Die beiden Männer öffneten die Ventile der Kanister und leiteten Schiing-Gas ins Belüftungssystem des Schiffes. Es entwich mit einem leisen Zischen, das nach einem langen Seufzen klang. Innerhalb kurzer Zeit würde es alle Korridore und Räume des Kriegsschiffs erreichen, auch den Kommando-Nukleus.
    Udru’h nickte. »Gut. Hoffen wir, dass das Schiing wirkt, bevor uns die Schiffe deines Vaters vernichten. Er ist unterwegs.«

100 TASIA TAMBLYN
    Da sie überzeugt war, dass die Himmelsmine von Qronha 3 bereits zerstört war, fand Tasia den Flug zum Gasriesen quälend lang. Die Soldaten-Kompis erfüllten ihre Pflichten genau so, wie sie es von ihnen erwartete, aber als Gesellschaft taugten sie nicht viel.
    EA war Tasias einziger Freund, trotz seiner Veränderungen. Als Zuhörer-Modell war er darauf programmiert, ein guter Begleiter und Unterhalter zu sein. Im Lauf der Jahre hatte EA eine echte Beziehung erst zu Ross und dann auch zu Jess und Tasia entwickelt. Während Tasia ihn mit mehr sorgfältig zensierten Erinnerungen ausstattete, auch mit einigen schon fast peinlich alten Dateien des Gouvernanten-Kompi UR, beobachtete sie, wie EA wieder eine Persönlichkeit zu entwickeln begann. Er unterschied sich ein wenig von ihrem alten Freund, aber wenigstens kam der Zuhörer-Kompi seinem alten Selbst einen Schritt näher…
    Schließlich erreichten die sechzig Rammschiffe das Qronha-System. Tasia beobachtete, wie der ildiranische Gasriese auf den Schirmen des Schiffes heller und größer wurde. Sie stellte eine Kom-Verbindung mit den anderen Kommandanten her und legte detaillierte Pläne für den Einsatz gegen die Droger dar.