Gefangen im Palazzo der Leidenschaft
unterdrücken. „Deshalb habe ich ja auch vor, für Sie einzuchecken.“
„Ehe Sie mich zur VIP-Lounge bringen?“, wiederholte Lily langsam.
„Ja. Wenn Sie mir bitte einfach folgen wollen …?“
Doch Lily blieb stehen und schüttelte den Kopf. „Ich glaube, es liegt eine Verwechslung vor. Ja, ich bin tatsächlich Giselle Barton. Und ich habe einen Flug nach Rom gebucht. Aber in der Economyclass …“
„Jetzt nicht mehr“, versicherte die andere Frau knapp. „Graf Scarletti hat heute Morgen persönlich bei der Airline angerufen und einen Platz in der ersten Klasse für Sie gebucht. Außerdem hat er angeordnet, dass man sich persönlich um Sie kümmern soll – vor und während des Flugs.“
Graf Scarletti?
Graf Dmitri Scarletti?
Etwa der vermögende, einflussreiche Mann mit russischen und italienischen Vorfahren, für den Felix zurzeit in Rom arbeitete? Nun ja, zwei würde es sicher nicht davon geben. Also musste er es sein!
„Am Flughafen Leonardo da Vinci steht dann ein Wagen für Sie bereit“, fügte die Frau mit neidvollem Blick hinzu.
Felix sollte sie doch in Rom am Flughafen abholen …
Aber vielleicht brauchte Graf Scarletti ihren Bruder heute in seinem Büro, sodass dieser Lily nicht wie vereinbart abholen konnte. Vielleicht hatte der Graf deshalb für sie umgeplant?
Felix würde ihr zweifellos alles erklären, sobald sie in seinem Apartment angekommen war, das er in Rom gemietet hatte …
Als Lily einige Stunden später am Flughafen Leonardo da Vinci ausstieg, war sie ganz benommen von all der Fürsorge vor und während des Flugs.
Sonia, so hieß die Flugbegleiterin, hatte pflichtbewusst ihren Koffer aufgegeben, ehe sie sie zu der VIP-Lounge geführt hatte – obwohl Lily trotz Umbuchung nicht zu den VIPs gehörte.
Dort war sie von weiteren Angestellten mit Essen und Getränken versorgt worden, ehe man sie kurz vor dem Abflug persönlich in die Maschine begleitet hatte – zu ihrem Sitz in der ersten Klasse, wo ihr kein übergewichtiger Geschäftsmann die Sicht versperrte. Man hatte ihr Champagner und Kanapees gereicht, bis sie beim besten Willen nichts mehr hinunterbekommen konnte. Nach dem dritten Glas Champagner war sie schließlich eingeschlafen und erst wieder aufgewacht, als das Flugzeug landete.
Falls sie angenommen hatte, dass dieser persönliche, ihr etwas peinliche Service ein Ende hatte, sobald sie erst einmal ausgestiegen war, dann hatte sie sich geirrt. Kaum hatte sie die Ankunftshalle betreten, entdeckte sie ein Schild mit ihrem Namen, das ein großer, muskulöser Mann in Chauffeuruniform hochhielt – wobei dieser Mann eher wie ein Bodyguard aussah.
Nachdem er sich als Marco vorgestellt und überprüft hatte, dass sie tatsächlich Giselle Barton war, hob er ihren schweren Koffer hoch, als wäre dieser leicht wie eine Feder. Dann trug er ihn nach draußen zu der Limousine, die im Halteverbot parkte. Lily blieb also nichts anderes übrig, als ihm zu folgen.
Ihre Versuche, ihm in schlechtem Italienisch Fragen zu stellen, scheiterten kläglich. Erst als sie Felix’ Namen und den des Grafen Scarletti erwähnte, erhielt sie ein knappes „Sì“ als Antwort. Mehr sagte er nicht, während er sich versicherte, dass sie hinten in der Limousine bequem saß. Dann schloss er entschieden die Tür und verfrachtete ihr Gepäck in dem geräumigen Kofferraum.
All das wurde von Dutzenden Paaren neugieriger Augen beobachtet, während die Menschen sich offenbar fragten, ob die Frau mit dem langen, silberblonden Haar, den abgetragenen Jeans und der dicken Jacke wohl irgendeine Berühmtheit war – die ihre Kleidung offensichtlich in einem Secondhandladen kaufte.
Als Marco endlich hinter das Steuer der langen schwarzen Limousine schlüpfte und sich wenig später in den Verkehr einreihte, war Lily vor Verlegenheit errötet. Die gläserne Trennscheibe zwischen Vorder- und Rücksitzen vereitelte obendrein jeden weiteren Versuch, Fragen zu stellen.
Da ihr nichts anderes übrig blieb, lehnte Lily sich in ihrem Ledersitz zurück und genoss die Aussicht, als sie ins Zentrum der Stadt fuhren.
Mit der Temperatur hatte sie richtig gelegen. Es war zwar nicht unbedingt T-Shirt-Wetter, aber bestimmt um die zehn Grad wärmer als in England. Und von Schnee war weit und breit nichts zu sehen. Obendrein schien die Sonne und ließ alles in hellerem, wärmerem Licht erstrahlen. Lily war begeistert von Rom. Von den vielen Autos allerdings weniger. Mehr als einmal wäre Marco um Haaresbreite mit
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